Die digitale Transformation gilt als ein wesentlicher Bestandteil des wirtschaftlichen Erfolgs. Dennoch tun sich Unternehmen immer noch schwer damit, sie richtig umzusetzen. Laut der TEKsystems-Studie "2023 State of Digital Transformation" haben 41 Prozent der Unternehmen mit ihren Initiativen zur digitalen Transformation nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt.
Die Studie "2023 State of the Intelligent Information Management Industry" kommt zu ähnlichen Zahlen. Sie stellt fest, dass ein Drittel der Unternehmen noch keinen nennenswerten Erfolg mit ihren DX-Bemühungen erzielt hat.
Daher haben wir IT-Führungskräfte gebeten, Fragen zu formulieren: Diese sollten sich CIOs ihrer Meinung nach stellen, um ihren eigenen Kurs auf der digitalen Reise zu überprüfen.
1. Geht es bei dieser Initiative um Optimierung oder um Wachstum und Disruption?
"Wenn man jemanden fragt, was er für die Transformation tut, kommt oft: 'Ich verlagere meine Arbeitslasten in die Cloud' oder 'Ich stelle auf Cloud-native Entwicklung um'. Das ist keine digitale Transformation. Digitale Transformation ist, wenn man dem Unternehmen hilft, zu wachsen und disruptiv zu sein", sagt Anant Adya, Executive Vice President des Cloud-Service-Unternehmens Infosys Cobalt.
Eine echte Initiative sollte es beispielsweise ermöglichen, den Umsatz zu steigern oder die Erfahrungen von Kunden und Mitarbeitern zu verbessern. Daher müssten sich CIOs darüber im Klaren sein, welche Ergebnisse ihre Initiativen liefern werden. Sie sollten diese Ergebnisse messen und sie in Form von Umsatz- und/oder Gewinnzahlen ausweisen können.
2. Nutze ich Daten, um meine Transformationsstrategie voranzutreiben?
Oder anders formuliert: "Habe ich einen datengetriebenen Prozess, um Programme zur digitalen Transformation zu identifizieren und zu priorisieren?" Adya zufolge verneinen viele Führungskräfte das. Obwohl Führungsteams dazu aufgerufen werden, datengetrieben vorzugehen, zeigen Studien, dass die meisten dies nicht tun. Der Bericht Digital Radar 2023 von Infosys hat ergeben, dass nur fünf Prozent der Unternehmen derzeit einen Ansatz für Live-Daten haben oder umsetzen.
Adya zufolge unterliegen die meisten Führungskräfte einer Herdenmentalität, nach dem Motto: Jeder stellt auf Kubernetes um, also sollte ich das auch tun. "Stattdessen sollten Sie sich fragen: 'Ist das das Richtige für meine Organisation oder mein Unternehmen?'" Diese Frage lasse sich nur anhand von Daten beantworten. "Nutzen Sie die Daten, die Sie haben, und versuchen Sie, das zu lösende Problem genau zu verstehen", rät Adya.
3. Ist meine Strategie auf Probleme oder auf Technologien ausgerichtet?
CIOs, die ihre Transformations-Workstreams an den Baustellen ausrichten, seien auf dem richtigen Weg, bemerkt David Rogers, Fakultätsmitglied an der Columbia Business School. "Jede erfolgreiche digitale Transformation, die ich gesehen habe, war um ein zu lösendes strategisches Problem oder eine Wachstumschance herum organisiert." Die Idee, so Rogers, besteht darin, ein dediziertes Team für die ständigen Herausforderungen des Unternehmens zu haben. Dieses könne sich auf die Transformation konzentrieren und mit der Zeit Verbesserungen erzielen.
