ProdIT, kurz für "Produktivität IT-basierter Dienstleistungen", nennt sich ein Projekt des Bundesforschungsministeriums. In dessen Rahmen haben sich die Analysten von Pierre Audoin Consultants (PAC) mit der Steuerung und Messung von IT-Services-Organisationen beschäftigt. Dafür haben sie Expertengespräche geführt, einen Workshop mit 50 Teilnehmern aus der IT-Services-Branche durchgeführt und 44 Anbieter von IT-Services befragt.
Ihr Report "Steuerung und Messung von IT-Services-Organisationen - zwischen Theorie und Praxis" kommt zu dem Fazit: "IT-Dienstleister, die die Produktivität als kritischen Wettbewerbsfaktor betrachten und nachhaltig verbessern wollen, müssen sich von alten Denkmustern verabschieden." Die Produktivität von Dienstleistungen lasse sich nicht mit klassischen Methoden messen, dafür sei das Services-Geschäft schlicht zu komplex.
Definition von "Produktivität" umstritten
Anbieter müssten bei der Produktivitätssteuerung drei Ziele beachten: Effizienz, Effektivität und ein ausgewogenes Kapazitätsmanagement. Alle drei Faktoren beeinflussen sich gegenseitig, so PAC. Die Analysten orientieren sich in diesem Punkt an den skandinavischen Experten Christian Grönroos und Katri Ojasalo.
Die Tücken dieses Sachverhalts beginnen für die Analysten aber schon früher. Bereits an einer Definition von "Produktivität" scheiden sich die Geister, schreibt PAC.
Nach dem Modell von Grönroos und Ojasalo beschreibt PAC die drei Ziele der Produktivitätssteuerung wie folgt:
Effizienz: Das Schlagwort Effizienz bezieht sich vor allem auf die Effizienz interner Prozesse, also die Fähigkeit eines Unternehmens, definierte Leistungen mit möglichst geringem Aufwand zu erstellen. Wer Prozesse standardisiert und automatisiert, kann die Effizienz steigern.
Effektivität: Dieser Punkt bezeichnet die Fähigkeit einer Firma, das Ertragspotenzial zu maximieren, also möglichst hohe Erträge für die erbrachten Dienstleistungen zu erzielen. Hier kommen die Kunden ins Spiel, denn sie beurteilen Wert und Qualität der Dienstleistung. Es geht also um die "vom Kunden empfundene Service-Qualität".
Kapazitäts-Management: Das Ressourcen- oder Kapazitätsmanagement (Capacity Efficiency) spielt im Dienstleistungsgeschäft eine besonders große Rolle. Denn Anbieter müssen flexibel auf Änderungen in der Nachfrage reagieren und Ressourcen entsprechend anpassen können.
Die Analysten geben zu bedenken, dass das Dienstleistungsgeschäft immer gesamtheitlich gesteuert werden muss. "Neben einer Prozessbetrachtung muss auch die Perspektive von Mitarbeitern, Kunden, Partnern und Gesellschaft mit einbezogen werden", schreiben sie. In dieser Branche sollte die Produktivitätssteuerung nicht allein auf die Erbringung (Delivery) ausgerichtet sein, sondern insbesondere auch Vertrieb und Marketing in die Steuerung mit einbinden.
Wann die Balanced Scorecard Sinn macht
PAC hält beispielsweise die Balanced Scorecard für geeignet. Wichtig sei aber, nicht nur die Finanzperspektive zu betrachten, sondern auch die der Mitarbeiter, der Kunden und nicht zuletzt die Perspektive der Prozesse.
Die Analysten raten, die Balanced Scorecard um das sogenannte EFQM Excellence Modell zu ergänzen. Das Kürzel steht für European Foundation for Quality Management, das Modell formuliert acht Grundprinzipien. Diese lauten:
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Ausgewogene Ergebnisse erzielen
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Nutzen für Kunden schaffen
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Mit Vision, Inspiration und Integrität führen
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Durch Mitarbeiter erfolgreich sein
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Innovation und Kreativität fördern
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Partnerschaften aufbauen
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Verantwortung für eine nachhaltige Zukunft übernehmen
Den Einsatz von Kennzahlen sieht PAC kritisch. Während der Forschungsarbeit seien die Autoren auf "mehrere hundert Maßzahlen und Performance-Indikatoren" gestoßen, die alle zur Steuerung der Produktivität beitragen sollen.
Wenn Kennzahlen schaden
In den Gesprächen mit den Praktikern der IT-Services-Branche sei Kritik an Kennzahlen laut geworden, berichten die Analysten. So erklärten ihre Gesprächspartner beispielsweise, dass zu ehrgeizige oder falsche Vorgaben bei den Kennzahlen Mitarbeiter demotivieren können.
Einige Praktiker erklärten, Kennzahlen hätten Mitarbeiter und Manager in die falsche Richtung gelenkt - anstatt die Gründe für eine schlechte Performance zu hinterfragen, seien immer mehr Anstrengungen in das Erfüllen der Kennzahlen gesetzt worden. Tatsächlich aber habe dem Unternehmen eine geeignete Strategie gefehlt.
Um es klarzustellen: Die Analysten lehnen die Arbeit mit Kennzahlen nicht grundsätzlich ab. Sie betonen jedoch, dass solche Indikatoren sehr genau ausgewählt werden müssen.
PAC empfiehlt Vorgehen in vier Stufen
Als Konsequenz aus der Analyse empfiehlt PAC ein Vorgehen in vier Stufen. Diese sind: Als erstes formulieren Entscheider ihre mittel- und langfristige Vision und leiten daraus ihre Produktivitätsziele ab. Auf dieser Basis analysieren sie zweitens Wirkungszusammenhänge und definieren konkrete Entwicklungsziele und Maßnahmen für unterschiedliche Felder und Perspektiven. Schritt drei besteht in der Auswahl geeigneter Kennzahlen. Das kontinuierliche Messen der Fortschritte liefert die Grundlage, um - als Schritt vier - die Produktivitätssteuerung ständig zu justieren.