Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass der digitale Wandel schnell klappen kann. Beispielsweise wenn es darum geht, digitale Touchpoints und Kundenservices zu verbessern. Das wirkt sich auch längerfristig aus: Topmanager erwarten nun von ihren CIOs und IT-Abteilungen, dass sie die Transformation in hohem Tempo vorantreiben. Eine aktuelle Gartner-Studie hat jedoch ergeben, dass für die Mehrheit der CEOs (59 Prozent) digitale Initiativen zu lange dauern. Immerhin 52 Prozent geht es nicht schnell genug, bis Projekte einen konkreten Nutzen erzielen.
CIOs, Marktforscher und Analysten sind einhellig der Meinung, dass der Druck zur Beschleunigung der digitalen Transformation wächst. Sie erwarten, dass die zunehmende Besorgnis über eine Konjunkturabschwächung und eine mögliche Rezession das Bedürfnis nach Geschwindigkeit noch verstärkt. Doch wie lassen sich digitale Vorhaben beschleunigen?
Legacy-Denkweisen überwinden
CIOs trennen sich schon seit Jahren von veralteten Technologien. Doch Ken Piddington, Vizepräsident und CIO von US Silica, meint: Es ist für CIOs an der Zeit, auch die Denkweise zu überwinden, die zu Altlasten führen kann. Seiner Ansicht nach müssen die erwartete Lebensdauer neuer Technologien und die Zeitspanne, in der sie sich bezahlt machen, kürzer kalkuliert werden. Mit anderen Worten: Man sollte nicht mehr an den Big Bang für die Ewigkeit denken, sondern kleinere, schnellere Erfolge anstreben.
Piddington hat eigenen Angaben zufolge akzeptiert, dass einige Tech-Investitionen nur von kurzer Dauer sein werden und so konzipiert und implementiert werden, dass sie aktuellen Anforderungen entsprechen und sich schnell rentieren. "Wir brauchen das Verständnis, dass wir uns von einigen Lösungen schnell wieder trennen müssen, ohne immer auf die versunkenen Kosten zu schauen", fordert Piddington. CIOs müssten sich mit einer größeren Fluktuation im Technologie-Stack abfinden und Tech-Strategien verfolgen, die sich auf kleinere Investitionen und iterative Builds konzentrieren, statt auf die ganz großen Projekte.
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Auf moderne und agile Arbeitsprozesse setzen
Eine weitere Möglichkeit, um sicherzustellen, dass die IT-Abteilung schneller digitale Innovationen bereitstellen kann, besteht darin, sich auf moderne Arbeitsmethoden einzulassen. 52 Prozent der Befragten im "2022 State of Agile Report" des DevOps-Plattformherstellers Digital.ai gaben an, dass die Implementierung agiler Methoden für sie Priorität hat, um die Time-to-Market zu verkürzen.
Bobby Cain, CIO für Nordamerika bei Schneider Electric, kann das bestätigen. Seine IT-Abteilung hat das Scaled Agile Framework (SAFe) eingeführt, agile Coaches für die Arbeit mit Teams eingesetzt und Mitarbeiter agile Zertifizierungen erwerben lassen: "Damit wir nicht nur agil denken, sondern auch agil handeln", erklärt er die Gründe. Zudem verweist er auf eine Initiative, mit der sich der Wert von Agilität nachweisen lässt. "Unser Projekt zur Modernisierung von Rückerstattungen ist ein großartiges Beispiel dafür, dass wir fast sechs Monate Zeit bis zu einer funktionierenden Lösung gespart haben", sagt er. Zum Vergleich zieht Cain ein früheres Wasserfall-Pilotprojekt heran, mit dem man nach sechs Monaten gescheitert sei, "weil wir es in einem Vakuum entwickelt haben und die Lösung nicht skalieren konnten".
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Wiederverwendbare Tools etablieren
Kathy Kay, CIO der Principal Financial Group, glaubt an den Wert von Tools und Prozessen, die wiederverwendet werden können. Damit lasse sich Zeit sparen. Daher hat sie ein Cloud Enablement-Team ins Leben gerufen, das Grundlagen wie APIs entwickelt und anderen Gruppen zur Verfügung stellt. Diese können sie zur Beschleunigung ihrer eigenen Arbeit nutzen. "So ist es für Entwickler einfacher, neue Umgebungen zu erstellen. Zudem sind die Systeme sicherer, leichter zu schützen und konsistenter, wodurch die Arbeit schneller von der Hand geht", erläutert Kay.
