Nach der Nachkriegsgeneration der "Baby Boomers“ (geboren zwischen 1946 und 1964) kam die "Generation X“ (zwischen 1965 und 1979): Alle sollen jeweils andere signifikante Eigenschaften besessen haben, was Lebens- und besonders Konsumgewohnheiten angeht. Die jüngsten Generationen sind die sogenannten "Millennials“ und die "Digital Natives“.
Als Millennials werden gerne jene bezeichnet, die zwischen 1980 und 2000 geboren sind, also noch vor der Jahrtausendwende, aber als erste Generation schon über umfassende digitale Erfahrungen verfügen. In Marketing-Kreisen erklärt man darüber hinaus alle jene Kids und Jugendlichen zu Digital Natives, die seit ihren Kindheitstagen mit Notebooks und Smartphones aufgewachsen sind.
Alle diese neuen Generationen sollen ganz anders sein als ihre Vorgängergenerationen. Sie leben mit und durch iPhone und iPad, Facebook, Flickr, Tumblr, lesen – wenn überhaupt – eBooks, und prinzipiell kaufen sie fast nur online ein. Soweit die Theorie.
Die Praxis sieht etwas anders aus, wie jetzt auch eine neue Studie von Accenture beweist, die den Mythen auf den Grund geht, die sich um die "Millennial Shoppers“ ranken. Ist diese Gruppe von jüngeren Konsumenten völlig anders orientiert als andere Alters- oder Käuferschichten oder sind die Unterschiede doch nur minimal?
Accenture hat hierzu 6000 Konsumenten aus acht Ländern (USA, England, Deutschland, Frankreich, Schweden, Japan, China und Brasilien) befragt, darunter 1707 so genannte Millennials. Außerdem hat man weltweit 60 Retailer kontaktiert, um ihre Ansichten über diese Käufergruppe zu erkunden.
Millennials entfalten ihre volle Marktmacht ab 2020
Allein in den USA gibt es laut Accenture etwa 80 Millionen "Millennials“. Und sie kaufen pro Jahr für rund 600 Milliarden Dollar ein. Es sind nicht nur Teenager mit ausreichend Taschengeld, sondern inzwischen auch viele junge Erwachsene in den 20ern und 30ern, die gute Jobs haben und regelmäßig verdienen. Aber ihre richtige Marktmacht werden die Millennials erst in den Jahren ab 2020 entfalten.
Dann werden sie laut Schätzungen allein in den USA pro Jahr 1,4 Billionen Dollar verkonsumieren, und ihre Gruppe wird dann 30 Prozent aller Retail-Verkäufe präsentieren. Kurz gesagt: lauter Gründe, warum der Handel in all seinen Facetten ein äußerst wachsames Auge auf diese Konsumentengruppe werfen und sie möglichst schon jetzt an sich binden sollte.
Obwohl die Millennials als Personen gelten, die die Welt durch eine digitale Brille sehen, hat Accenture viele Gemeinsamkeiten zwischen ihnen und den Vorgängergenerationen entdeckt:
Vom Show rooming zum realen Kauf im Web
Mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Befragten aus allen drei Gruppen sagten, dass sie beim Einkauf die billigste Rückgabeoption auswählen.
49 Prozent aus allen drei Gruppen geben an, dass sie "Show rooming“ praktizieren, sich also zunächst interessante Waren in einem nahe gelegenen klassischen Laden ansehen und sich dann im Internet nach dem günstigsten Preis umsehen. Diese Verhaltensweise nimmt parallel zu der immer größer werdenden Verbreitung von Smartphones von Jahr zu Jahr zu. Noch während man sich im Laden befindet, kann so die Suche nach dem billigsten Angebot schon losgehen.
36 Prozent der Befragten aus allen drei Gruppen kaufen auf der Website des Händlers ein, wenn dessen Läden gerade geschlossen sind.
Durchschnittlich 89 Prozent gaben an, dass für sie Informationen über die unmittelbare Verfügbarkeit eines Produkts ihre Entscheidung mit beeinflussen, bei bestimmten Händlern vorbeizuschauen.
Doch gerade die Gruppe der Millennials gilt in Marketingkreisen als etwas ganz Besonderes. Accenture hat die Mythen, die sich hierüber in der letzten Zeit gebildet haben, kritisch hinterfragt.
