Als Microsoft im Jahr 2001 den Begriff Tablet-PC und kurz darauf Stift-basierte Endgeräte einführte, ahnte kaum jemand, welcher Hype sich um diese Gerätekategorie einst entwickeln würde. Erst Apple entfachte mit der Einführung des iPads Anfang 2010 die nicht immer leicht zu verstehende Hysterie um Computer, die weniger können als Laptops, sich aber leichter transportieren lassen.
Der Hype hat längst auch die Unternehmen erreicht, wenngleich nicht einmal Apple von der Business-Tauglichkeit seines iPads sprechen möchte. Auch honorige Hardware-Hersteller lassen sich von der Hysterie anstecken und geben beinahe täglich bekannt, dass auch sie, demnächst, wenn auch anders, Touch-PCs auf den Markt bringen werden. Manche, wenn auch wenige, lassen diesen Ankündigungen sogar Geräte folgen.
Die Marktforscher von Forrester Research sind sich indes sicher, dass diese "Post-PC-Geräte" ihren Platz in den Unternehmen finden werden. Wo genau das sein wird, versucht Forrester-Analyst Ted Schadler in seinem Report "How iPads Enter The Workforce" zu ergründen.
Es gebe keinen Grund, ein Blatt vor den Mund zu nehmen, startet Schadler in seinem Report eine echte Eloge auf Apple: Das iPad habe neu definiert, was Tablet-PCs zu tun in der Lage seien. Mit einem Akku, der einen ganzen (Arbeits-) Tag hält, einem verführerischen Formfaktor und dem rasch anwachsenden Angebot an Business-tauglichen Anwendungen habe das iPad Konsumenten und Beschäftigte gleichermaßen gefangen genommen, so der Forrester-Analyst.
Aber auch die von Forrester präsentierten Zahlen sprechen für sich: So hat Apple schon bis Juni rund drei Millionen Pads verkauft. Bis Jahresende, glaubt Forrester, wird diese Zahl noch auf 13 Millionen anwachsen. Jede dritte IT-Abteilung, haben die Marktforscher durch Umfragen in Unternehmen herausgefunden, plant die Produktion eigener Tablet-Apps. 43 weitere Prozent haben zumindest Interesse daran bekundet. Nur ein Viertel zeigt sich derzeit lustlos.
Ersetzen, verdrängen, neu besetzen
Für die Unternehmen, die mit dem iPad arbeiten möchten, definiert Forrester drei Kategorien: "displace, replace, new place", auf Deutsch etwa "verdrängen, ersetzen, neu besetzen". Ersetzen könne das iPad beispielsweise Laptops, die in Konferenzen oder auf Kurztrips eher unhandlich seien. Da sei das iPad viel transportabler und eigne sich daher gut für solche Szenarien. An solchen Einsätzen arbeiten Forrester zufolge die meisten Unternehmen.
Verdrängen könnte das iPad traditionelle, papiergebundene Arbeitstechniken. Meist finden solche Tätigkeiten weit entfernt von PCs und Laptops statt, in Meetings, im Kundengespräch, beim Verkauf, in der Produktion oder auf Baustellen. Tablets können das ändern: Sie sind mobil, haben Verbindung zu Firmennetzen und lassen sich für die meisten der dort gemachten Arbeiten verwenden.
Das iPad könnte aber auch neue Arbeitsgebiete erschließen, dort, wo bisher überhaupt noch keine Rechner zu sehen waren. Forrester hält das für die am meisten versprechende Kategorie, wenngleich es an konkreten Szenarien in der Studie ein wenig mangelt. So muss für den Moment das Beispiel eines Spendensammlers reichen, der mitten im Läuferfeld unter den Teilnehmern eines Rennens mithilfe seines 3G-iPads und eines Webformulars 1.400 US-Dollar für soziale Zwecke gesammelt hat. Originell ist das; aber, glaubt man Forrester, bleibt es das nicht mehr lange.