Das IT-Team über Business-Themen informieren
Viele CIOs haben inzwischen die Botschaft verstanden, dass sie sich mit dem Business und dessen Strategien abstimmen müssen. CIO Piddington hat jedoch festgestellt, dass es ebenso wichtig ist, sein IT-Team darüber auf dem Laufenden zu halten, "was die Organisation wirklich antreibt und woher Gegenwind und Rückenwind kommen". Nur so könne die IT mit den Geschäftsanforderungen Schritt halten. "Es liegt in meiner Verantwortung, die Informationen an mein Team weiterzugeben. Wie können sie sonst fundierte Entscheidungen treffen?" Piddington lädt auch Business-Abteilungsleiter zu Gesprächen mit seinen IT-Mitarbeitern ein, damit sie mehr über die Chancen und Herausforderungen erfahren, mit denen das Unternehmen konfrontiert ist.
Diese Kommunikation zahlt sich aus und kann die technische Entwicklung beschleunigen. So hat sich Piddington vor kurzem mit einer seiner Entwicklerinnen ausgetauscht. Sie wusste, dass das Unternehmen einen besseren Kundenzugang zu Echtzeit-Logistikinformationen als Chance sah, Marktanteile zu gewinnen. Daher hatte sie an nur einem Wochenende ein Programm entwickelt, das diese Informationen über Amazons Alexa liefern konnte.
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Digitale Kompetenzen im Unternehmen stärken
CIOs sollten Kollegen in den Fachabteilungen über das Potenzial und die Grenzen neuer Technologien aufklären. Kamales Lardi, Managing Director bei Valtech, einer Beratungsfirma für Business Transformation, beobachtet: "Etliche Unternehmen überlassen die Technik lieber dem CIO, aber das führt zu vielen Problemen."
So sei der CIO bisweilen der Einzige im Raum, der sich mit Technik auskennt, und niemand sonst könne dabei helfen, Fragen zu beantworten wie: Sind wir aggressiv genug? Liegen wir bei der Ressourcenzuweisung richtig? Ist dies die beste Lösung für das, was wir erreichen wollen? Zwar hätten CIOs beim Verknüpfen von IT-Lösungen mit Unternehmenszielen eine Führungsrolle übernommen, so Lardi. Aber wer am schnellsten Antworten auf diese Fragen geben könne, werde von einer "echten Zusammenarbeit" mit Geschäftsführern und dem Vorstand profitieren.
IT-Schulungen zur Priorität machen
Viele transformative CIOs sind der Ansicht, dass der kontinuierliche Ausbau der Fähigkeiten des IT-Teams unverzichtbar ist, um schnell handeln zu können. Ramon Richards, CIO von Fannie Mae, sagt, es gehe darum, "in die Ausbildung zu investieren, um sicherzustellen, dass Mitarbeiter über die richtigen digitalen Fähigkeiten verfügen, die für das Business wichtig sind." Er selbst habe schon früh gelernt, "dass sich der Fortschritt verlangsamt, wenn man nicht genügend Mitarbeiter mit den richtigen Fähigkeiten hat".
Das mag offensichtlich erscheinen. Aber es erfordert, dass CIOs auch angemessene Ressourcen bereitstellen: Sie müssen ermitteln, welche Fähigkeiten für die Weiterentwicklung des Unternehmens benötigt werden und darüber hinaus den Teams Zeit und Finanzmittel für Schulungen gewähren, so Richards. Er selbst lasse seine Mitarbeiter schulen, damit sie die Tools und Dienste der Cloud-Infrastruktur optimal nutzen können: "So können sie Software effizient erstellen, und wir sind in der Lage, sicherere Anwendungen schneller zu liefern."
In eine modulare Architektur investieren
Neben Prozessen und Mitarbeitern müssen sich CIOs auch auf die richtigen Kerntechnologien konzentrieren und in eine adäquate Architektur investieren. Laut dem Bericht "2022 State of Digital Transformation" des IT-Service-Management-Unternehmens TEKsystems sind 87 Prozent der digitalen Führungskräfte der Meinung, "dass die Wettbewerbsfähigkeit ihres Unternehmens in hohem Maße von der Flexibilität ihrer Technologiearchitektur abhängt".
Dies reiche über die Einführung von Cloud Computing und Software-as-a-Service hinaus, heißt es. Vielmehr gehe es um den Aufbau einer IT-Infrastruktur, die so flexibel und reaktionsschnell ist, wie es das Unternehmen selbst sein möchte. Ziel sei, "modular, offen und agil" zu sein. Dazu gehöre, Microservices zu entwickeln, damit die Teams Systeme schnell konfigurieren und rekonfigurieren können, wenn sich die Geschäftsanforderungen ändern, sagt Samsara-CIO Stephen Franchetti.
