Für Upgrades, Softwareentwicklungs-Projekte und andere kostenintensive Dinge müssen CIOs oftmals kämpfen – ob es ihnen behagt oder nicht. Immer häufiger gilt es dabei den Boss der Bosse höchstselbst von Sinn und Dringlichkeit der Ausgaben zu überzeugen: den CEO. Gerade für IT-Chefs, die in der Vergangenheit nicht direkt an den Vorstandschef berichteten, stellt das argumentative Ringen auf dieser Ebene eine Herausforderung dar. Schließlich will man ja nicht anecken und so seine Karriere ruinieren. Mit Kleinbeigeben ist allerdings auch nichts zu erreichen. Für unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com war dieses Dilemma Grund genug, die Gemengelage mit amtierenden und ehemaligen CIOs sowie Kommunikationsexperten zu erörtern. Herauskommen sind 13 Tipps, die IT-Chefs für Auseinandersetzungen mit dem CEO wappnen.
1. An die Unternehmenskultur denken: Jedes Unternehmen hat eine Geschichte. Dessen sollten sich auch CIOs bewusst sein, die ihre Aufgabe neu übernommen haben. Sind in der Vergangenheit IT-Projekte reihenweise gescheitert oder gab es andere der IT zugeschriebene Störfeuer, ist mit Offenheit und neugieriger Erwartungsfreude gegenüber den Ideen eines CIOs auf der Gegenseite kaum zu rechnen. Mitch Davis, CIO des Bowdoin College im US-Bundesstaat Maine, rät, in einem solchen Umfeld auf die nachhaltige Wirkung von Steuerungskomitees und Portfolio-Management-Prozessen zu setzen. Denn schnelles Grün für größere IT-Ausgaben wird es nicht geben. CIOs müssten diese Prozesse respektieren und todsichere Business Cases vorbereiten, sagte Davis gegenüber CIO.com.
2. Stil und Persönlichkeit des CEOs berücksichtigen: Es gibt CEOs, die Risiken mögen und die stolz auf ihre fixen Entscheidungen sind. Und es gibt CEOs, die im Gegensatz dazu eher konservativ ticken. Ein CIO sollte darüber im Bilde sein, zu welcher Spezies sein Chef zählt, wenn er die adäquaten Kommunikationstechniken auswählt, mahnt Lisha Wentworth, Senior Consultant beim Beratungshaus Ouellette & Associates. Mitch Davis etwa weiß, dass College-Präsident Barry Mills eine schnelle Auffassungsgabe für komplexe Sachverhalte besitzt, rasch große Mengen an Informationen aufnimmt und auch beim Entscheiden ungern zögert. Also skizziert er Projekte, die er durchsetzen möchte, kurz und präzise – und berücksichtigt dabei auch die Interessen seines Chefs: nämlich die Agilität des Colleges insgesamt und das Geldverdienen.
Es gibt auch Vorgesetzte, die kategorisch erst einmal Nein sagen. Manchmal möchten sie so vor allem austesten, ob das vorgebrachte Anliegen wirklich ernsthaft verfochten wird. In solchen Fällen kann es sich lohnen, trotz wiederholter Ablehnung des Vorschlages hartnäckig zu bleiben.
3. In Business-Sprache sprechen: Ein Binsenweisheit, von jedem IT-Spezialisten mittlerweile oft gehört, gewiss. Trotzdem aber richtig und wichtig, wie Nick Goss, CEO des Beratungsunternehmen Polardene, nachdrücklich begründet. Wer in für das Business unverständlicher Sprache für IT-Ausgaben plädiere, bewirkt laut Goss zwei Dinge: „Erstens werden Sie nicht verstanden. Zweitens sind Sie für das Tagwerk eines CEOs irrelevant, weil der sich über anderes Gedanken macht: Erhöhung der Rendite, Expansion in neue Märkte, Steigerung des Aktienwertes, Senkung der operativen Risiken und Verbesserung der öffentlichen Wahrnehmung der Firma.“ Es führt kein Weg daran vorbei, den Nutzen einer technologischen Investition für diese konkreten Geschäftsziele aufzuzeigen.
