Entgegen der von Anbietern oftmals suggerierten Simplizität müssen bei der Einführung und Nutzung von Cloud-Lösungen diverse IT-Management-Fragestellungen untersucht werden, um Komplexität und Risiken adäquat zu adressieren. Wesentliche Gesichtspunkte hierbei sind: Cloud Strategy, Cloud Governance, Cloud Sourcing und Cloud Transformation.
Cloud Services haben sich in den letzten Jahren als Alternative zu klassischen IT-Services entwickelt. So werden neben Applikationen auch Plattformen und Infrastrukturlösungen cloud-basiert angeboten. Analog zum klassischen Outsourcing werden auch beim Cloud Computing Dienstleistungen extern bezogen, entsprechend kann von Cloud Sourcing gesprochen werden. Um bei der Einführung und Nutzung solcher Services auftretende Fragestellungen und Risiken angemessen zu berücksichtigen, können bewährte IT-Managementmethoden des Outsourcings als Ausgangspunkt genutzt werden.
Risiken des Cloud Sourcing
Neben technischen Problemen ergeben sich bei der Umsetzung einer Cloud-Lösung aus IT-Managementsicht Risiken, die es zu berücksichtigen gilt:
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1. Technologie- und Anbieter-Lock-In
Die Nutzung für Cloud Services bringt hohe Opportunitätskosten mit sich. Um Kostenvorteile zu erzielen, bedarf es oft der Verringerung eigener IT-Kapazitäten, da diese zukünftig vom Anbieter bereitgestellt werden. Zusammen mit der bis dato geringen Anzahl von Cloud-Anbietern je Anwendungsbereich, kann dies zu einem Technologie- sowie Anbieter-Lock-In für die Cloud Service-nutzenden Unternehmen führen.
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2. Unzureichende Governance – Provider Management
Provider Management spielt beim Cloud Sourcing eine besondere Rolle, da ein geringer Einblick in die Vorgehensweisen der bereitgestellten Services besteht und der Kontrollgrad somit meist unzureichend ist. Zusätzlich ergreifen Fachabteilungen oftmals beim Bezug von Cloud Services in Ermangelung einer definierten Cloud-Strategie die Initiative, ohne die IT-Abteilung adäquat zu involvieren. Dies resultiert in einem schlechten Business-IT-Alignment und führt häufig zu einer ungenügenden Kontrolle über den Service, da wichtige Provider-Managementaspekte in der Fachabteilung nicht adressiert werden.
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3. Unzureichend kalkulierter Business Case
Die Verwendung von Cloud-Lösungen wird zumeist mit erheblichen Kostenvorteilen assoziiert. Ob diese im konkreten Fall realisierbar sind, ist vor der externen Vergabe zu evaluieren, um eine entsprechende Zielerreichung durch die Auslagerung zu gewährleisten. Die detaillierte Ermittlung der Ist-Kosten sowie der mit dem Cloud-Service verbundenen Folgekosten (z.B. basierend auf dem zugrunde gelegten Lizenzmodell) ist oftmals komplex. Ohne die Unterstützung etablierter Methoden und Werkzeuge können wichtige Kostenpositionen leicht unberücksichtigt bleiben.
Analyse, Bewertung und Einführung von Cloud Sourcing
Ein strukturiertes Vorgehen bei der Einführung von Cloud Services ist unabdingbar, um eine systematische Entscheidung über die Vorteilhaftigkeit einer Cloud-Lösung zu treffen und die Risiken bei der Umsetzung minimieren. Um dies sicherzustellen, sollte ein in zahlreichen Outsourcing-Projekten etablierter und für die Besonderheiten des Cloud Computing weiterentwickelter Ansatz genutzt werden.
Dieser gewährleistet einen konsistenten und risikoarmen Prozess von der Strategiedefinition bis zum Regelbetrieb und vereint die Bewertung fachlich-inhaltlicher als auch finanzieller Aspekte. So wird eine ganzheitliche Bewertung der Cloud-Sourcing-Lösung erreicht.
Ausgangspunkt der Analyse-Phase bildet die Zieldefinition sowie die Durchführung einer Potenzialanalyse möglicher geeigneter Bereiche für die Nutzung von Cloud-Lösungen. Mit dem durch diese Abgrenzung der Services definierten Betrachtungsumfang startet die im Laufe des Prozesses zu verfeinernde Spezifikation der Ziellösung. Durch die initiale Kosten-Nutzen-Analyse wird unter Zuhilfenahme etablierter Business Case Tools die Grundlage für eine finanzielle Bewertung geschaffen.
Im "Request for Proposal" erfolgt die Vorbereitung der Auswertung durch die Spezifikation konkreter und strukturierter Anforderungen an die Ziellösung. Die Festlegung eines Bewertungsmodells stellt dabei die konsistente Vergleichbarkeit der Angebote sicher.
Die eigentliche inhaltlich-fachliche sowie finanzielle Evaluierung der Anbieterangebote führt zu einer differenzierten Bewertung der Anbieter und der sich daraus ergebenen Anbieter-"Short List". Die Vertragsunterzeichnung wird durch Verhandlungsstrategien mit klar definierten und auf den Einsatzzweck abgestimmten Verfügbarkeitskriterien und Service Level Agreements (SLA) unterstützt.
Saubere Planung und Umsetzung bildet während der gesamten Transition die Grundlage, um den reibungslosen Übergang zum Anbieter sicherzustellen, wobei insbesondere auch die Implementierung von Governance-Strukturen im Fokus steht. Schließlich bedarf es der Durchführung von Maßnahmen zur fortwährenden Optimierung, damit der Regelbetrieb langfristig effizient aufrechterhalten werden kann.
Fazit
Anders als oft von Cloud-Anbietern suggeriert ist die Verwendung von Cloud Services häufig zahlreichen Risiken unterworfen und erfordert ein systematisches und strukturiertes Vorgehen, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Der Rückgriff auf etablierte und adaptierte Methoden aus dem Outsourcing unterstützt und sorgt nicht nur für transparente Vergleichbarkeit der Angebote, sondern auch für eine risikoarme Transition zur Cloud-Lösung. Nur so können die Vorteile der IT-Kostenreduktion und Agilitätssteigerung nachhaltig erreicht werden.
Peter Ratzer ist Partner bei Deloitte.