Bei Inkubatoren handelt es sich um Einrichtungen oder Institutionen, die Gründern durch Beratung, geeignete Räume, weitere Infrastruktur und Services optimale Bedingungen für den Start in die Selbständigkeit liefern sollen.
Besonders Berlin hat sich in den zurückliegenden drei Jahren zu einer Art Mekka der gepamperten Jungunternehmer entwickelt, in der Hauptstadt sind mehrere Dutzend Bruthelfer, Anschieber, Geldbeschaffer etc. aktiv. Eine (nicht vollständige) Liste solcher Institutionen findet sich hier.
Dass es sinnstiftend für alle Beteiligten sein kann, wenn etablierte Unternehmen beim Ausbrüten helfen, haben immer mehr Konzernlenker begriffen.
Handlungsempfehlungen für beide Seiten
Wie solche Kooperationen laufen, damit hat sich jetzt eine Untersuchung beschäftigt. Durchgeführt wurde sie am Lehrstuhl für strategisches Management der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Über die genannten Aspekte hinaus wollten die Macher auch herausfinden, welche konkreten Chancen sich die Beteiligten erhofften - und auf welche Probleme sie stoßen.
Am Ende lieferten sie konkrete Handlungsempfehlungen für die Optimierung der Kooperationen.
Die Ergebnisse der Untersuchung gliedern sich in 10 Punkte. Hier sind sie.
1. Im Jahre 2015 engagieren sich insgesamt 25 etablierte Unternehmen in "Brutkästen" (Inkubatoren) für Nachwuchsfirmen in Deutschland.
2. Unter ihnen findet sich ein Drittel der 30 Dax-Konzerne. Eine dominierende Branche zeichnet sich noch nicht ab.
3. Jenseits des Dax ist die Anzahl der aktiven deutschen Unterstützer junger Unternehmen mit 10 Playern noch sehr überschaubar. Am häufigsten engagieren sich traditionelle Handelsunternehmen und Medienhäuser.
4. Unter den fünf internationalen Firmen, die sich in Deutschland beteiligen, sind ganz unterschiedliche Branchen vertreten.
Zwei Drittel der Brutkästen stehen in Berlin
5. Die Art des Engagements ist sehr verschieden, und zwar sowohl bezüglich der Art als auch des Umfangs und der erwarteten Gegenleistung.
6. Mehr als zwei Drittel der Unternehmens-Brutkästen sind in der Startup-Hochburg Berlin beheimatet, auf dem zweiten Platz folgt München mit knapp einem Viertel der Inkubatoren.
7. Auf die Frage nach dem Warum einer Zusammenarbeit antworten die Verantwortlichen der meisten Unternehmen, sie könnten auf diese Weise Innovationen vorantreiben und auch bei der Herangehensweise an Probleme von Startups lernen. Außerdem ist ein solches Engagement gut für das eigene Image. Aus Sicht der Startups wiederum liegen die Vorteile in der Senkung der Risiken durch die Hilfe etablierter Player sowie in der Hoffnung auf Unterstützung bei Anschlussfinanzierungen nach der eigentlichen Gründungsphase.
Mentalitäten sind höchst unterschiedlich
8. Meinungsverschiedenheiten bei der Zusammenarbeit gibt es vor allem in Bezug auf die Konzeption des Programms und den Umgang mit finanziellen Risiken. Darüber hinaus treffen hier regelmäßig sehr unterschiedliche Mentalitäten aufeinander, auch das kann zu Problemen führen. Für Startups ist es oft nicht einfach, die unterschiedlichen Interessen zwischen jungem und etabliertem Unternehmen auf einen Nenner zu bringen.
9. Die wichtigste Empfehlung an kooperationswillige (Alt-)unternehmen lautet, sich exakt über die mit der Zusammenarbeit verbunden Ziele im Klaren zu werden und diese auch sehr klar zu kommunizieren. Startups dagegen sollten sich genau überlegen, mit wem sie zusammenarbeiten wollen.
10. Auch für eine eventuelle Folgestudie geben die Autoren inhaltliche Tipps: Sie sollte neben den privaten "Brutkästen" auch staatliche oder universitäre Förderprogramme unter die Lupe nehmen sowie den Blickwinkel über Deutschland hinaus auf die internationale Startup-Szene erweitern.
Insgesamt hat die Studie gezeigt, dass sich viele große Unternehmen eine Zusammenarbeit mit Startups in Form von etablierten Prozessen wünschen.
Die Erwartungen an diese Kooperationen sind von beiden Seiten groß, was aber keine Aussage über die tatsächlichen Erfolgsaussichten ist.
Roland Berger deckt Mythen auf
An mehreren Punkten stützen diese Ergebnisse eine Roland Berger-Studie über Startup-Mythen und ihre (nicht mehr vorhandene) Gültigkeit im Jahre 2015.
Einer dieser überholten Mythen lautet, Europa sei als Markt für Gründer im Vergleich zu den USA nicht attraktiv genug.
Gerade die Szene in Berlin, so Roland Berger, widerlegt dieses Vorurteil. Die deutsche Hauptstadt erlebe aktuell geradezu eine digitale Revolution. Alle 20 Stunden entstehe hier ein neues Internetunternehmen.
Auch die vielen Inkubatoren brächten Schwung in die Läden.
Ausländer haben Trend erkannt
Geld sei genug vorhanden: 2015 sammelten Digitalunternehmen aus Europa 5,7 Milliarden Dollar ein, 2014 waren es lediglich 3 Milliarden.
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, sagen die Autoren der Roland Berger-Studie, sind sehr günstig in Europa, Löhne und Mieten niedriger als in den USA.
Viele auch internationale Unternehmen hätten den Trend erkannt investierten in Europa. Attraktiv sei vor allem die Verbindung aus datenbasierten Geschäftsmodellen und solidem industriellem Know-how.
Europa braucht einen breiten digitalen Kontext, damit sich europäische Startups weiterentwickeln können, sagt Philipp Leutiger von Roland Berger. Es gehe darum, dass junge und traditionsreiche Unternehmen nebeneinander florieren und sich gegenseitig befruchten können. Und es gehe um "den positiven Einfluss, den die Startups auf die europäische Wirtschaft haben."