Motivation in Eigenregie

20 Jahre im Job - wie bleibe ich motiviert?

02.04.2024 von Oliver Erbe
Mit den Jahren bewirken die Routinen des Berufsalltags bei Arbeitnehmern oft Motivationsverluste. Wie Sie gegensteuern und sich im Job neu motivieren, lesen Sie hier.
Wer Symptome beruflicher Demotivation entwickelt oder zeigt, kann durch gezieltes Hinterfragen seiner Haltung sowie Fähigkeiten frische Motivationskraft schöpfen.
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Die heutige Arbeitswelt ist unter anderem geprägt durch Veränderungen, Unplanbares, Komplexität und Mehrdeutigkeiten. Um damit umgehen zu können, sind neue Kompetenzen gefordert. Mentale Agilität ist ein Skill, der für Führungskräfte und Mitarbeiter unverzichtbar ist, um nicht jedes Mal viel Energie investieren zu müssen, wenn sich etwas anders entwickelt als geplant.

Aber was kann ich machen, wenn ich damit nach 20 Jahren im Unternehmen nicht so einfach klarkomme? Oder wenn ich feststelle, nicht für jede Veränderung offen zu sein sowie Abwehr und Widerspruch in mir zu fühlen? Hinzu kommt vielleicht noch, bei neuen Projekten nicht dabei zu sein, weil anderes Wissen und Fähigkeiten gefragt sind oder das Reaktionsvermögen im Arbeitsalltag schwindet. Kurzum, wenn ich merke, dass meine Motivation nachlässt und es keinen Spaß mehr macht?

Motivation - es gibt viele Stellschrauben

Ich nutze im Coaching gerne das FiRE-Modell (Factors improving Resilience Effectiveness®), um meine Klienten dabei zu unterstützen, sich bezogen auf Elemente wie Haltung, mentale Agilität oder Sinn zu reflektieren. Basierend auf einer Vielzahl unterschiedlicher Studien, schlägt dieses Modell verschiedene Handlungsfelder vor, die Einfluss auf unsere aktuelle Verfassung und Stimmung haben.

Viele der Coachees - also die Personen, die ein professionelles Coaching in Anspruch nehmen - haben daraufhin mit unterschiedlichen Zutaten und Dosierungen ihre individuellen Rezepte erstellt - mit der Zielsetzung, eine neue Klarheit für ihre aktuelle Lebensphase zu entwickeln: nämlich idealerweise motiviert und sogar stolz wieder zur Arbeit zu gehen und dabei Spaß zu haben.

Einige dieser "Zutaten" stelle ich hier kurz vor.

1. Wie blicke ich auf die Situation?

Stellen Sie sich die Frage: Wie ist meine Haltung zu neuen Inhalten, Prozessen, etc.? Oder: Das Lernen neuer Themen ist zwar bis ins hohe Alter möglich, es wird mir aber schwerfallen, wenn ich ablehne und mich verschließe? Nehmen Sie dabei selbst wahr, wie sie reagieren. Man kann seine Haltung bewusst in Frage stellen und dadurch ändern. Das gelingt nicht sofort, aber über ein paar Wochen. Nehmen Sie sich vor neugierig und interessiert zu sein, statt zu kritisch und abwehrend. Das wird anfangs schwerfallen, aber immer leichter werden - wie ein Muskel, den Sie trainieren.

2. "Ja und" statt "Nein"

Vielleicht werden Sie auch aufgrund Ihrer Erfahrung einige Situationen erleben, in denen Sie eine angekündigte Veränderung sehr kritisch sehen und auch Gründe dafür kennen, warum sie nicht optimal ist. Wie reagieren Sie dann? Nutzen Sie Ihre Erfahrung und bringen Sie sie ein. Eine gute Art der Kommunikation wäre mit einem "Ja und…" zu starten. Zum Beispiel: Ja, ich kann verstehen, was der Hintergrund dieser Veränderung ist UND wenn wir XY beachten, wird es funktionieren.

Sind es Themen, die Sie nicht beeinflussen können, überlegen Sie, wie viel Energie und Ärger Sie investieren wollen und wie effektiv das ist? Wo fehlt diese Energie gegebenenfalls? Setzen Sie Energie nur dort ein, wo es sinnvoll ist.

3. Wann bin ich im Flow?

Wissen Sie, bei welcher Tätigkeit Sie so richtig im Flow sind, das heiß, bei dieser Tätigkeit viel Energie zu verspüren und die Zeit zu vergessen? Was machen Sie in diesem Moment? Welches Thema bearbeiten Sie? Welche Technik nutzen Sie? Mit wem arbeiten Sie dabei zusammen? Wo sind Sie in diesem Moment?

Vielleicht ist es möglich, dass diese Tätigkeit häufiger und länger stattfindet - oder Bestandteile davon. Was müssten Sie dafür tun, wen dafür ansprechen? Versuchen Sie wo möglich, Ihre Arbeitsinhalte selbst zu gestalten.

