Erstmal Ruhe bewahren: Wenn CIOs mit der Forderung nach Kostensenkung konfrontiert werden, sollten sie genau nachhaken, so IT-Berater Michael Jost von Scopar (Scientific Consulting Partners), München. Zwei Punkte sind zu klären: Erstens, ob die IT-Mitarbeiter bleiben können, wenn die IT an anderer Stelle Kosten spart. Zweitens, ob jetzt - also innerhalb der kommenden 18 Monate - gespart werden muss oder langfristiger.
Grundsätzlich gilt: Wer schnell Kosten senken muss, trennt sich besser von externen Mitarbeitern und Outsourcing-Partnern als von internen, so Jost. Um gleich darauf anzufügen, bevor ein IT-Entscheider an Entlassungen denke, sollte er sich "an die eigene Nase fassen". Konkret: Er muss sich selbst drei Fragen beantworten:
1. Habe ich in der Vergangenheit alle Möglichkeiten genutzt, eine schlanke, zukunftssichere und kostengünstige IT aufzubauen? Oder sind Sachen liegengeblieben, die ich schon lange machen wollte?
2. Habe ich eine abgestimmte Leistungsdefinition für die unternehmenskritischen IT-Leistungen? Oder leiste ich das, was so angefragt wird? Ist das alles nötig?
3. Habe ich eigene "Nice-to-have"-Projekte? Einen technischen Releasewechsel, den es nicht unbedingt jetzt braucht? Ein IT-F&E-Projekt, wo sich die Spezialisten auch mal mit "was Schönem" beschäftigen wollen?
Wenn das geklärt ist, sollten CIOs mögliche Sparmaßnahmen in vier Blöcke unterteilen: Strategie und Alignment, Prozesse und Organisation, Mitarbeiter und Standorte sowie IT-Systeme und Anwendungen. Im Einzelnen schlägt Jost Folgendes vor:
1. Strategie und Alignment
-
Alle Projekte mit einen Fertigstellungsgrad von weniger als achtzig Prozent stoppen. Wiederaufnahme der Projekte nur, wenn ein oder mehrere Fachbereiche die (Rest-)Kosten übernehmen. Freiwerdende Kapazitäten interner Mitarbeiter nutzen, um Lücken an anderer Stelle zu füllen.
-
Kernfunktionen zusammenstellen, die das Unternehmen an IT-Systemen und Dienstleistungen unbedingt zum Überleben braucht. Alle anderen Funktionen und Services werden abgestellt, wenn sich kein Finanzierer dafür findet.
-
Alle Systeme, die schon immer ausgeschaltet werden sollten, bekommen jetzt den Todesstoß. Wer das verhindert, muss die Kosten übernehmen.
-
Die IT-Kosten pro Fachbereich veröffentlichen, um den Fachverantwortlichen zu zeigen, was die Leistungen kosten. Entscheider müssen die Möglichkeit haben, teure Leistungen abzubestellen.
-
Den Fachverantwortlichen mitteilen, wie viel Geld aktuell noch für sie da ist. Was an Forderungen darüber hinaus geht, müssen die Fachabteilungen finanzieren.
-
Das Budget dezentralisieren. In vielen Firmen wurden zentrale IT-Budgets aufgebaut, die an irgendeiner Stelle in die Gewinn- und Verlustrechnung übernommen werden. Das führt manchmal zu Selbstbedienungsmentalitäten. Besser ist, das Budget aufzuteilen und den Fachverantwortlichen die Budgethoheit zu geben. Der IT-Entscheider kann seine Leistungen gegen diese Budgets verrechnen.
2. Prozesse und Organisation
-
Dienstleistungsportfolio rigoros reduzieren. Randthemen (zum Beispiel verschiedene Smartphones) nicht mehr unterstützen. Standardservices definieren. Wollen Fachbereiche abweichende Services (längere Online-Zeiten, längeren Help-Desk Support) müssen sie die Mehrkosten tragen.
-
Interne und externe SLAS auf Optimierungsmöglichkeiten überprüfen. SLAs werden oft nicht regelmäßig überarbeitet und beinhalten fast immer Forderungen, die viel Geld kosten, aber nicht oder nicht mehr viel Nutzen bringen.
-
Möglichst gleichartige SLAs gestalten, also Help-Desk-Zeiten anpassen, Verfügbarkeiten anpassen und Ähnliches.
3. Mitarbeiter und Standorte
-
Sollen kurzfristig Personalkosten eingespart werden, kann der CIO Mitarbeitern Angebote für Sabbathjahre, Kurzarbeit oder vorübergehende Stundenreduktionen vorschlagen. Das reduziert tatsächlich und schnell die Kosten, die Mitarbeiter stehen aber weiter zur Verfügung und können bei einem Wiedererstarken der Wirtschaft schnell reaktiviert werden.
-
Sich von allen externen Mitarbeitern trennen und deren Arbeit auf interne umverteilen. Das heißt jedoch auch, Verzögerungen beziehungsweise Risiken durch Know-how-Verlust zu akzeptieren. Wer stringente Übergabeprozesse organisiert, transferiert das nötige Know-how in die eigene Mannschaft und erhöht deren Kompetenz.
-
Wenn IT-Kräfte an verschiedenen Standorten arbeiten, sollte der IT-Entscheider Competence-Center bilden: Standort A für Windows und Netzwerk, Standort B für SAP und so weiter. Das spart mittelfristig Kommunikationsaufwand und Abstimmungen.
4. IT-Systeme und Anwendungen
-
Mit allen Dienstleistern die Preise neu verhandeln. Anzustreben ist eine dauerhafte Reduktion, aber auch Krisenrabatte sind möglich (zum Beispiel Reduktion für zwölf Monate um 20 Prozent, danach dauerhaft um siebeneinhalb Prozent).
-
Mit allen Dienstleistern über Wartungs- beziehungsweise Supportverträge reden. Vorübergehende Stilllegungen von Verträgen (und der Zahlungen) vereinbaren. Supporteinsätze sollten in dieser Zeit nach Aufwand bezahlt werden.
-
Der CIO sollte Dienstleister nach deren Vorschlägen zu Kostensenkungen fragen. Gegebenenfalls kann man sich Einsparungen teilen.
-
Den Warenkorb reduzieren. Weniger verschiedene Geräte bedeutet größere Stückzahlen und damit günstigere Preise. Wer keinen Warenkorb hat, sollte jetzt einen einführen.
-
Von den Lieferanten kostenlose eProcurement-Lösungen einfordern. Das verkürzt Lieferprozesse, vereinfacht Buchungen und reduziert Prozesskosten.
-
Softwarelizenzen auditieren lassen. Es gibt Firmen, die diesen Audit kostenlos machen, Optimierungen vorschlagen und durchführen und über einen Teil der Einsparungen bezahlt werden. Hier sind Einsparungen von zehn bis 20 Prozent die Regel und nicht die Ausnahme.
-
Wenn noch monetäre Flexibilität besteht, ist jetzt der Zeitpunkt zur Konsolidierung der Infrastruktur. IT-Entscheider sollten virtualisieren.
Michael Jost arbeitet seit Ende 2007 beim Münchener Unternehmen Scopar (Scientific Consulting Partners) und war vorher IT-Bereichsleiter beim Energiedienstleister Techem, Eschborn.