Die Skills, die erfolgreiche Projektmanager (PMs) mitbringen müssen, sind vielfältig und wirken teils widersprüchlich - weshalb echte Projektprofis eher selten sind. Die besten PMs bringen gleichermaßen geschäftliche, organisatorische und technische Fähigkeiten mit und darüber hinaus überragende Softskills.
Das Project Management Institute (PMI) hat mit seinem Talentdreieck versucht zu verdeutlichen, worauf es ankommt. Wichtig sind demnach
technisches Projektmanagement, also Wissen um Methoden und Vorgehensweisen;
Leadership (Führungsqualitäten) und
Business-Orientierung (strategisches und geschäftliches Management).
Jeder dieser drei Bereiche ist mit hohen Anforderungen verbunden. Projektmanager müssen wissen, wie sie den Umfang eines Projekts abstecken, die benötigten Ressourcen festlegen und deren Einsatz planen. In Sachen Leadership ist neben der Führungsarbeit das Stakeholder-Management wichtig. Und auf der geschäftlichen Ebene ist beispielsweise sicherzustellen, das Projekt- und Unternehmensziele stets im Einklang bleiben.
Die Liste der laut PMI wünschenswerten Qualifikationen ist lang. Dennoch sagen erfahrene Projektleiter, dass die dort aufgeführten Fähigkeiten noch nicht ausreichen, wenn ein Projektmanager seine Rolle nach den höchsten Anforderungen ausfüllen will.
Welche Eigenschaften zeichnen also besonders effektive Projektmanager aus? Lesen Sie über die Persönlichkeitsmerkmale und Fähigkeiten, die für Erfolg unerlässlich sind.
1. Strategische Führungsqualitäten
Die besten Projektmanager beherrschen ihr Handwerk aus dem Effeff und bringen darüber hinaus strategische Führungsqualitäten mit. Diese sind wichtig, weil es immer wieder zu Situationen kommen kann, in denen Entscheidungen spontan und zum Besten des Unternehmens gefällt werden müssen. Projektleiter, die beispielsweise rechtliche Hürden zeitnah aus dem Weg räumen können oder bei Ressourcenengpässen in der Lage sind, entfernte Arbeitsteams flexibel einzubinden, sind im Vorteil. Sie haben das große Ganze im Blick und bringen ihre Detailziele mit der strategischen Marschroute des Unternehmens in Einklang.
2. Außergewöhnliche organisatorische Fähigkeiten
Erstklassige Projektmanager sind bestens organisiert - das ist klar. "Hier geht es aber nicht nur darum, einen Plan zu erstellen und sich dann daran zu halten", sagt Hema Tatineni von CopperPoint Insurance. Sie müssten vielmehr verstehen, wie ihr Projektplan und ihre Ressourcen mit anderen Vorgängen im Unternehmen verflochten sind und welche gegenseitigen Abhängigkeiten daraus entstehen. Gut zu organisieren, heißt auch, Pläne und Ressourcen anpassen zu können.
"Es ist einfach zu sagen: 'So sieht mein Plan aus, wir arbeiten ihn jetzt ab'", sagt Tatineni. "Die Probleme entstehen dann, wenn Aufgaben verschoben werden. Das wirkt sich auf andere vor- und nachgelagerte Arbeiten aus, weil es zwischen den Projekten Verbindungen gibt." Für die Managerin bedeutet gut organisiert zu sein, gegenseitige Abhängigkeiten zu erkennen und den eigenen Plan schnell erneuern zu können, wenn etwas vorfällt.
3. Flexibilität
Hocheffektive PMs sind besonders flexibel. Sie lassen sich nicht aus dem Konzept bringen, wenn Projektpläne angepasst werden müssen - das kommt bekanntlich in der modernen digitalen Welt häufig vor. "Gute Projektverantwortliche sind so anpassungsfähig, dass sie sagen können: 'Es gibt da etwas, das jetzt eine höhere Priorität hat. Also ändern wir unseren Kurs'", sagt Tatineni.
