Herr Schubert, mit einer Performance von mehr als 80 Prozent seit Anfang des Jahres gehört die Aktie von Blue Cap zu den besten Titeln aus dem Bereich Beteiligungsgesellschaften. Bevor wir ins Detail einsteigen: Was waren aus Ihrer Sicht die wesentlichen Kurstreiber 2017?
Hannspeter Schubert: 2017 war für Blue Cap in allen Gesellschaften ein gutes Jahr, aber für Blue Cap als Gruppe waren natürlich der Einstieg bei Neschen und der Verkauf von Biolink, der bei uns zu einem erheblichen Ertrag geführt hat, wegweisend.
Der Abschluss der Neschen-Transaktion liegt nun fast genau zwölf Monate zurück. Wo steht Neschen jetzt und was waren die wesentlichen Herausforderungen?
Hannspeter Schubert: Wir sind sehr zufrieden mit der Akquisition von Neschen. Die jetzigen Zahlen liegen innerhalb der Planung, teilweise sogar drüber. Bei Neschen ging es im Prinzip darum, Hausaufgaben aus der Vergangenheit zu erledigen - insbesondere bei der Personalrestrukturierung. Dieser Part ist weitgehend abgeschlossen. Darüber hinaus werden wir zwei Werke zusammenlegen und damit effizienter werden. Den Standort in Bückeburg bei Hannover wollen wir damit bestätigen und zeigen das unter anderem auch dadurch, dass wir hier Erweiterungsfläche von der Stadt gekauft haben.
Wesentlich für die Beurteilung von Neschen ist, dass wir auch die Filmolux-Gruppe mitgekauft haben. Das sind fünf unabhängige Handelshäuser, die unter dem Namen Filmolux agieren, in Zukunft aber der Nukleus für eine europäische Handelskette sein sollen, die unter anderem Artikel von Neschen - also Selbstklebeprodukte sowie Angebote zum Schutz und zur Veredelung von Bildern -, aber auch anderen Premiumanbietern verkauft. Dazu haben wir jetzt die organisatorischen Weichenstellungen getroffen. Wir sehen damit insgesamt Neschen in 2018 auf einem deutlichen Wachstumspfad.
Neschen kam damals aus einer Insolvenz. War die Gesellschaft zum Zeitpunkt Ihres Einstiegs noch ein klassischer Sanierungsfall?
Hannspeter Schubert: Es war insoweit ein Sanierungsfall, als viele unternehmerische Entscheidungen nicht getroffen und aufgeschoben worden sind. Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten waren stark verunsichert und auch dem Bereich Forschung und Entwicklung fehlte die Nachhaltigkeit. Mit entsprechenden Maßnahmen ist es uns sehr gut und sehr zeitnah gelungen, diesen Zustand aufzulösen. Insofern war es höchste Zeit, dass für Neschen eine Lösung gefunden wurde.
Zweites wichtiges Ereignis war der Verkauf von Biolink, einem Unternehmen aus dem Bereich Industrieklebebänder. Warum eigentlich der Verkauf? In der Regel hält Blue Cap doch langfristig an seinen Beteiligungen fest.
Hannspeter Schubert: Stimmt. Normalerweise stellen wir unsere Unternehmen nicht zum Verkauf. Allerdings hindert das strategische Investoren natürlich nicht daran, bei uns anzuklopfen und sich für das ein oder andere Beteiligungsunternehmen zu interessieren. Und bei den aktuellen Bewertungen sind wir auch im Sinne unserer Aktionäre dazu aufgerufen, die Offerten zu prüfen.
Im konkreten Fall war es so, dass wir Biolink durch einen neuen Produktionsstandort und einen Ausbau der bestehenden Organisation ursprünglich selbst auf Wachstumskurs bringen wollten. Allerdings ist uns diese Zukunftsvision durch das Kaufpreisangebot von Saint Gobain mehr als vergütet worden. Daher haben wir uns gemeinsam mit dem Management und dem Gründungsgesellschafter dazu entschieden, das Unternehmen zu verkaufen. Am Ende haben wir das Thema für die Aktionäre von Blue Cap sehr profitabel abgeschlossen und sind auch sechs Monate später noch sehr zufrieden mit der Entscheidung.
