CIOs berichten über Lösungen

3 Probleme beim ERP-Rollout

15.12.2010 von Werner Kurzlechner
Change Management, Governance und interne Kommunikation haben bei einem weltweiten ERP-Rollout besonderes Gewicht. Drei CIOs berichten, wie sie diese Dinge erfolgreich angepackt haben.

In vielen Unternehmen laufen derzeit Planungen für eine Erneuerung des Enterprise Resource Planning (ERP). Wie Personalvermittler vom IT Job Board berichten, sind ERP-Spezialisten derzeit die gefragtesten IT-Profis überhaupt. Da trifft es sich gut, dass unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com aktuell einige ERP-Geheimnisse lüftet.

Es geht dabei um ein spezielles Problem international aufgestellter Unternehmen. Und zwar um den Umgang mit kleineren Büros irgendwo auf der Welt im Rahmen eines globalen ERP-Rollouts. Drei im CIO Executive Council engagierte CIOs verraten, wie sie dieses Problem erfolgreich angehen: Jeri Dunn vom Rumhersteller Bacardi, Clif Triplett vom Erdöldienstleister Baker Hughes und Robert Crowe vom Handelsunternehmen Hollister.

In den Bars dieser Welt ist Bacardi seit eh und je bestens aufgestellt. Die Mitarbeiter in aller Welt beim ERP mitzunehmen, war eine ganz neue Herausforderung.
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Jeri Dunn spricht über das Problem der begrenzten Personalkapazitäten. Virulent wurde es bei Bacardi während der ERP-Implementierung im asiatisch-pazifischen Raum, wo die angestrebten Veränderungen auch an kleinen Standorten wie Singapur oder Taiwan umgesetzt werden mussten. „Derart kleine Büros haben keinen Mitarbeiter, der sich allein dem Change Management widmen kann“, berichtet Dunn.

Bacardi packte es an, indem jenseits der technologischen Fragen und der „ERP-Gurus“ und System-Integratoren nach „Change Champions“ gesucht wurde. Also nach Mitarbeitern, die in besonderer Weise geeignet erschienen, die Veränderungen innerhalb des ganzen Netzwerkes mitzutragen und zu kommunizieren. „In manchen Fällen sind diese Champions anfangs vielleicht überhaupt keine Befürworter der Veränderung“, so Dunn.

Sein Unternehmen habe das Gespräch mit allen Beteiligten gesucht und Gegner auf diese Weise eingebunden. „In Praxis ist gerade das Change Management bei ERP die harte Nuss – man kommt nicht darum herum, das zu steuern“, berichtet Dunn. Vom ersten Tag des ERP-Projektes an habe es deshalb Treffen mit allen Mitarbeitern in den Büros gegeben, um sie auf die Veränderungen in ihrem Arbeitsleben hinzuweisen. Und damit begann wie in einer Casting-Show die Suche nach den Super-Usern vor Ort.

Baker Hughes: Augenmerk auf Governance

Baker Hughes hingegen sorgte sich vor allem um die Governance-Struktur vor Ort. Wie Clif Triplett berichtet, war das Ziel das Vermeiden von Konflikten und Misstrauen. Deshalb stellte das Unternehmen ein Governance-Teams zusammen, bestehend aus lokalen und regionalen Managern aus den Abteilungen Operations und Finance, dem IT-Projektleiter, anderen Akteuren vor Ort und den IT-Verantwortlichen aus der Firmenzentrale.

Den Dialog mit den kleinen Standorten am Leben zu erhalten, war laut Triplett durchaus eine Herausforderung. Es wurden regelmäßige Treffen und Telefonkonferenzen anberaumt. „Das mag übertrieben erscheinen - aber es ist vorteilhaft, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren“, so Triplett.

Während der Implementierung habe man in der Zentrale nicht immer gewusst, welche Anforderungen vor Ort tatsächlich lokalen Vorschriften geschuldet waren und welche lediglich der Macht der Gewohnheit. Um ergebnislose Diskussion mit der Dependance zu vermeiden, habe man sich im Zweifel unparteiische Schiedsstellen gesucht, so der IT-Chef. Baker Hughes suchte also den direkten Kontakt zu Steuerbehörden und Rechtsexperten, um die Entscheidungssuche zu erleichtern. Das habe den Mitarbeitern vor Ort gezeigt, dass man ihre Interessen ernst nehme, so Triplett.

Hollister setzt demgegenüber auf den Austausch der Standorte untereinander. Büros, die die Implementierung bereits hinter sich haben, werden ermuntert, ihre Erfahrungen weiterzugeben. „Das geschieht typischerweise während der Gap-Analysis-Phase für das aktuell betroffene Büro“, berichtet Robert Crowe.

In diesem Erfahrungsaustausch werden im Idealfall Sprachbarrieren umschifft. So berichten beispielsweise Business-Leader aus Portugal ihren brasilianischen Kollegen, wie sie Herausforderungen bewältigten und Prozesse entwickelten.

Hollister setzt weiter auf Dialog

„Es ist wichtig, dass dieser Rat von Business-Nutzern und nicht von Technik-Experten kommt“, berichtet Crowe. „Die Botschaft für die Business-Partner ist, dass sie mit ihren Problemen nicht alleine sind.“ Auf diese Weise sei es gelungen, in den Fachbereichen eine echte Begeisterung für die Vorzüge des neuen ERP-Systems zu wecken - zum Beispiel die größere Nähe zu den Kunden. Wegen des positiven Feedbacks überlege man derzeit bei Hollister sogar, eine interne weltweite Konferenz für die betroffenen Business-User zu veranstalten.