Ein Omnichannel-Einzelhändler würde sich beispielsweise ein Team wünschen, das sich mit der Auftragsabwicklung befasst. Hier sind Händler ständig gefordert, die Kundenerwartungen besser zu erfüllen und ihre Konkurrenten zu übertreffen. Das Team kann dann daran arbeiten, die Probleme in diesem Bereich zu lösen, sagt Rogers. "Dies können neue Prozesse, Mitarbeiter, Schulungen, Robotertechnik oder irgendetwas anderes sein, das zur Verbesserung beiträgt." Damit müsse das Team ein Business-Resultat erzielen und nicht nur IT-Funktionen liefern.
4. Beziehe ich die Menschen in die Ausarbeitung von Transformationsplänen ein?
"Sie brauchen Leute an der Front, denn es sind die Geschäftseinheiten, die jeden Tag mit den Kunden sprechen", sagt Rogers. Zwar sei die Unterstützung der Führungsebene für die Umgestaltung entscheidend, aber die Perspektive der Mitarbeiter zeige die Notwendigkeit von Veränderungen und könne das Geschäft wirklich beeinflussen.
"Die Umgestaltung sollte nicht ausschließlich von der Führungsebene geplant werden", fordert er. "Sie müssen Ihre Transformation so organisieren, dass Ideen für neue digitale Initiativen in Geschäftsbereichen, kundenorientierten Teams und Stabsstellen gefördert, aufgegriffen sowie bestmöglich unterstützt werden können."
5. Verwende ich die richtigen Business-Metriken, um den Fortschritt zu messen?
Die meisten CIOs nutzen nicht mehr nur traditionelle IT-Kennzahlen wie Betriebszeit und Anwendungsverfügbarkeit, um festzustellen, ob eine Initiative erfolgreich ist. Dennoch gibt es keine Garantie dafür, dass CIOs die am besten geeigneten Metriken verwenden, um den Fortschritt einer Transformation zu messen, wirft Venu Lambu ein, CEO von Randstad Digital, einem Partner für digitales Enablement. "Daher ist es wichtig, dass die Technologie-KPIs mit den Geschäftsergebnissen verknüpft werden", erklärt er. Streben Unternehmen eine schnellere Markteinführung oder eine bessere Kundenbindung an, sollten CIOs diese Ziele messen, um den Erfolg zu ermitteln.
6. Habe ich ein Budget und einen Zeitplan für die Umsetzung?
Eine positive Antwort auf eine dieser Fragen deutet auf ein Problem hin: Experten betonen immer wieder, dass die Transformation keine Aufgabe ist, die man in Angriff nimmt und abschließt, sondern eine operative und strategische Direktive, die in alle Aktivitäten des Unternehmens eingeflochten werden sollte. Rogers räumt die damit verbundenen Herausforderungen ein: "Die Beständigkeit der Transformation ist das Schwierigste für Unternehmen."
Erfolgreiche Organisationen hätten eine definierte Vision, wohin und auf welchem Weg sie gehen sollten. Hinzu komme die Fähigkeit, die wichtigsten Probleme herauszufiltern und Projekte iterativ zu validieren. Zudem werde die Transformation nicht als ein Projekt mit eigenem Budget oder gar als ein vom CIO geleitetes IT-Programm behandelt, sagt Rogers. "Es kann funktionieren, wenn es wirklich vom Business geführt wird und die IT eine wichtige unterstützende Funktion ist - oder wo die beiden eng zusammenarbeiten."
7. Ist der Wandel unternehmensweit?
CIOs sollten ebenfalls prüfen, ob die Transformation im gesamten Unternehmen stattfindet oder nur in einzelnen Bereichen. "Oft stehen betriebliche Blockaden oder funktionale Silos einer erfolgreichen, unternehmensweiten Transformation im Weg", hat Atif Zaim bemerkt, National Managing Principal beim Beratungsunternehmen KPMG US. "Wir beobachten häufig, dass Unternehmen in einigen Funktionen in die digitale Transformation investieren, in anderen jedoch zögern. Dies führt zu einer Lücke in den Fähigkeiten und Erfahrungen, die für Kunden, Stakeholder und auch intern offensichtlich sein kann."