"Wir brauchen eine Architektur, die mit dem Tempo geschäftlicher Veränderungen Schritt halten kann", fordert der Manager. "Wir müssen also einen Schritt zurücktreten und bewusst eine Architektur aufbauen, die eine einfache Verbindung und einen einfachen Datenzugriff ermöglicht." Franchetti zufolge wird so die Arbeit beschleunigt. "Wir verwenden Microservices im Wesentlichen als Legobausteine und können sie schnell neu anordnen, um Ergebnisse zu erzielen."
So hat die Samsara-IT beispielsweise Microservices rund um Kunden- und Produktinformationen zusammengeführt, um auf der Website des Unternehmens mehr Informationen zu Rechnungen, Zahlungen und Produktlieferungen in Echtzeit zu liefern. Anschließend nutzte die IT-Abteilung dieselben Dienste, um den Go-to-Market-Teams bessere Daten über die Kundennutzung, Supportfälle und Interaktionen mit der Unternehmens-Website zur Verfügung zu stellen. "Wir waren in der Lage, diese Ergebnisse in einem Bruchteil der Zeit zu erzielen; mit dem alten Ansatz hätte das viele weitere Monate gedauert", berichtet Franchetti.
Den Daten-Zugang einfacher und schneller machen
Eine weitere entscheidende Komponente für mehr Geschwindigkeit ist der schnelle Zugang zu hochwertigen Daten. Viele, wenn nicht sogar die meisten transformativen Bemühungen, etwa die Automatisierung von Prozessen und die Personalisierung von Benutzererfahrungen, basieren auf Daten. Daher müssen CIOs die verbliebenen Silos aufbrechen und eine Architektur entwerfen, die einen sofortigen Zugriff auf benötigte Daten ermöglicht.
Ein Ziel ist, dass agile Teams nicht mehr mitten im Projekt auf Daten warten müssen, erklärt Thomas Randall, Advisory Director bei der Info-Tech Research Group. "Es darf keine unabhängigen Silos geben. Gefordert ist eine Integration über Datenportfolios hinweg ", fügt er hinzu. "Die Führungskräfte der Abteilungen müssen sich fragen, wie sie Daten erfassen, speichern und anderen Abteilungen liefern können."
Franchetti von Samsara ergänzt, dass CIOs aufgrund der schieren Menge an Herausforderungen im Zusammenhang mit Daten an dieser Front oft Schwierigkeiten haben. Sein Ansatz besteht darin, das Problem Stück für Stück anzugehen, nach dem Motto: "Es gibt nur einen Weg, einen Elefanten zu essen: einen Bissen nach dem anderen."
Direkt mit den IT-Kunden verhandeln
Eine weitere Möglichkeit, den Wandel zu beschleunigen: Schaffen Sie Instanzen ab, die zwischen dem CIO und dem Kunden stehen. "Ich würde jeden CIO fragen, wie viel Zeit er mit seinen Kunden verbringt und wie viel Wissen er direkt von seinen Kunden erhält. In den meisten Unternehmen sind die Berührungspunkte mit den Kunden die Produktentwicklungsteams, das Marketing und die Vertriebsteams. CIOs haben diese Berührungspunkte nur selten", sagt Valtech-Managerin Lardi.
Das IT-Tempo auf Geschäftsbereiche abstimmen
CIOs sollten grundsätzlich so schnell arbeiten, wie es das Business erfordert. Sie sollten die Geschäftsbereiche aber auch nicht überholen, warnt Piddington. "Man muss wirklich mit seinen Fachbereichen im Einklang sein, denn jeder drängt darauf, dass sein Anliegen sofort erledigt wird. Aber nicht alle Dinge in allen Business-Einheitem müssen so schnell wie möglich erledigt werden."
Deshalb sollten CIOs das Tempo der verschiedenen Geschäftsbereiche und deren individuelle Bedürfnisse verstehen, sagt Piddington. Er nutzt solche Erkenntnisse etwa, um Projekte nach Prioritäten zu ordnen. Und selbst wenn die IT-Abteilung ein System besonders schnell entwickeln könne, muss das Business am Ende auch bereit sein, es zu nutzen, so der Manager. Sonst bleibe es einfach im Regal liegen: "Wir haben früher öfter Regalware produziert. Diese Ressourcen hätten wir auch nutzen können, um anderswo etwas schneller zu liefern, das sofort einen RoI gebracht hätte."
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation cio.com.