Business-Nutzen deutlich machen
Goss nennt ein Beispiel. Wer die Notwendigkeit eines höheren IT-Budgets aufzeigen will, sollte dieses nicht in das übliche technologisch definierte Schema aufdröseln. Eine Aufteilung der Kosten nach Rechenzentrum, Anwendungsentwicklung, Personal und Wartung sagt dem CEO vermutlich überhaupt nichts. Stattdessen lohnt sich laut Goss die Mühe, für jeden dieser Posten detailliert zu ermitteln, in welchem Umfang welche Business-Funktion unterstützt wird. So könne ein CIO dem CEO verdeutlichen, dass die IT mehr als eine Kostenstelle ist.
4. In der Kürze liegt die Würze: Lisha Wentworth kritisiert, dass CIOs oftmals zu langatmig argumentierten. „CIOs kommen nicht zum Punkt“, so die Beraterin. „Sie reden und reden – und der CEO hat gar keine Zeit, ihnen zuzuhören.“ Deshalb sollten sich IT-Chefs streng und lakonisch auf das Vorhaben, seine Kosten und die zu erwartenden Ergebnisse konzentrieren. Will der CEO mehr Details wissen, wird er nachfragen.
5. Nachfragen antizipieren: Der CIO sollte so gut wie möglich vorbereitet sein auf die zu erwartenden Fragen des CEOs. Diese werden selten um technologische Einzelheiten kreisen – so spannend diese aus IT-Sicht sein mögen. Sie dürften stattdessen eher so klingen: „Was kostet das? Bis wann können wir das haben? Wer ist alles betroffen, wenn wir das machen?“ Nick Goss war früher als Technologie-Chef beim Outsourcing-Dienstleister Digitas tätig. Er erinnert sich, dass er in dieser Funktion einmal komplett von einer eigentlich nahe liegenden Frage überrascht wurde. Goss hatte gerade über die notwendigen Ausgaben für eine Firewall gesprochen, als der COO wissen wollten: „Warum reicht es nicht, wenn wir nur 80 Prozent der Summe investieren?“ Goss brauchte einen Moment des Nachdenkens, ehe er verstand, dass die Business-Seite ein exaktes Risikoszenario verlangt. Es sei besser, auf so etwas vorbereitet zu sein.
6. Nicht persönlich nehmen, wenn der CEO nachhakt: Bei Nachfragen des CEOs nicht defensiv werden oder beleidigt reagieren. Das eigene Ego beiseite schieben, denn es ist der Job des Gesamtverantwortlichen, Fragen zu stellen. „Ein kritischer Denker akzeptiert nicht einfach, was ihm gesagt wird“, sagt IT-Berater Peter Kretzman, früher selbst als CIO tätig. „Er sucht nach der Schwachstelle in der Argumentationskette.“
7. Realistische Antworten geben: Wie nervt ein CIO den CEO todsicher? Indem er große Versprechen macht – und sie nicht hält. Klare und glaubwürdige Antworten sind deshalb nötig. „Wenn man eine Projektsumme beziffert, immer um 50 Prozent daneben liegt und auch noch den Zeitplan um ein halbes Jahr überzieht, führt das früher oder später sicher zum Krach“, so Kretzman. Unrealistische Kosten- und Terminprognosen sind auch nach Ansicht von Mitch Davis ein sicherer Weg, die eigene Glaubwürdigkeit zu untergraben.
Geduld kann sich auszahlen
8. Das Medium ist die Message: Mit PowerPoint alleine ist es nicht immer getan. Manchmal benötigt es Kreativität, um den CEO von einer Sache zu überzeugen. Mitch Davis machte diese Erfahrung, als er sich für die Automatisierung von HR-Prozessen wie Rekrutierung und Lohnbuchhaltung stark machte. Er wusste, dass sein Chef nicht gerne in HR-Angelegenheiten eingriff. Mit Erfolg entschloss er sich deshalb, ein Video darüber zu drehen, das den unnötigen Aufwand in der Personalverwaltung dokumentierte. Vom Sinn einer Automatisierung waren am Ende alle Entscheider überzeugt.
