Doppelt so viele Informatiker wie noch vor einem Jahr werden heute in Deutschland gesucht, meldet der Verein Deutscher Ingenieure (VDI). 30.500 Stellen seinen derzeit offen, bei einer Arbeitslosenquote von gerade einmal 3,1 Prozent in diesem Beruf. "Die Zahl der offenen Stellen steigt seit Ende des Jahres 2009 kontinuierlich an", sagt Dieter Westerkamp, Vize-Leiter Technik und Wissenschaft im VDI.
Das sei "eine besorgniserregende Entwicklung für den Standort Deutschland, denn die Unternehmen sind natürlich auf qualifizierte Fachkräfte angewiesen." Dass der VDI mit diesen Zahlen nicht falsch liegt, zeigt ein Blick zur jüngsten Erhebung des Branchenverbandes Bitkom. Der sprach Ende des vergangenen Jahres von 38.000 freien Stellen für IT-Fachkräfte insgesamt, ob mit Informatik-Diplom oder nicht. Allein in Anwenderunternehmen waren 22.000 Jobs offen.
Nicht genug Informatik-Studenten an den Hochschulen
Trotz des Mangels steigt die Zahl der sozialversicherungsfähigen Informatiker an: Rund 191.000 zählte der VDI für 2011, und damit 7700 mehr als im Jahr zuvor. Die Nachfrage läuft also einem leicht steigenden Angebot davon. Die Zahl der Studienanfänger stieg zwar ebenfalls um rund 7000 auf 48.400, aber dies war ein einmaliger Anstieg bedingt durch den doppelten Abiturjahrgang zum Beispiel in Bayern sowie dem Wegfall der Wehrpflicht.
"Trotzdem reicht dieser Zuwachs nicht aus, um den Bedarf der Wirtschaft an IT-Fachkräften zu decken", stellt Westerkamp fest. "Dies gefährdet die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des IT-Standorts Deutschland." Auch die steigende Zahl der Absolventen an den Universitäten und Fachhochschulen kann die Nachfrage nicht befriedigen. Zur CeBIT befragte der VDI 400 IT-Experten. Drei von vier sind sich einig: Der Bedarf an Informatikern wird bis 2015 noch weiter steigen. Gesucht würden sie besonders in der Entwicklung, im IT-Projektmanagement und für Jobs in der IT-Security.
Im Kampf gegen den Fachkräftemangel beschreiten die Firmen in Deutschland verschiedene Wege. Die KMUs versuchen vor allem, die eigenen Mitarbeiter weiterzubilden. Das berichteten 44 Prozent der vom VDI befragten IT-Experten. Nur wenige der kleinen Firmen und Mittelständler verlagern Dienstleistungen ins Ausland. Anders die Großunternehmen: Mehr als 43 Prozent nutzt Offshoring als Strategie, um mit dem Mangel an geeigneten Bewerbern zurechtzukommen. "Das muss zu denken geben", meint Dieter Westerkamp vom VDI.
Generation 50+ soll Fachkräftemangel bremsen
Welche anderen Wege gegangen werden, beschreibt die Online-Stellenbörse Monster.de in ihrer Studie "Recruiting Trends IT 2012", über die wir an anderer Stelle bereits ausführlich berichteten. Die Hälfte der befragten Top-1000-Unternehmen glaubt, Ende dieses Jahres mehr Mitarbeiter zu beschäftigen als zu Beginn. Doch alle Stellen werden sie nicht besetzt bekommen, sind die Befragten sich einig.
Sieben von zehn setzen daher auf das Know-How der Generation 50+. In der Rekrutierung älterer Mitarbeiter in der IT sehen sie eine mögliche Antwort auf den Fachkräftemangel. Mehr als ein Viertel der Unternehmen stellt regelmäßig Mitarbeiter über Fünfzig ein. Die anderen wollen die eigenen Mitarbeiter möglichst lange, gerne bis in ein hohes Alter, ans Unternehmen binden.