4. Ressourcen im Blick
Die besten PMs wissen, ob das verfügbare Personal ausreicht und die Menschen optimal eingesetzt werden. "Die meisten Mitarbeitenden stehen immer unter Zeitdruck", beobachtet Barry Cousins, Analyst der Info-Tech Research Group. "Praktisch alle sagen, dass sie für geplante Vorhaben zu wenig Zeit zur Verfügung haben." Projektmanager sollten die Angaben der Mitarbeitenden richtig einschätzen und deren einzubringenden Stunden vorhersagen können. Gelingt das, fällt die Planung und das Festlegen von Terminen leichter.
"Clevere Projektmanager haben ein unmittelbares, implizites Bewusstsein für die verfügbaren Kapazitäten um sie herum. Sie erkennen sofort, wenn ihre Projekte mangels Ressourcen in Schieflage geraten könnten", fügt Cousin hinzu. Außerdem würden sie von der Unternehmensleitung eher gehört als andere, weil sie Defizite exakt quantifizieren könnten.
5. Stakeholder-Management
PMs sind darauf angewiesen, mit verschiedenen Repräsentanten unterschiedlicher Unternehmensbereiche zusammenzuarbeiten. Es ist erfolgskritisch, diese Beziehungen gut zu managen. Manche Stakeholder sind beispielsweise eher risikoscheu und stehen Veränderungen tendenziell ablehnend gegenüber. Oder sie neigen zu Panik, wenn Widerstände oder Probleme auftreten. Deshalb müssen Projektchefs Einfühlungsvermögen mitbringen. Ihre Kommunikation, aber auch ihre Planungen und Schulungen sollten sie so gestalten, dass die Standpunkte aller Beteiligten adäquat berücksichtigt werden.
6. Machtinstinkt
Projektmanager müssen die Machtverhältnisse in einer Organisation kennen. Egal, ob sie es mit zehn IT-Architekten zu tun haben, die jeweils einen Teil der IT-Umgebung kontrollieren, oder mit zehn Führungskräften, die für verschiedene Unternehmensbereiche zuständig sind: PMs müssen wissen, wer in welchen Bereichen die Ansagen macht.
"Ein kluger Projektmanager gibt diesen Leuten den Freiraum, den sie brauchen", sagt Cousins. Dabei ist es hilfreich, den Einfluss dieser Personen genau einschätzen zu können und zu wissen, wer genügend Autorität besitzt, um die anderen dazu zu bringen, sich hinter das Projekt zu stellen. Mit anderen Worten: Gute Projektmanager sind bis in die Führungsebene vernetzt und haben dort Fürsprecher.
7. Tool-Auswahl
PMs verwenden unterschiedliche Methoden, um ein Vorhaben voranzutreiben, Risiken zu kontrollieren und den Fortschritt zu messen. Dazu brauchen sie Softwaretools. Jedes Werkzeug hat seine Vor- und Nachteile, und je nach Situationen kann mal das eine, mal das andere Produkt die bessere Wahl sein. Entscheidend ist, dass Projektverantwortliche auf dem Laufenden sind und das Angebot kennen. Auch an der Toolauswahl kann sich entscheiden, wie schnell Fortschritte erzielt und Ziele erreicht werden (lesen Sie auch: Diese Projekt-Management-Tools sind die besten).
8. Übersinnliche Begabung …
… brauchen Projektmanager zwar nicht, aber sie sollten schon ein wenig um die Ecke sehen und mögliche Szenarien und Verläufe abschätzen können. So können sie etwa einen Notfallplan entwickeln oder zusätzliche Ressourcen bereitstellen, um in schwierigen Phasen auf Kurs zu bleiben. Wissen die Verantwortlichen frühzeitig, wenn ein Meilenstein verpasst zu werden droht, haben sie Zeit gegenzusteuern und nötigenfalls das Management vorzubereiten.