4. Was motiviert mich?

Es gibt unterschiedliche Motivationsgründe, die uns antreiben, etwas mit mehr oder weniger Freude und Energie zu tun. Welche, erfahren Sie in der folgenden Bildergalerie:

10 Faktoren für die eigene Motivation
Was uns im Job motiviert
Es gibt unterschiedliche Motivationsfaktoren, die jeden von uns mehr oder weniger antreiben, etwas mit Freude und Energie zu tun. Business Coach Oliver Erbe nennt zehn dieser Faktoren.
1. Anerkennung
Es tut uns gut, unsere Wirksamkeit zu spüren und Wertschätzung dafür zu erfahren.
2. Wissensdurst
Persönliche Weiterentwicklung treibt viele an, das heißt, sein Wissen und seine Fähigkeiten kontinuierlich zu erweitern.
3. Perfektionierung
Projekte, Produkte und Ideen zu einer richtig guten Lösung zu führen, kann uns begeistern.
4. Ordnung
Dinge, die eher chaotisch erscheinen, in eine funktionierende Ordnung zu bringen, ist für viele eine erfüllende Zielsetzung.
5. Status
Die Fragestellung, wie die eigene Position im Vergleich zu anderen ist, empfinden viele als Motivation, sich zu engagieren.
6. Freiheit
In meiner Tätigkeit Freiheiten zu besitzen oder sie mir zu schaffen, kann motivierend sein.
7. Einfluss
Viele befriedigt es, auf Entwicklungen Einfluss ausüben zu können und bei Richtungsentscheidungen involviert zu sein.
8. Ehre
Der Stolz zum Beispiel bei einer bestimmten Entwicklung oder einer bekannten Marke dabei zu sein, gibt vielen Energie.
9. Verbundenheit
Eine Gemeinschaft zu finden, in der man sich wohlfühlt, kann sehr erfüllend sein.
10. Sinnerfüllung
Kann ich in meinem Job einen Zweck oder einen tieferen Sinn erfüllen? Je klarer diese Frage bejaht wird, desto motivierter ist man.

5. Wie ist meine Positionierung?

Was treibt Sie an? Was können Sie in Ihrem aktuellen Job priorisieren, um die eigenen Motivatoren besser zu erfüllen?

Überlegen Sie sich einmal, wie Sie im Unternehmen wahrgenommen werden wollen. Wofür wollen Sie stehen und womit in Verbindung gebracht werden? Ein Beispiel aus meiner Coaching-Praxis war ein Fall, in dem der Coachee sich bezüglichvieler technischer Veränderung abgehängt fühlte. Er wurde nicht mehr als der Experte wahrgenommen, der er einmal war. Sein Expertentum hatte sich verschoben. Er war jetzt der Netzwerker und Verbinder. Kollegen und Mitarbeiter schätzten sein wertvolles Netzwerk und ihn als kompetenten Ansprechpartner, wenn es darum ging, die richtigen Leute zu adressieren. Diese Klarheit über seine neue "Positionierung" half ihm, seine aktuellen Stärken zu sehen und sich neu zu motivieren.

In einem anderen Beispiel positionierte sich der Coachee als "väterlicher Freund und Berater". Mit väterlich ist gemeint, Werte vorzuleben, helfend und beratend zur Verfügung zu stehen und sich darum zu kümmern, dass das Team sich wohlfühlt - eine wichtige Voraussetzung für Erfolg.

Wie ist Ihre Positionierung der Vergangenheit? Hat sich etwas geändert? Wie wollen Sie heute gerne wahrgenommen werden?

Sind Sie motiviert, sich zu motivieren?

Sind für Sie Zutaten dabei gewesen, die Sie in der für Sie passenden Dosierung für Ihr Motivationsrezept einsetzen können? Haben Sie die Motivation, das Rezept umzusetzen? Stellen Sie sich einmal vor, Sie gehen voller Energie, Spaß und Motivation zur Arbeit. Wie fühlt sich das an? Lohnt es sich nicht, in diese Richtung so viele Schritte zu gehen wie möglich? Jeder Schritt hilft.

Tipps zur intrinsischen Motivation der Mitarbeiter
Wie Führungskräfte motivieren
Mitarbeitermotivation bedeutet nicht nur, materielle Anreize für erbrachte Leistungen in Aussicht zu stellen. Eine langfristige Produktivität und Zufriedenheit der Beschäftigten fußt vielmehr auf einer starken intrinsischen Motivation der Beschäftigten durch die Führungskräfte.
Sinnhaftigkeit des Unternehmens vermitteln
Was ist der Sinn des eigenen Unternehmens und warum gibt es den Betrieb? Auf diese Fragen eine befriedigende Antworte zu geben, schafft Sinnhaftigkeit bei allen Beschäftigten.
Sinnlosigkeit vermeiden
Damit Mitarbeiter bis in die Haarspitzen motiviert sind, müssen Führungskräfte darauf achten, dass ihnen der Sinn nicht genommen wird. Da Sinn eine subjektive Einstellung ist, kann eine Führungskraft ihn nicht direkt übertragen. Ein Vorgesetzter kann aber sehr wohl direkt dazu beitragen, eine Tätigkeit als nicht mehr erfüllend oder sinnlos zu erleben.
Sinnstiftende Mitarbeiterführung
"Sinn ist immer subjektiv, er entsteht aus unseren Beziehungen zu anderen Menschen, zu bestimmten Dingen, zu unserem Tun", sagt Reinhold Messner. Daher ist es Aufgabe der Führungskraft, Mitarbeiter dabei zu helfen, Sinn zu finden. Die Identifikation mit der Tätigkeit wird dadurch gestärkt.
Auf allen Ebenen motivieren
Wer Mitarbeitermotivation möchte, muss Sinn stiften. Dieser Grundsatz darf aber nicht nur für einzelne Führungskräfte im Unternehmen gelten. In der DNA des Betriebs ist dieser Ansatz auf jeder Organisationsebene zu verankern.
Für Selbstbestimmung und Autonomie sorgen
Selbstbestimmung und Autonomie sind zentrale Faktoren für intrinsische Motivation.