Zaim verweist auf den KMPG-Bericht "2022 Enterprise Innovation: The vision-execution gap", in dem 69 Prozent der Befragten betriebliche Reibungsverluste auf eine "isolierte Innovationsmentalität" zurückführten. "CIOs müssen einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, um zu verstehen, wo in einem Unternehmen Hindernisse oder Herausforderungen bestehen könnten. Eine Transformation kann mit dem IT-Team beginnen, aber sie müssen Teams aus dem gesamten Unternehmen einbeziehen, um neue Ideen zu fördern, Mittel bereitzustellen und Erfolge zu feiern."
8. Sind alle meine Talente bereit - und bin ich hier auf dem richtigen Weg?
Wollen CIOs Mitarbeiter mit dem richtigen Mindset und dem richtigen Hintergrund rekrutieren, um den Wandel voranzutreiben? Oder wollen sie sie nur wegen ihrer technischen Fähigkeiten einstellen? Rogers zufolge brauchen CIOs Mitarbeiter, die gerne mit anderen zusammenarbeiten, Entscheidungen auf der Grundlage von Daten treffen und mit Unklarheiten umgehen können. "Das sind keine technischen Fähigkeiten. Wenn man sich also nur darauf konzentriert, die richtigen IT-Skills an Bord zu holen, ist man in seiner Fähigkeit, etwas zu bewirken, eingeschränkt."
Gleichzeitig, ergänzt Lambu, müssen CIOs ihre Mitarbeiter mit den technischen Fähigkeiten ausstatten, die für aktuelle und künftige Transformationsinitiativen erforderlich sind. Die Notwendigkeit, sich weiterzubilden, sei genauso konstant wie die Transformation selbst.
Darüber hinaus sollten CIOs diese kontinuierliche Weiterbildung in einem viel schnelleren Tempo als in der Vergangenheit ermöglichen. Dies gelte auch für externe Partner: Alle Lieferanten, die das Unternehmen unterstützen, sollten gleichermaßen in der Lage sein, Schritt zu halten.
9. Wie viel Zeit habe ich, um erfolgreich zu sein?
Laserfiche-CIO Thomas Phelps formuliert die Frage so: "Wie viel Zeit habe ich für diese Initiative, und wie hoch ist der Wettbewerbsdruck?" Dies führe direkt zum Budget und den Ressourcen. "Wenn ich das Ziel in sechs Monaten statt in zwei Jahren erreichen muss, wirkt sich das auf die Budgets und Ressourcen aus, die ich bereitstellen muss, und darauf, ob sich das Unternehmen auch kulturell schnell genug verändern kann, um das Ziel zu erreichen."
Das Schlimmste, was man bei einer Transformation tun könne, sei es, den Umfang der benötigten Ressourcen zu unterschätzen. Wenn man das Warum, den Kontext des Zeitrahmens und die Ziele der Initiative versteht, könne man einen Vorschlag machen, der für das Unternehmen realistisch ist.
10. Woran liegt es, dass die Transformation nicht funktioniert?
Diese eine Frage decke eine Menge Probleme auf, sagen Experten. Zum Beispiel könnte das Unternehmen Richtlinien haben - entweder in der IT oder in anderen Funktionsbereichen - die veraltet oder zu restriktiv sind und somit die Transformation bremsen. Beispiele sind einschränkende Sicherheitsmaßnahmen oder schwerfällige Genehmigungen, um neue Technologien wie Generative KI zu erproben.
"Sie brauchen Richtlinien, die Sie zu einem 'Ja' bringen", empfiehlt Iyer von ServiceNow. In seiner Zeit als CIO der US Army wurden die Datenschutzrichtlinien überarbeitet und verbesserte Identitäts- und Zugriffskontrollen eingeführt. Durch diese Änderungen "wurden die Daten viel freier und verfügbarer", ohne die erforderlichen Datenschutz- und Sicherheitsstandards zu kompromittieren. (ajf/jd)
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.