Das Limit künstlicher Intelligenz ist nicht mehr die Rechenleistung, sondern die Grundlagenforschung - und ihr Transfer in die Praxis. Das zeigt sich etwa beim selbstfahrenden Auto: Einem Computer beizubringen, die deutschen Verkehrsregeln zu beachten, ist simpel. Ein System zu entwerfen, das etwa nach einer Fahrt über die Landesgrenze die veränderten Bedingungen erfasst, analysiert und das eigene Verhalten anpasst, ist deutlich komplizierter. Wenn Unternehmen das Potenzial künstlicher Intelligenz ausreizen wollen, brauchen sie aber genau solche Systeme, denen der Schritt von statischen hin zu dynamischen Kontexten gelingt. Kurz: Sie müssen lernen.
10 KI-Trends
Die Forschung geizt nicht mit Ansätzen dazu - manche mehr und manchen weniger nah an der Umsetzung. Wichtig ist, KI-Trends differenziert zu betrachten - sowohl aus technischer, als auch aus methodischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Sicht. Deshalb hier eine Auswahl von zehn Entwicklungen, die sich am technologischen Horizont abzeichnen, und die Wirtschaft nachhaltig verändern können.
Technische Trends
KI und Software-Schnittstellen: Die großen Tech-Unternehmen wie Google, Amazon, Microsoft und Co. stellen zunehmend sogenannte Software-Toolkits mit KI-Funktionen zur Verfügung. Mit diesen Schnittstellen zur Anwendungsprogrammierung (API, Application Programming Interface) werden Berechnungen an die Tech-Giganten ausgelagert. Das wiederum wird zu einer steigenden Abhängigkeit der Unternehmen führen, die diese Dienste nutzen (Lesen Sie auch: Was verbirgt sich hinter TensorFlow?).
KI und Hardware-Hilfe: Parallel zur Entstehung von Software-Toolkits werden zunehmend auch Hardware-Toolkits entwickelt, sprich Sensoren, die etwa sehen (Objekterkennung oder 3D-Bildverarbeitung) oder hören (Spracherkennung) können. Kurzum: Damit wird KI bereit für Do-It-Yourself-Projekte. Einzelne Bauteile können so konfiguriert werden, dass sie zum Beispiel Gesichts- und Produkterkennung übernehmen.
Quantencomputer: Hier steht ein Sprung in der Informationsverarbeitung bevor. Quantencomputer können bei der Exploration von riesigen Datenmengen helfen, wie etwa durch den Grover-Algorithmus (ein Quantenalgorithmus zur Suche in einer unsortierten Datenbank).
Methodische Trends
Neugier durch Curiosity Learning: Algorithmen werden künftig menschliches Lernen nachbilden können. Den Maschinen von morgen wird ein innerer Antrieb gegeben, der sie neugierig auf Überraschungen macht und sie dazu bringt, die Welt zu "erkunden".
Gedächtnis durch LSTM Networks: Mit Hilfe sogenannter Long-Term Short-Term Memory (LSTM, Long Short-Term Memory) werden die Netzwerke zunehmend eine Art Gedächtnis entwickeln, um auf bereits Erlerntes zurückgreifen zu können.
Umgang mit Unsicherheit durch Bayesian Networks: Im Gegensatz zu neuronalen Netzen, die auf Muster-Erkennung mit Massendaten trainiert werden, wird in Bayesian Networks nach dem "warum" gefragt. Somit kann die künstliche Intelligenz Schlüsse ziehen, um sicherere Vorhersagen zu treffen und Wahrscheinlichkeiten zu erhöhen - etwa auch bei der Trefferquote bei der Bilderkennung.
Business Trends
Prognosen: Künstliche Intelligenz ist eine Art Weiterentwicklung der Business Intelligence. Maschinelles Lernen ermöglicht hier analytische Vorhersagen, nicht nur, indem sie wie bisher auf bestehende Daten zurückgreifen, sondern indem sie Muster entwickeln, um Prognosen zu treffen.
Personalisierung und Automatisierung: Bei der Personalisierung handelt es sich im Grunde um die Anwendung der Prognose-Ergebnisse auf Basis der einzelnen Datensätze. Somit können beispielsweise Kunden immer individueller angesprochen werden. Die Automatisierung wird zudem menschliche Entscheider immer häufiger unterstützen, wie beispielsweise beim dynamischen Pricing oder bei Produktempfehlungen.
Gesellschaftliche Trends
KI und Cyber Risk und Cyber Security: Künstliche Intelligenz wird zunehmend in der Cybersicherheit eingesetzt - sowohl beim Angriff, als auch bei der Verteidigung. Fakt ist nämlich: Neuronale Netze können auch ausgetrickst werden - etwa durch sogenannte adversial attacks. Hier werden Eingaben in maschinelle Lernmodelle vom Angreifer so gestaltet, dass das Modell bzw. der Schutzmechanismus dann einen Fehler macht, ganz so als würde es sich um eine optische Täuschung handeln.
KI und Compliance: Nicht nur der Datenschutz selbst, sondern auch konkrete KI-Gesetze müssen entwickelt werden. Die zentralen Fragen lauten hier: Wie kann man ein Bias ausschalten, sprich die Voreingenommenheit des "Lehrers" ausschalten? Wie überprüft man KI-Entscheidungen? Wie lotet man ethische Grenzbereiche aus?
In der Summe zeigt sich, die Facetten der KI-Trends sind vielfältig. Klar ist, dass aktuell das Anwendbarmachen im Vordergrund steht und KI flächendeckend in den Unternehmen ihren Platz finden muss. Wichtig ist dabei, dass dieser genau wie alle anderen Analytics-Bereiche nicht als reines IT-Thema gesehen werden darf, sondern als Teil der gesamten Unternehmenstätigkeit geplant wird.
KI-Pilotprojekte werden noch kaum skaliert
Hinzu kommt: Eine aktuelle McKinsey Studie zeigt, dass nur acht Prozent der befragten Unternehmen in die Skalierung ihrer Pilotprojekte einsteigen. Dass künstliche Intelligenz wirtschaftliches Potenzial hat, steht dabei außer Frage: Hochrechnungen zeigen, dass Unternehmen bis 2030 rund 70 Prozent künstliche Intelligenz im Unternehmen implementiert haben werden. Zudem hat künstliche Intelligenz das Potenzial, bis dahin eine zusätzliche weltweite wirtschaftliche Aktivität von rund 13 Billionen US-Dollar zu erzielen.