9. Anerkennung zollen
Gute Projektmanager nutzen das Wissen und die Fähigkeiten ihrer Teams und scheuen sich nicht, das auch zum Ausdruck zu bringen. Ganz sicher erliegen sie dabei aber nicht der Versuchung, sich mit fremden Federn zu schmücken. Im Gegenteil: Sie zollen bereitwillig Anerkennung für gute Arbeit - im Team und auch gegenüber anderen Stakeholdern und dem Management.
10. Motivation statt Druck
In Projekten arbeiten Menschen aus verschiedenen Unternehmensbereichen zusammen, für die Projektleiter oft keine direkte Führungsverantwortung haben. Doch letztlich entscheidet der inhaltliche Beitrag aller Beteiligten über Erfolg und Misserfolg. Deshalb brauchen PMs besondere Motivationsfähigkeiten, sie müssen begeistern können.
Es gilt, Stakeholder, Sponsoren und Mitarbeitende immer wieder davon zu überzeugen, ein Vorhaben voranzubringen, auch wenn sich Umfang und Zielsetzung ändern oder Hindernisse auftreten sollten. Die Fähigkeit zu motivieren, setzt voraus, dass der Projektmanager allen Beteiligten Respekt entgegenbringt. Dabei muss er sicher sein, dass das Projekt sinnvoll ist und trotz zu erwartender Schwierigkeiten und Rückschläge einen Mehrwert bieten wird.
11. Überzeugung
Erstklassige PMs glauben an ihre Aufgabe und begleiten ein Projekt von der Initiierung bis zum Abschluss - oft sogar darüber hinaus. Dieses Verantwortungsgefühl trägt entscheidend dazu bei, gute Ergebnisse zu erzielen. Dazu müssen die Verantwortlichen tief in alle professionellen Aspekte des Projekts eingebunden und nahe an den Mitarbeitenden sein.
12. Lernen aus Fehlern
Nobody is perfect, nicht alles in einem Projekt wird ablaufen wie geplant. Deshalb müssen Projektmanager mit Fehlern rechnen und mit Rückschlägen umgehen können. Alphatiere, die immer Recht haben wollen und ihre Fehler nicht erkennen, können auch nicht daraus lernen. "Integrität, Entschlussfreudigkeit, ein gutes Urteilsvermögen, Visionskraft und Vertrauen in die eigene Kompetenz" - das sind wichtige Merkmale guter Projektmanager, sagt Paul Dillon, Gründer von Dillon Consulting Services.
13. Effektiv kommunizieren
Gute Projektmanager sind Kommunikatoren. Das bedeutet nicht nur, dass sie hervorragende Moderatoren, Redner oder Autoren sind, sondern auch, dass sie zuhören können. Die besten Manager sind aktive Zuhörer. Sie verstehen nicht nur, was gesagt wird, sondern können es auch direkt in jeweiligen Kontext einordnen.
Sie hören sich die Ansichten anderer genau an und berücksichtigen deren Erfahrungen und Kenntnisse. So verschaffen sie sich immer wieder ein vollständiges Bild des Geschehens und können Konflikten vorbeugen, Risiken verringern und die Wahrscheinlichkeit des Projekterfolgs erhöhen.
14. Ein Gemeinschaftsgefühl schaffen
Hervorragende PMs können Menschen für sich einnehmen. Das ist auch deshalb wichtig, weil sie meist ein Team führen, dass ihnen hierarchisch nicht unterstellt ist. Die Mitglieder haben konkurrierende Aufgaben und Prioritäten, manchmal auch ein abweichendes Verständnis von den Projektzielen. Es liegt also in der Verantwortung des Projektleiters dafür zu sorgen, dass alle an einem Strang ziehen und wissen, wohin es gehen soll.
Dazu ist es wichtig, ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen, damit alle bereit sind, auf das erklärte Ziel hinzuarbeiten. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass der Projektleiter für sein Team Beziehungen mit anderen Unternehmensbereichen knüpft, um Prozesse zu beschleunigen oder mögliche Hindernisse zu umschiffen. Engagiert er sich offensiv für sein Projekt, wird das im Team und auch außerhalb positiv wahrgenommen.
