Merger, Backsourcing, Cloud-Hype

12 Outsourcing-Trends für 2012

13.01.2012 von Thomas Pelkmann
Verträge und Margen schrumpfen, aber Qualitätsansprüche an Outsourcing-Dienstleister steigen dennoch. Stephanie Overby von CIO.com hat 12 Trends ausgemacht.

1. Merger & Acquisitions

Spektakuläre Übernahmen wie die von EDS durch HP oder von Perot durch Dellerwarten die Analysten in diesem Jahr nicht. "Outsourcing-Anbieter scheuen vor solchen Mega-Mergern zurück", meint etwa Phil Fersht von HfS Research. Es sei denn, man ist in China: Dort, so Michael Rehkopf, Direktor bei TPI in Nordasien, werde es unter den Top-20 der chinesischen Provider genau eine solche Megahochzeit geben.

In den USA werden sich große Anbieter wahrscheinlich darauf konzentrieren, ihr Portfolio über Zukäufe von Software oder Cloud-basierten Tools zu erweitern, schätzt Phil Fersht. Vielleicht gebe es aber auch ein neues Dreigestirn aus mittelgroßen Anbietern, die sich zu einem neuen, großen Player zusammenschließen könnten.

Außerdem: Nur weil die Vorhersagen des vergangenen Jahres nicht eingetroffen sind, nach denen ein Offshore-Provider einen der großen US-Anbieter schlucken würde, heißt das nicht, dass das nicht in diesem Jahr passiert. Genau das sagt Sid Pai von TPI Indien voraus: Er rechnet damit, dass 2012 "wenigstens eine, vielleicht mehr" Großübernahmen eines westlichen Anbieters durch ein indisches Unternehmen anstehen.

2. Outsourcing-Kunden möchten es langsam

Die für dieses Jahr erwartete Erholung des Outsourcing-Marktes wird sich verzögern, schätzen die Analysten. Viele Investitionsentscheidungen würden aufgrund der unsicheren ökonomischen Lage der Weltwirtschaft (erneut) verschoben. "Einer von vier Kunden wird sich deshalb von Vertragsabschlüssen abhalten lassen", schätzt Phil Fersht. Kunden, die im Markt blieben, würden zudem - mindestens im ersten Halbjahr - weniger Abschlüsse mit einfacheren Preismodellen tätigen. Im Herbst aber, mutmaßt die Everest Group, könnte die wieder wachsende wirtschaftliche Zuversicht auch für einen Aufschwung bei Outsourcing-Deals im allgemeinen und bei Offshoring-Aktivitäten im besonderen sorgen.

Der Cloud-Hype geht zu Ende

3. Die Wolke kommt nieder

Manchmal beschleiche einen das Gefühl, dass sogar die Anbieter von Cloud Computing bereit sind, den Begriff in Rente zu schicken, schreibt Stephanie Overby. Und es stimmt, meint Shaw Helms von K&L Gates: Bis Ende 2012 sei der Wirbel um die Cloud definitiv zu Ende.

IT-Leiter würden dann sehr viel kritischer auf die Chancen und Risiken in der Cloud gucken. Zudem würden IT-Abteilungen nicht mehr so viel Druck von den C-Verantwortlichen bekommen, Cloud-Anwendungen ohne eine durchdachte Evaluation der Alternativen zu implementieren.

Das Jahr 2012 wird auch das Jahr sein, in dem die Cloud-Governance eine wichtige Rolle spielen wird. "Unternehmen werden beginnen, Firmen-Policies darüber zu formulieren, was in der Cloud sein darf, welche Daten in die Cloud wandern dürfen und wer für die Cloud-Services im Unternehmen verantwortlich ist", prognostiziert Adam Strichman von Sanda Partners. Zudem würden Fragen nach den rechtlichen Rahmenbedingungen zum Schutz der Privatsphäre und dem Zugriffsschutz auf Daten in den Vordergrund rücken, so der Analyst.

4. Kunden schauen nach Qualität, Anbieter auf Preise

Die Kunden werden bei der Vergabe von Outsourcing-Aufträgen auch weiter aufs Geld gucken, sind sich die Analysten einig. Dessen ungeachtet werden sie in diesem Jahr aber noch mehr für ihr Geld verlangen, meint Phil Fersht, mehr Flexibilität oder bessere Technologien etwa. Das Problem dabei sei aber, dass die Anbieter das nicht mitmachen wollen. Sie schauten immer noch zu sehr darauf, wie sie für ihre Kunden Kosten reduzieren können als darauf, Prozessverbesserungen und Innovationen zu realisieren, kritisiert Fersht.