Mythos Nr. 1: Es dreht sich alles um Online-Shopping
Laut Accenture sind Millennials wie vermutet erfahrene Online-Kunden. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht mehr die klassischen Ladengeschäfte frequentieren. In der Tat würden es sogar viele Mitglieder der digitalen Generation vorziehen, in einem Laden statt im Internet einzukaufen. Das gelte für die USA, aber auch für die anderen untersuchten Länder. Man wolle die Produkte nach wie vor berühren, ihren Geruch einatmen und sie direkt mitnehmen. Diese Gewohnheiten sollten für die Retailer darauf hinauslaufen, auf allen Einkaufskanälen präsent zu sein.
68 Prozent aller befragten Millennials verlangen explizit nach integrierten, reibungslosen Einkaufsmöglichkeiten auf jedem Channel. Sie lieben es darüber hinaus, rechtzeitig über günstige Preise und Sonderaktionen informiert zu werden. Coupons soll es am liebsten in digitaler Form geben, so dass man sie im Laden auf seinem Handy vorzeigen kann – sie erst ausdrucken zu müssen kann zu einem "Deal-breaker“ werden, heißt es bei Accenture.
Mythos Nr. 2: Kundenloyalität gibt es nicht mehr
In einer Studie über die Retail-Industrie, die Accenture zitiert, gaben fast 40 Prozent der befragten Manager an, dass sie bei den Millennials einen Mangel an Loyalität befürchten. Accenture hält dem entgegen, dass die eigenen Studienergebnisse das Gegenteil belegen: Millennials könnten sehr wohl loyale Kunden sein – vorausgesetzt, sie fühlen sich korrekt behandelt. Einer der Interviewten hat es so beschrieben: "Wenn man zu einem Laden geht, muss man das Gefühl haben, willkommen zu sein.“
Insofern sind viele Mitglieder dieser Gruppe auf der Suche nach personalisierten, auf ihre Identität zugeschnittenen Angeboten und Aktionen. Über 95 Prozent der Millennials wünschen sich laut Accenture, dass ihre ausgewählten Marken sich aktiv um sie kümmern, ihnen zum Beispiel Coupons per E-Mail oder Post zuschicken. Auch klassische Text-Botschaften kommen bei mehr als der Hälfte der Befragten gut an.
Mythos Nr. 3: Die neuen digitalen Konsumenten setzen voll auf soziale Netzwerke
Obwohl Millennials sich gut mit sozialen Netzwerken auskennen, ist ihre Haltung zu Facebook und anderen Websites dennoch differenzierter, als viele Marketiers unterstellen. Dies kann laut Accenture zu Missverständnissen führen. Während das Anklicken eines Icons auf einem sozialen Netzwerk oder direkt bei einem Online-Retailer durchaus bedeuten kann, dass man diesen Händler oder eine Marke "cool“ oder "hip“ findet, bedeutet es nicht notwendigerweise, dass man ein loyaler Kunde ist. Social Media werden eher dazu benützt, günstige Angebote oder Coupons zu bekommen. Der nächste Retailer ist im Web und auf dem Smart Phone nur einen Klick entfernt.
Accenture warnt die Marketingabteilungen der Retailer davor, das Drücken des "Like“-Buttons bei ihren Klick-Analysen zu überschätzen. Um wirklich an die Millennials heranzukommen, müssten ihnen kontinuierliche Produktinformationen, Updates und Sonderangebote präsentiert werden. Entgegen der berühmten Marketingregel "jede Publizität ist gute Publizität“ sollten die Retailer näher auf die Gruppe der Millennials eingehen und positive Reaktionen generieren – zum Beispiel indem sie diese Gruppe und ihre Einstellungen direkt thematisieren.
Man sollte als Retailer auch beachten, dass Webseiten wie Facebook womöglich ihren Zenit bereits überschritten haben. Tumblr oder Pinterest und andere sind gerade bei Millennials sehr populär. Und auch das kann sich schon bald wieder ändern.
Studie zum kostenlosen Download
Die Ergebnisse der Accenture-Studie "Who are the Millennial shoppers? And what do they really want?” stehen hier zum kostenlosen Download bereit.