IT-Transformation

10 teure Fehler im Outsourcing

14.05.2014 von Johanna von Geyr
Globale IT Services, die im Rahmen von Offshoring, Nearshoring oder Outsourcing bereit gestellt werden, entwachsen den Kinderschuhen. Die Fehler in globalen Transformationen bleiben immer noch die Gleichen.

In der Vergangenheit oft organisch gewachsen, ist es besonders die IT-Infrastruktur, die mit lokalen Verträgen, wenig Standards und vielen Komplexitäten über mehrere Organisationseinheiten überlebt hat. Ein Kostenpunkt, der für die CIOs globaler Unternehmen kaum mehr zu rechtfertigen war.

CIOs in international agierenden Unternehmen sind oft getrieben von den Anforderungen der Digitalisierung und gestiegenem Effizienzbedarf, so dass man insbesondere bei ihnen ein Umdenken beobachtet, etwa Einführungen globaler Netzwerke sowie einer Enterprise Cloud.

Das kann aber nur funktionieren, wenn sie globale Serviceprozesse und -Tools einführen. Erkennbar ist, dass eben dies auf der Agenda der Unternehmen für 2014 und danach steht. Auch die Provider reagieren entsprechend darauf und definieren ihre Prozesse anhand globaler Anforderungen.

Während beim Thema Enterprise Cloud noch die Erfahrungswerte fehlen, werden die weltweiten IT-Services vor allem im IT-Infrastruktur-Bereich langsam erwachsen. CIOs, IT-Infrastructure-Executives, Beratungshäuser und Provider sollten dabei von den Fehlern vergangener Transformationen, Sourcing-Vereinbarungen und Fehlern im Betrieb lernen. Die Praxis zeigt jedoch das Gegenteil: Es gibt immer noch teure Fehler und Lücken, die Unternehmen auch heute noch vermeiden können, und die Missstände wiederholen sich (siehe unten stehende Bilderstrecke).

Besonders teuer können Verfehlungen werden, wenn die Beistell-Leistungen aller Parteien im Vertrag nicht im Detail dokumentiert und über die gesamte Transformation laufend gemessen werden. Das ist vor dem Hintergrund ärgerlich, dass sich in diesem Bereich Versäumnisse leicht vermeiden lassen, wenn Anwenderunternehmen sich gut vorbereiten. Sie sollten sich immer vor Augen halten, dass auch ein fertiger Outsourcing-Vertrag immer weiterverhandelt wird, weil sich das Umfeld stetig ändert.

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Wenn der Provider extra Geschäft macht

Veränderte Anforderungen, unterschätzte Aufwände und damit möglicherweise einhergehende Vertragsänderungen führen dazu, dass die Provider Aufgaben anpacken müssen, die zunächst nicht vorgesehen waren. In vielen Fällen einigen sich die Partner auf ein Vorgehen, mit dem beide Seiten gut leben können, wenn etwa Kunden die unterschätzten Aufwände selbst gar nicht abarbeiten können.

In einigen Fällen wird aber die Vertragsbindung des Kunden durchaus zum geschäftlichen Vorteil der Provider-Seite genutzt. Wie eine interne ISG-Studie festgestellt hat, wird die Kundenseite in der Transformation häufig in Verzug versetzt und jegliche Schuld dafür wird häufig dem Kunden zugeschrieben. Dies geschieht, um nachträgliche Zahlungen für Mehraufwände unterschiedlicher Art zu fordern. Beispiele hierfür sind erhöhte Aufwände durch fehlende Datenaufbereitungen in den Migrationen, längeres „Onboarding“ einzelner Geschäftsbereiche, fehlende Kunden-Ressourcen, parallele Projekte etc.

Die Liste möglicher Punkte ist lang und wenn nicht klar dokumentiert wurde, was der Kunde liefern muss und was der Provider, sitzt Letzterer schnell am längeren Hebel. Das Risiko eines Rücktritts durch den Kunden wird im Laufe der Transformation zunehmend geringer und damit auch die Stellschrauben auf der Kundenseite. Dies gilt es mit folgenden Maßnahmen zu verhindern:

1. Der eigene Transformationsplan

Elementar wichtig ist es, die richtigen Voraussetzungen bereits während der Vertragserstellung zu schaffen. Parallel zur Erstellung des Transformationsplans mit dem Provider sollte auch ein kundeninterner Transformationsplan erstellt werden, der die Aktivitäten, Aufwände, Bearbeitungszeit und Machbarkeit der Lieferung der Kundenmitwirkungsleistungen dokumentiert. Dies ist in der Praxis nicht selbstverständlich, da der Provider mit dem Transformationsplan in der Regel in Vorleistung geht. Dies beinhaltet aber weder die kundeneigenen Aufwände noch andere Projekte, welche der Provider nicht steuern kann.