Geringere Kosten und kleinere Verträge für Dienstleister

5. Outsourcing-Deals schrumpfen

Früher hieß es bei den Outsourcing-Anbietern: "Go big or go home". Aber nun, nachdem sie aus den Top-100 oder -500-Unternehmen alles an Kontrakten rausgeleiert haben, was drin war, fangen auch sie mit dem Backen kleinerer Brötchen an. Das geschieht etwa durch aktive Akquise auch bei kleineren Unternehmen, notiert Shaw Helms von K&L Gates. In diesem Jahr werde die Profitrate wichtiger sein, als der bloße Umfang der Verträge, ergänze John Lytle von Compass. "Die Anbieter werden zunehmend bereit sein, ihre eigenen Umsätze mit verbrauchs- und umsatzabhängigen Preismodellen zu kannibalisieren." Das Ergebnis seien geringere Kosten bei den Kunden und eben kleinere Verträge.

6. Offshore-Anbieter übernehmen Infrastruktur-Outsourcing

Lange haben Offshore-Anbieter Infrastruktur-Kapazitäten in der Hoffnung aufgebaut, dass sie einmal jenseits von Anwendungsentwicklung und Wartungsarbeiten gebraucht würden. In diesem Jahr werden sich diese Anstrengungen auszahlen. "Im Jahr 2012 wird eine ganze Reihe von Unternehmen, die bisher ihre Infrastruktur ausschließlich US-Anbietern anvertraut haben, zu Offshore-Unternehmen wechseln", meint dazu Steve Martin von Pace Harmon.

7. Viele Account-Manager werden um ihren Job bangen, oder sich ändern

Ein Konflikt zwischen Anbietern und Kunden wird nach Meinung der Analysten eskalieren: Die Kunden seien müde davon, sich immer auf die Kosten zu konzentrieren, anstatt auf ihre eigentlichen Bedürfnisse, meint Phil Fersht von HfS Research. Die Anbieter müssten so darauf reagieren, dass sie das Beziehungsmanagement vor das Verkaufsmanagement setzten. Sonst werde es für viele Account Manager heißen: Tschüss, Verkäufer!

8. Backsourcing: Mehr Worte als Taten

Die Outsourcing-Kunden werden sich also auch in diesem Jahr über ihre Beziehungen zum Dienstleister beschweren - und sich dann doch dagegen entscheiden, die Wartung der IT wieder selber zu machen. "Unternehmen werden das evaluieren und sogar damit beginnen, den Umzug zurück ins Haus zu planen. Aber am Ende werden diese Pläne alle in der Ablage landen", ist sich Pace Harmon's Steve Martin sicher. Die Rückgewinnung der Kontrolle und die Verbesserung der IT-Services scheinen noch attraktiv zu sein. Aber die Herausforderungen für den Aufbau eigener Rechenzentren und Helpdesks sowie die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern wirke letztendlich aber doch abschreckend.

9. IT-Outsourcer entwickeln neue Vertriebsmodelle

Der Preisdruck wird sich weiter negativ auf die Margen der Anbieter auswirken. Daher werden die Anbieter innovative - und riskante - Modelle entwickeln, schätzt die Everest-Group. Dazu würden Joint Ventures einschließlich kundenspezifischer Innovations-Labore und Kompetenzzentren zählen, so die Everest Group.

Offshore-Projekte werden zurück geholt

10. Anwendungsentwicklung kehrt zurück

Finanzdienstleiter und andere Brachen haben in den vergangenen zehn Jahren die Pflege ihrer Programm-Codes gerne Offshore-Providern überlassen. Das wird sich 2012 ändern. "Es wird einen Rückzug der Applikationswartung aus dem Offshore-Bereich geben", meint dazu Michael Engel von HfS Research. Nicht nur große Finanzdienstleister würden erkennen, dass es billiger ist, die Wartung im eigenen Land erledigen zu lassen.

11. IT-Sicherheit gelangt ins Zentrum der Aufmerksamkeit

Irgendwann in diesem Jahr wird ein großer IT-Dienstleister durch einen öffentlich gemachten Hack der Kundensysteme gedemütigt werden", sagt Ruckman von Sanda Partners voraus. "2012 wird daher das Jahr der IT-Sicherheit sein, in dem Outsourcing-Anbieter nach neuen Wegen suchen müssen, um ihre und die Daten ihrer Kunden zu beschützen."

12. Global agierende Unternehmen suchen Support außerhalb von Indien

Mehr und mehr große Unternehmen werden ihren Back-Office-Support auf mehrere Schultern verteilen. Dabei geht es nicht nur darum Geld zu sparen. Globale Unternehmen mit mehreren Standorten wollen vielmehr lokales Wissen und Sprachen nutzen, um ihre Offshore-Aktivitäten in Ländern wie Brasilien, Mexiko, Südafrika oder Bulgarien abzusichern, so Fersht von HfS Research. Indien werde deswegen aber diese Geschäfte nicht verlieren, meint der Analyst, sondern "nur" mit langsamerem Wachstum umgehen müssen.