Es sei vielleicht noch etwas früh für diese Art radikalen Umdenkens, relativiert Forrester seinen eigenen Pioniergeist gleich wieder. Aber der Analyst ist sich sicher, dass es schon bald Dutzende von weiteren Beispielen geben werde. So laufe derzeit beim Versicherer Lloyds in London ein Pilotprojekt, mit dem die Broker direkt vom Parkett aus Verträge abschließen können. Ein Krankenhaus im US-Bundesstaat Connecticut probiere, wie Ärzte mit dem iPad die Patientenakten führen oder über eine Datenbank Konflikte bei Medikamentierungen erkennen können. Der japanische Lösungsanbieter Gotanda Denshi schließlich lässt seine Einzelhändler mit iPads arbeiten, damit sie Kundenbestellungen gleich vor Ort aufnehmen können. Die ersten Ergebnisse deuteten gestiegene Produktivität und Bestellmengen an, heißt es in der Studie.
Weil das Geläuf aber noch nicht flächendeckend mit ausgetretenen Pfaden dienen kann, skizziert Forrester in der Studie drei mögliche Business Cases fürs iPad, von denen nur der erste gar keiner ist: Wenn die Mitarbeiter mit ihren eigenen Geräten kommen, dann lohnt es sich auf jeden Fall.
Business Cases fürs iPad
1) Außendienstmitarbeiter tauschen ihren Laptop gegen Heim-PC und iPad. Kein Problem ist es, wenn ein Außendienstmitarbeiter auf den neuen Laptop verzichten und stattdessen lieber ein iPad für unterwegs und einen Home-PC für alles andere haben möchte. Die Kosten für dieses Doppel, so Forrester, seien wesentlich geringer als für einen Highend-Laptop.
2) Pharmaverkäufer nutzen das iPad anstelle von umfangreichen gedruckten Medikamentenverzeichnissen. Die US-amerikanische Behörde für Lebensmittel- und Arzneimittelsicherheit verpflichtet Hersteller dazu, sämtliche Dokumentationen eines Medikaments zu vernichten, wenn es Änderungen in der Rezeptur gibt. Das kann - zugegebenermaßen nur in den USA - pro Medikament leicht Kosten von bis zu 100.000 US-Dollar verursachen. Verfügen die Verkaufsteams über Tablet-PCs mit jeweils aktuellen Materialdaten, spielt das die nötigen Hardware- und App-Entwicklungskosten schnell wieder rein.
3) Einzelhändler verwenden iPads für Bestellungen ihrer Kunden direkt am Point-of-Sale (POS). Erhöhe die direkte Präsenz am POS die Produktivität auch nur um ein einziges Prozent, werde das die nötigen Investitionen in Geräte und Anwendungen schnell wieder reinholen. Das gelte, meint Forrester, speziell dann, wenn die Bestellfunktionen bereits in einem Onlineshop verfügbar sind.
Auch bei der Einführung von Tablet-PCs gibt es Forrester zufolge einige Dinge zu beachten. So sollten IT-Abteilungen klar die Szenarien kommunizieren, unter denen sich Pads sinnvoll einsetzen lassen. Wer zum Beispiel hofft, seinen Desktop-PC durchs iPad ersetzen zu können, irrt sich und sollte vorerst besser auf den Tablet-PC verzichten.
Beim Aufsetzen und Verteilen von Apps sollte sich die IT zuerst um die Basisausstattung für E-Mail, Collaboration, Produktivität und Kommunikation kümmern. Erst danach sollten die Apps entwickelt werden, die man für spezielle Szenarien benötigt.
Auf iOS, Android und HTML 5 setzen
Schließlich müssen die IT-Abteilungen einen Umgang mit der zu erwartenden Plattform-Vielfalt finden: iOS, Android, QNX, Windows Phone, WebOS, Symbian, Chrome OS. Forrester empfiehlt, sich auf iOs (iPad) und Android sowie auf HTML 5-fähige Browser zu konzentrieren. Damit sei man auf der sicheren Seite.