Sollte sich bereits zu diesem Zeitpunkt herausstellen, dass der Kunde seine Beistellleistungen nicht erbringen kann, so gibt es zwei Szenarien. Das erste Szenario ist die Anpassung des Zeitplans und eventuelle Mehrkosten werden in Kauf genommen. Oder als zweites Szenario überträgt man Teile der Kundenmitwirkungspflicht auf den Provider, welches dann mit entsprechenden Zusatzkosten auf Kundenseite verbunden ist. Oftmals kalkulieren die Provider ein solches Zusatzgeschäft bereits während der Sourcing-Phase in ihren Business Case ein und sehen eine solche Situation daher nicht ungerne. Für die Unternehmen gilt es, beide Szenarien kommerziell abzuwägen und entsprechend zu entscheiden.

2. Mitwirkungs- und Beistellleistungen vertraglich dokumentieren

Gerät eine Transformation in Schieflage, so sind es beide Parteien, die sich zunächst auf nicht erfüllte Mitwirkungs- oder Beistellleistungen der anderen Partei beziehen. Hier gilt, je genauer diese im Vertrag dokumentiert und als Pflichten qualifiziert sind, desto einfacher lebt es sich am Ende in der Umsetzung des Vertrages. Klären die Vertragspartner bereits im Vorfeld die erforderlichen Mitwirkungsleistungen des Kunden und Provider, minimieren sie typische Transformationsrisiken. Unabdingbar ist vor allem die projektspezifische Konkretisierung der Mitwirkungsleistungen der Kundenseite.

Dazu gehören etwa die Kommunikation an den Endverbraucher, das Bereitstellen der notwendigen Daten für den Current Mode of Operation (CMO) sowie das Abstellen von Ressourcen. Je klarer die Mitwirkungsleistungen des Kunden und Provider bereits im Vertrag geregelt sind und bei der Transformation entsprechend umgesetzt werden können, desto wahrscheinlicher ist der Erfolg. Der Kunde sollte im Vorfeld des Vertragsschlusses prüfen, ob er in der Lage ist, die Mitwirkungsleistungen zu erbringen, etwa in fachlicher und zeitlicher Hinsicht. Gegebenenfalls wird er zusätzliche Mitarbeiter einstellen oder auf externe Ressourcen zurückgreifen müssen. Diese Kosten der Transformation müssen entsprechend in dem Business Case der Kundenseite eingerechnet sein.

3. Provider-Management und Beistell-Leistungen überwachen

Nur wenn man sich entsprechender Governance-Werkzeuge bedient, kann man die Stellschrauben im Vertrags-Management nutzen und auf nicht erfüllte Mitwirkungsleistungen und entsprechende Folgen hinweisen. Im Vertrag gilt es festzulegen, in welchen Fällen und in welcher Form solche Aufforderungen erfolgen müssen, beziehungsweise welche Pönalen anfallen.

Die Nutzung eines solchen Werkzeugs (Tracker) erfolgt entlang klarer Bausteine:

  1. Extrahieren der entsprechenden Passagen aus dem Vertrag und Überführung in den Tracker.

  2. Vorstellung des Trackers und Erstellung eines entsprechenden Prozesses zum Nutzen des Trackers in der Zusammenarbeit mit dem Provider (Governance Contract Management Kickoff). Einarbeiten des Feedbacks und Finalisierung des Trackers.

  3. Erstellen eines regelmäßigen Reportings für die entsprechenden Governance-Meetings der Transformation (inklusive kontinuierlicher Updates bei unterschriebenen Vertragsänderungen).

Fazit: Aus Fehlern lernen und vorbereitet sein

Es gibt heute noch immer zahlreiche Outsourcing-Projekte, die ausschließlich auf Basis des Transformations-Fahrplans der Provider-Seite betrieben werden. Viele Verträge lassen heute immer noch Transparenz bei den Mitwirkungspflichten und Beistellleistungen vermissen. In diesen Fällen sitzen die Provider am Steuer und die Kunden bestenfalls auf dem Rücksitz: In jeglicher denkbaren Schieflage des Projekts findet sich diese Kunden in einer schlechten Verhandlungsposition wieder. Daher gilt aus Fehlern zu lernen und entsprechende Themen wie oben beschrieben bereits bei der Vertragserstellung zu verankern.

Auf dieser Basis lassen sich Fakten schaffen, mit denen der Kunde in die Lage versetzt wird, mögliche Verhandlungen über die gesamte Laufzeit faktenbasiert zu führen. Aber auch hier gilt: Erstrebenswert sind letztlich nur die Lösungen, die von beiden Seiten getragen werden und die den gemeinsamen Zielen einen Vorteil bieten. Nur so kann das Unternehmen dauerhaft einen echten Mehrwert aus der Zusammenarbeit ziehen und der Provider seinen Auftrag langfristig halten.