15. Beziehungen pflegen
Die besten PMs schaffen es, ein gutes Verhältnis zu allen Mitarbeitenden im Team aufzubauen - auch in kurzlebigen Projekten. Sie wissen, dass dies ein Schlüssel zum Erfolg ist. "Ist das Verhältnis untereinander gut, entsteht ein gemeinsames Verständnis", erklärt IT-Projektmanagerin Krista Phillips. Das setzt voraus, dass man alle an den wichtigsten Informationen teilhaben lässt, die sich auf das Vorhaben auswirken können. Gelingt es, gute Beziehungen aufzubauen, wird es einfacher Unterstützung in schwierigen Situationen zu bekommen, außerdem werden die Mitarbeiter dann auch die Extrameile gehen und gegebenenfalls auch mal eine Zusatzschicht einlegen, um erfolgreich zu sein.
16. Das Team vorbereiten und mitreißen
Wer eine Reise unternimmt, will vorher wissen, wohin es geht und was ihn auf dem Weg möglicherweise erwartet. Das ist bei Projektteams nicht anders. Erfahrene Projektmanager werden ihr Team auf diese Reise vorbereiten. Sie legen nicht nur Meilensteine und Zeitpläne fest, sondern beschreiben auch, wo Herausforderungen warten, wo das Team voraussichtlich auf zusätzliche Unterstützung angewiesen sein wird, wann gefeiert werden kann und vieles mehr. Die Projektverantwortlichen sollten also alle Vorbereitungen treffen, um genau beschreiben zu können, was vor dem Team liegt.
17. Erfahrung
Das Ansehen von Projektmanagern steigt oft mit ihrer Erfahrung. Die meisten Situationen, die in einem Projektverlauf auftreten können, sind den alten Hasen schon bekannt, ebenso Schwierigkeiten und Widerstände. Haben sich die PMs den Ruf eines gestandenen Projektprofis erst einmal erarbeitet, können sie das als Vorteil nutzen. Mit dem Verweis auf frühere Erfolge finden sie schneller Mitstreiter für ihre Vorhaben und können Menschen mit dem Verweis auf ihre Erfahrung Sicherheit geben.
18. Change-Management
Veränderungen sind für viele Menschen ein Störfaktor im betrieblichen Alltag, auch das Projektmanagement leidet darunter. Umso wichtiger ist es, dass Verantwortliche auf den Change vorbereiten und ihre Pläne so gestalten, dass genügend Spielraum für den Wandel vorhanden ist. PMs sollten auch erkennen, wann es sinnvoll ist, mit Experten für Change-Management zusammenzuarbeiten. Die Mitarbeitenden müssen die Chance bekommen, sich an Veränderungen anzupassen und auf einen neuen Status quo vorzubereiten.
19. Ausgeglichenheit
Die besten Projektmanager zeigen auch unter Druck keine Anzeichen von Panik, Wut oder Verzweiflung. Sie bewahren einen kühlen Kopf. Probleme können immer auftreten, auch bei gut geplanten Vorhaben. Vor Rückschlägen sind auch hochqualifizierte Projektleiter niemals sicher. Deshalb ist es wichtig, jemanden an der Spitze zu haben, der rational agiert und selbst in stressigen Projektphasen locker bleibt.
20. Die Grauzone aushalten
Gute Projektmanager unterscheiden sich auch darin von schlechten, dass sie es ertragen, in einer Grauzone zu arbeiten. In den meisten Vorhaben, unabhängig von Art, Branche, Größe oder Komplexität, gibt es externe Zwänge, Komplexität, Einschränkungen, Konflikte und Unklarheiten. Verantwortliche müssen erkennen, wann ein Projekt in Schwierigkeiten gerät und was diese verursacht. Sie dürfen sich durch Verzögerungen, Budgetkürzungen oder Krisen nicht aus der Ruhe bringen lassen. Dazu brauchen PMs fachliche und menschliche Kompetenz gleichermaßen. Schaffen sie es, mit unklaren Rahmenbedingungen fertig zu werden und in der Grauzone zu arbeiten, sind sie besonders effektiv. (hv)