Mehr als 30.000 Kilometer Schienennetz, über 30.000 Züge täglich, zwei Milliarden Bahnreisende pro Jahr, dazu Millionen Tonnen Fracht und rund 77.000 Weichen: Es sind beeindruckende Zahlen, die Holger Ewald, CIO bei DB Netz auf den Hamburger IT-Strategietagen präsentiert. All das will gebaut, mit Energie versorgt, gewartet und instand gehalten werden. Daran arbeitet seit der Auslagerung 1999 DB Netz, eine 100-Prozent-Tochter der Bahn.
Das Serviceunternehmen ist darüber hinaus auch für die Fahrplangestaltung der Eisenbahn zuständig, was bei zehn Zugmeldungen pro Minute, die von Verzögerungen, Behinderungen und Ausfällen künden, ebenfalls keine kleine Aufgabe ist. Die IT hat bei der Verwaltung der Schienennetze eine zentrale Bedeutung, was schon allein bei der Betrachtung des täglich anfallenden Datenvolumens über Zugbewegungen im deutschlandweit verteilten Netz deutlich wird.
Datenaustausch schwer möglich
Die über viele Jahre und durch noch mehr individuell erfüllte Kundenwünsche zu einem komplexen Gebilde zusammengewachsene Infrastruktur konnte diese Anforderungen allerdings nicht mehr bewältigen. Dazu kommt, dass die einzelnen Systeme – Holger Ewald nannte die Zahl von 120 „Anwendungssilos“ – nicht oder nur eingeschränkt in der Lage waren, untereinander zu kommunizieren und zum Beispiel Daten auszutauschen.
Auch von gängigen Dokument- und Verarbeitungsstandards waren die Legacy-Systeme der Bahntochter weit entfernt. Kein Wunder, dass CIO Ewald dieses System in Richtung flexible Services überarbeiten wollte, um moderne Anforderungen und Wünsche an die IT – zum Beispiel Always-On, Mobiles Arbeiten, Big Data – erfüllen zu können.
Wer aber nun glaubt, DB Netz hätte weggeschmissen, was über die Jahre zu einem unüberschaubar komplexen System zusammengewachsen ist, täuscht sich. Im Gegenteil: Ein Seitenblick auf die Automobilindustrie, die über die Jahre mit ähnlichen Komplexitätsproblemen in gewachsenen Infrastrukturen zu kämpfen hatte, wies dem DB-Netz-CIO einen anderen Weg: Weil viele der 120.000 Komponenten durchaus zuverlässig ihre Dienste erledigen, entschied sich DB Netz, bestehende Systeme wo möglich einfach weiterzuverwenden – als Bausteine für komplexe, aber interoperable und modernen Anforderungen gewachsene Anwendungen.
Der CIO von morgen orchestriert schnell gebaute Komponenten
„Warum soll man neu erfinden, was sich in der Vergangenheit bewährt hat?“, so die nunmehr rhetorische Frage des DB Netz-CIOs Ewald. Für dieses Baukastenprinzip, das die bestehende Silo- in eine flexible Infrastruktur überführt, sei eine gute Planung nötig gewesen, so Ewald. „Nur, wenn man das Ziel kennt, kann man auch den Weg beschreiben.“