Gab es seit dem schon weitere Anfragen von strategischen Investoren oder sind Verkäufe von Beteiligungsunternehmen jetzt erstmal vom Tisch?
Hannspeter Schubert: Biolink war ein besonders guter Fall. Da hat alles gepasst. Aber noch einmal: Grundsätzlich halten wir an unseren Beteiligungen fest.
Eine Transaktion, die in der Börsenszene besonders lebhaft diskutiert wird, ist der Ende September erfolgte Einstieg bei Greiffenberger. Hier habe Sie eine Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung komplett gezeichnet. Eigentlich eine völlig untypische Transaktion für Blue Cap.
Hannspeter Schubert: Das ist prinzipiell richtig. Wir haben Greiffenberger, beziehungsweise deren operativ tätige Tochter J.N. Eberle & Cie., schon länger beobachtet. Und ja: Grundsätzlich sind wir an dem, was die Firma Greiffenberger nach dem Verkauf der Antriebstechnik ausmacht interessiert und haben daher den Einstieg über die Kapitalerhöhung vollzogen. Dafür waren wir auch bereit, beim Preis von 2,33 Euro eine strategische Prämie zu zahlen. Jetzt werden wir uns den weiteren Verlauf des Unternehmens erst einmal ansehen, zumal die jüngsten Bewertungen von den Fundamentaldaten des Unternehmens vollständig abgekoppelt waren.
Wie könnte der Plan bei Greiffenberger aussehen?
Hannspeter Schubert: Nun: Normalerweise hat Blue Cap eher das Geschäftsmodell, Unternehmen zu restrukturieren und langfristig in positives Fahrwasser zu bringen. In der gegenwärtigen Struktur erscheint uns das aber eher schwierig, zumal Greiffenberger und auch Eberle unter erheblichen Altlasten aus der Historie leiden und es nur langfristig gelingen wird, diese aufzulösen.
Greiffenberger ist für Sie auch insofern eine Besonderheit, weil sich Blue Cap bislang nicht an börsennotierten Unternehmen beteiligt hat.
Hannspeter Schubert: In dem konkreten Fall ist es ein - sagen wir mal - "plus". Wir sind eher am operativen Geschäft interessiert als an der Börsennotiz. Wir wissen aber sicherlich damit umzugehen, da wir selbst börsennotiert sind. Inwiefern sich daraus zusätzliche positive Effekte ergeben, müssten wir dann sehen. Dazu lässt sich noch keine Aussage treffen, es wird auch wesentlich davon abhängen, welchen Restrukturierungs- und Kapitalbedarf die Gesellschaft am Ende hat
Hat die Transaktion womöglich in erster Linie eine steuerliche Motivation?
Hannspeter Schubert: Na ja, die Greiffenberger-Gruppe hat natürlich entsprechende Verlustvorträge aus der Vergangenheit. Aber die sind auch nur so zu bewerten, wie sich Erträge in der Zukunft erwirtschaften lassen. Und genau das müssen wir uns jetzt anschauen, wozu die Gesellschaft künftig in der Lage ist. Zudem gibt es bei der Bewertung der Verlustvorträge noch das ein oder andere Risiko in der Rechtsprechung, so dass wir auch aus diesem Grund nicht ausschließlich auf den Verlustvortrag abstellen.
Passt Eberle denn rein operativ in Ihr jetziges Portfolio?
Hannspeter Schubert: Wie Sie wissen, investieren wir hauptsächlich in mittelständische produzierende Nischenunternehmen. Insofern passt Eberle mit seinen Produkten Metallbandsägeblätter und Präzisionsbandstahl als alteingesessenes Unternehmen gut zu uns. Das Kerngeschäft ist in Ordnung, aber im Wesentlichen geht es darum, das Unternehmen profitabler und zukunftsorientierter auszurichten. Die Vision dazu hätten wir.