9. Rückendeckung suchen: Eine weitere oft hilfreiche Strategie ist es, eine große Gruppe von Unterstützern um sich zu scharen. Wiederum ist es Mitch Davis, der dafür ein Beispiel aus seinem Erfahrungsschatz parat hat. Sein Ansinnen war es, eine ineffiziente Eigenentwicklung durch ein mehrere Millionen Dollar teures Informationssystem für Studenten zu ersetzen. Er gewann erst einmal die Studentenschaft sowie die einzelnen Fakultäten für das Projekt, die auch Druck auf die Hochschulleitung aufzubauen begannen. Der Präsident lehnte wegen der hohen Kosten trotzdem erst einmal ab.
Davis feilte daran, die Kosten zu senken und bewies Geduld. Drei Jahre später konnte er das Projekt umsetzen. Neben seinen Nacharbeiten hatten den Präsidenten auch die geäußerten Begehrlichkeiten der potenziellen Anwender überzeugt.
10. Mit den Erfolgswünschen des CEOs spielen: Beim eben genannten Beispiel spielte auch ein Rolle, dass der College-Präsident Beliebtheitspunkte bei Studenten, Fakultäten und anderen Gremien sammeln wollte. Es kann sich also lohnen, sich die Eigeninteressen eines CEOs klar vor Augen zu führen und politisch auszunutzen.
11. Den Chef nie alt aussehen lassen: Auseinandersetzungen können zu Frust führen und unschöne Wendungen nehmen. Es empfiehlt sich, negative Emotionen zu unterdrücken, durchzuatmen und auf die Wortwahl zu achten. Beraterin Wentworth nennt ein Beispiel. Die Wendung „Sie verstehen nicht“ sollte vermieden werden, weil sie den CEO in ein schlechtes Licht rückt. Besser ist die Alternative: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich klar genug ausgedrückt habe.“
Nicht am Posten kleben
12. Aufs Ganze gehen: Klingt dramatisch – und ist es auch. Aber es kann den Fall geben, dass das vom CIO verfochtene Projekt existenziell für das Unternehmenswohl ist. Um das zu unterstreichen, kann man als IT-Chef sehr weit gehen – sogar anbieten, im Misserfolgsfall abzutreten. Denn Fehlschläge kann sich ein CIO nach Einschätzung von Mitch Davis sowieso nicht erlauben, wenn es um Projekte einer gewissen Größenordnung geht. „Es handelt sich um ein Umfeld, das keine Entschuldigungen zulässt“, so der College-CIO.
13. Wissen, wann es zu spät ist: Ein Rücktrittsangebot kann ein Kampfmittel sein. Aber es gibt sogar Fälle, in denen das Streichen der Segel alternativlos ist. IT-Berater Kretzman schmiss seinerzeit den Bettel als CIO hin, als sein CEO auf einem zum Scheitern verurteilten Zeitplan für eine CRM-Implementierung bestand. Das Customer-Relationship-Management-System sollte sofort nach Installation angewendet werden – ohne Schulung der Mitarbeiter, ohne abgestufte Phasen. Kretzman ahnte, dass das im Desaster enden musste, und seine ehemalige Firma blieb in der Tat auf immensen Kosten sitzen.
Der CIO ging in diesem Fall, um nicht mit diesem chaotischen Projekt in Verbindung gebracht zu werden. Bei aussichtslosen Unterfangen ist das nach Einschätzung von Kretzman die einzige Option. Ein CFO müsse auch sofort gehen, wenn von ihm verlangt werde, bei illegalen Aktivitäten wegzuschauen, so der IT-Berater.