2012 ist Cloud Computing aus seinem Versteck in der Schatten-IT ans Licht getreten. Das ist laut James Staten, Analyst bei Forrester Research, eines der entscheidenden Resümees der vergangenen zwölf Monate. „Die Nutzung in Unternehmen ist da“, schreibt Staten in seinem Blog. IT-Abteilungen leugneten nicht länger, dass es Cloud Computing in ihrem Unternehmen gebe. Eine Folge davon: Fast die Hälfte der nordamerikanischen und europäischen Firmen stellten 2013 ein Budget für Investitionen in die Private Cloud auf. Etwa genauso viele Führungskräfte für Softwareentwicklung planten den Einsatz von Applikationen aus der Cloud.
„Kurz gesagt wird die Cloud-Nutzung 2013 echt“, so Staten weiter. Cloud-Services und -Plattformen würden in die formellen IT-Portfolios integriert. Das führe zu substanziellen Veränderungen in der Kultur und den Ansätzen von Cloud-Investitionen. Vor diesem Hintergrund wagt Staten einen Ausblick und stellt zehn Prognosen für 2013 in den Raum.
1. Wir hören auf mit der Behauptung, dass alles in die Cloud wandert. Es wird unterschieden, was in die Wolke passt und was nicht. „Wir haben mittlerweile ausreichend verstanden, was Cloud-Plattformen von traditionellen virtuellen Infrastrukturen und traditionellen Hosting-Umwelten unterscheidet, um architektonisch kluge Entscheidungen darüber zu treffen, welche Anwendungen in die Cloud umziehen sollen“, so Staten. Der Analyst rät, bei diesen Entscheidungen die Expertise der eigenen Entwickler zu berücksichtigen.
2. Cloud und Mobile werden eins. Mobile Apps sind nur dann wertvoll, wenn sie übers Internet an die Back-End-Services angebunden sind, die wahrscheinlich nicht mehr im eigenen Rechenzentrum, sondern irgendwo in der Wolke geleistet werden. Cloud-basierte Back-End-Dienste könnten elastisch auf Mobile-Client-Nutzung reagieren und schirmten das Data Center von diesem Traffic ab, so Staten. Zudem schließe inzwischen fast jede SaaS-Applikation einen mobilen Client ein. Staten zitiert hierzu seinen Forrester-Kollegen Glenn O’Donnell mit dessen Verdikt, Cloud plus Mobile ergäben „mehr als die Summe ihrer Teile“.
3. Kein Stress mehr wegen Cloud-SLAs. Best Practice für Design und Konfiguration von Cloud-Applikationen sei es, Elastizität in die Anwendung selbst einzubauen anstatt sie von Seiten des Cloud-Betreibers zu erwarten. Auf diesem Weg lasse sich jedes Service Level Agreement (SLA) erreichen, unabhängig von den Basis-SLAs des Providers, so Staten. Eines der Ziele sei es, das notwendige Maß an Performance zu erzielen. Man habe schließlich nichts von hohen SLAs, wenn nur ein Zehntel der Applikationen in der Cloud dieses Schutzniveau wirklich benötigten.
Antrieb für Hybrid Cloud
4. Klarheit über Kosten-Modelle. Statens Ausgangsthese: Die Cloud ist nicht per se besonders günstig, aber sie kann mit dem richtigen Nutzungsmodell höchstwahrscheinlich einen Kostenvorteil bringen. Deshalb müssten die Anwender rechnen, die wirtschaftlichen Hintergründe verstehen lernen und die Nutzung kontrollieren und optimieren.
„Mit Cloud-Kostenmonitoring-Tools wie Cloudyn, CloudCruiser, Cloudability, Newvem und Rightscale plus den direkt von den führenden Anbietern kommenden Kostenreporting-Tools gibt es keine Entschuldigung mehr dafür, die Kosten nicht zu managen“, so Staten. Ein gutes Kostenmanagement treibe auch in Richtung Hybrid Cloud, Service-Auswahl und Rabattverhandlungen – der CFO werde das bestimmt bald einfordern.
5. I&O schafft Freiräume für die App-Entwicklung. 2013 sehen die I&O-Teams laut Forrester endlich ein, dass Entwicklung in der Public Cloud stattfindet – ob es ihnen passt oder nicht. Da sei es sinnvoll, den Dialog mit den Software-Entwicklern zu suchen, um Einfluss auf Sicherheit und Gesamtkonzept nehmen zu können. Darin liege auch die Chance, gemeinsam eine formelle Cloud-Strategie zu entwickeln, die definiert, was akzeptabel ist und was nicht.
6. Backup und Disaster Recovery aus der Cloud. Cloud Computing und das Pay-per-Use-Preismodell ermöglichen laut Staten eine langfristige Datenspeicherung. Für die Server müsse nur bezahlt werden, wenn man testen will oder sich tatsächlich ein Ausfall ereignet. Dadurch könne man die vorhandenen Lösungen für Business Continuity und Disaster Recovery zwar wohl nicht vollständig ersetzen. Allerdings fielen die Preise für dieses Modell nahezu monatlich. Es sei empfehlenswert, sie im Auge zu behalten.
7. Cloud ist nicht mehr mit Massenware gleichzusetzen. Trotz hoher Standardisierung in der Wolke sei es falsch, Cloud Services mit Massenware gleichzusetzen. Bereits jetzt würden in der Cloud Dienstleistungen angeboten, die mit High-End-Hardware abgesichert seien sowie GPUs, SSDs und andere hochwertige Infrastruktur-Optionen beinhalteten. Dieses Angebot werde 2013 ausgebaut. Allerdings will sich Forrester nicht dazu versteigern, allen besonderen Infrastrukturen eine Zukunft in der Wolke vorherzusagen.
Konkurrenz für Amazon
8. Cloud ist nicht AWS. Auch wenn Amazon Web Services aktuell etwa 70 Prozent Marktanteil habe, hätten Microsoft und Google ihre Plattformen signifikant verbessert. Forrester rechnet damit, dass Ende 2013 mindestens ein Dreikampf an starken OpenStack-basierten Clouds entflammt sei.
9. Fortgeschrittene Virtualisierung ist gut, aber keine Cloud. Staten wendet sich direkt an die I&O-Verantwortlichen: „Die optimierte und dynamische virtuelle Umwelt und die On-Demand Private Cloud haben beide ihren Platz im Rechenzentrum“, schreibt der Analyst. „Sie lösen verschiedene Probleme und entsprechen verschiedenen Anforderungen.“ Es sei ein nutzloses Unterfangen, aus dem einen das andere machen zu wollen.
10. Die Entwickler wachen auf. Die Mehrzahl der im Unternehmen vorhandenen Sprachen, Frameworks und Development-Methoden seien auch in der Cloud einsetzbar, so Staten. Anders als gewohnt sei nicht das Codieren an sich, sondern die Service-Orientierung und die Notwendigkeit, eine eigenen Erreichbarkeit und Performance in die App-Konfiguration einzubauen. Völlig neu sei das aber auch nicht. Deshalb gebe es für geübte Entwickler keine guten Ausreden, in der Cloud nicht produktiv zu sein.