Wie schätzen Sie den Branchenmix Ihres aktuellen Portfolios ein?
Hannspeter Schubert: Wir sind in den Bereichen Produktionstechnik, Klebstoffe & Beschichtung sowie Medizin- & Messtechnik investiert. Wenn wir das Portfolio justieren, würden wir sicherlich weniger in den Anlagenbau gehen und eher in größere Unternehmen mit einem mindestens zweistelligen Millionen Euro Umsatz. Was derzeit sehr gut läuft, sind Medizin- & Messtechnik, weil dort die Qualitätsanforderungen immer größer werden und diese Sektoren relativ konjunkturunabhängig sind. Auch den Ausbau unserer Klebstoffexpertise wollen wir vorantreiben.
Wie entwickelt sich die vor knapp einem Jahr gekaufte Gold- und Silberscheideanstalt Carl Schaefer?
Hannspeter Schubert: Carl Schaefer aus Pforzheim ist auf einem organischen Wachstumskurs und wir freuen uns, dass wir - zwei Jahre nach der Insolvenz - sehr viel Vertrauen zurückbekommen haben. Die Kompetenz von Carl Schaefer, Edelmetalle zu analysieren und zu bewerten, ist im Markt anerkannt. Wir sehen weiteres Potenzial was den Vertrieb von Altgold angeht, aber auch in unserem neuen Produkt: eigene Investmentgoldstücke zwischen 1 und 50 Gramm aus eigenem Gold - geprägt mit dem Logo von Carl Schaefer und individualisiert -, die wir im kommenden Jahr platzieren wollen.
Rückblickend betrachtet: Hat sich das Engagement von Blue Cap bei Carl Schaefer so entwickelt, wie von Ihnen gedacht?
Hannspeter Schubert: Ich bin mit der Akquisition sehr zufrieden, auch wenn sich die Dinge etwas langsamer als gedacht, entwickelt haben. Wir sind zunehmend breiter aufgestellt im Markt und haben eigentlich nur einen Trend: und der zeigt nach oben. Je mehr Menge wir einsammeln, desto profitabler werden wir. Fakt ist aber auch: Der Einstig ins Goldgeschäft ist insgesamt nicht einfach. Wir haben jedoch eine der etabliertesten übernehmen können und es ist auch unser Interesse, dass wir eine entsprechende Diversifikation in unserem Portfolio darstellen können.
Welche Ziele hat sich Blue Cap für 2018 gesetzt?
Hannspeter Schubert: Wir werden auf jeden Fall ein Wachstum im Bestandsportfolio sehen. Insgesamt halte ich es für realistisch, dass wir einen Umsatz von knapp 150 Mio. Euro erzielen können. Liquiditätsmäßig sind wir sehr gut ausgestattet und werden daher auch neue Akquisitionen prüfen. Das Geschäftsmodell ist nach wie vor attraktiv. Auch der Aktienkurs hat sich positiv entwickelt. Und es gibt keine Gründe, warum das nicht in Zukunft auch so sein sollte.
Sie sind im Frühjahr in das neue Börsensegment der Deutschen Börse AG, den Scale, gewechselt. Wie lautet hier Ihr vorläufiges Fazit?
Hannspeter Schubert: Wir haben sämtliche Voraussetzungen für den Scale erfüllt, sehen für uns aber noch keinen wesentlichen Mehrwert gegenüber dem Vorgängersegment Entry Standard. Dementsprechend neugierig sind wir, was sich von Seiten der Deutschen Börse noch ergibt, um das doch sehr heterogene Segment Scale weiter zu profilieren. Als Münchner Unternehmen sind wir nach wie vor sehr zufrieden mit dem m:access der Bayerischen Börse und werden unsere dortige Notierung auch weiterhin pflegen. Dennoch: Wir hoffen, dass der Scale sichtbarer wird für internationale Investoren. Zu gegebener Zeit werden wir auch prüfen, ob ein Upgrade in den Geregelten Markt für uns sinnvoll wäre. (dpa/ad)