Niemand der Beteiligten wird dieses Meeting jemals vergessen, so viel ist sicher. Ort war das US-Verteidigungsministerium, Hauptdarstellerin eine neue Staatssekretärin, zuständig für Beschaffung, die ihr erstes Meeting mit Lieferanten und Kollegen aus dem eigenen Haus leiten sollte. Als sie den Raum betrat, sah sie sich 60 Teilnehmern gegenüber. Sie sagte: "Ok, am besten, wir bilden zu Beginn einfach mal einen Kreis. Jeder stellt sich kurz vor und sagt, warum er hier ist." Die Teilnehmer rollten zwar mit den Augen, taten aber, wie ihnen geheißen.
Nach den ersten beiden Vorstellungen sagte die Staatssekretärin: "Vielen Dank für Ihre Interesse. Aber wir brauchen Sie hier heute nicht." Nachdem noch Weitere diese Ansage zu hören bekommen hatten, lösten sich immer mehr Menschen, die noch nicht an der Reihe waren, aus dem Kreis, nahmen ihre Tasche, grüßten wortlos in die Runde und verschwanden. Innerhalb von etwa zwanzig Minuten waren aus 60 Teilnehmern 12 geworden.
Diese Geschichte, erzählt vom Bain & Company-Partner Michael C. Mankings auf dem Blog der Harvard Business Review, beinhaltet im Grunde schon einen der wichtigsten Grundsätze für erfolgreiche Meetings: kleine Gruppen. Wobei die am Ende entstandene Größe von zwölf nach verbreiteter Expertenmeinung immer noch zu groß ist.
Nicht mehr als 7 Teilnehmer in einer Besprechung
In ihrem Buch "Entscheiden & Liefern" haben zum Beispiel die US-Management-Vordenker Marcia W. Blenko, Michael C. Mankins und Paul Rogers "das Gesetz der sieben" formuliert. Bei Gruppen ab einer Größe von sieben Menschen, so ihre These, sinkt die Effektivität mit jedem weiteren Meetingteilnehmer um zehn Prozent. Besprechungen mit 17 und mehr Teilnehmern seien sogar völlig ungeeignet dazu, irgendwelche Entscheidungen zu treffen.
Viele Leser denken an dieser Stelle vermutlich: 'Bei uns wird auch in Meetings mit nur fünf Teilnehmern nichts entschieden, sondern zu gelabert'. Meetings sind in vielen Unternehmen zur regelrechten Plage geworden. Und das allein schon durch ihre schiere Menge.
34 Stunden pro Monat in Meetings
Der Software-Hersteller Altassian hat mehrere Untersuchungen und Umfragen zum Thema ausgewertet. Ergebnis: Der Normal-Angestellte in Deutschland nimmt durchschnittlich an 65 Meetings pro Monat teil, hält die Hälfte davon für total überflüssig und schätzt selbst, ca. 34 Arbeitsstunden pro Monat in Besprechungen abzusitzen.
Insgesamt 34 Stunden pro Monat gleich 8,5 Stunden pro Woche, wobei die Zeiten für die Vor- und Nachbereitung dieser Sitzungen noch gar nicht einkalkuliert ist. Warum nur all diese Meetings? Die Antwort ist gleichermaßen schlicht und erschreckend: Weil es schon immer so war.
Pseudowichtige Selbstdarsteller
Und weil sie kaum jemand in Frage stellt. Häuptlinge und Unterhäuptlinge bestätigen sich in pseudowichtigen Laberrunden selbst und gegenseitig ihrer Wichtigkeit und ihrer Macht. Und die Indianer gehen hin, weil der Abteilungsleiter auch hingeht, weil man das so macht, weil alle hingehen, und weil das Wegbleiben als Arbeitsverweigerung, Desinteresse, vielleicht sogar als Obstruktion interpretiert werden würde. Jedenfalls glauben sie das.
An dem ritualisierten Irrsinn ändert sich deshalb nichts, weil die entscheidende Frage niemand stellt. Sie lautet: "Brauchen wir wirklich ein Meeting, um das Thema XY zu klären?" Oder genügt vielleicht ein bilaterales Gespräch, ein Telefonat, ein kurzes Briefing von 2-3 Leuten? Der unausgesprochene Grundsatz in vielen Unternehmen lautet: Wenn es etwas zu klären gibt, dann gibt es auch ein Meeting. Alle sind dabei, niemand fühlt sich ausgeschlossen, und weil sich für die Inhalte eh höchstens zwanzig Prozent der Beteiligten interessieren, können die übrigen in Ruhe irgendwas posten oder per Smartphone private E-Mails beantworten.
Höchstens 2 Themen pro Treffen
Ist ein Meeting tatsächlich sinnvoll, dann sollte es sich um maximal zwei Themen drehen. Für die muss es klare Agenden inklusive der entsprechenden Vorbereitung geben. Ein Mitarbeiter sollte konkret für ein Thema zuständig sein, es vorbereiten, die Agenda aufstellen und moderieren.
Pünktlich beginnen und aufhören
Fängt eine Besprechung offiziell um 14 Uhr an, dann ist es völlig inakzeptabel, wenn Teilnehmer erst um 14 Uhr 15 erscheinen. Alles, was diejenigen damit zum Ausdruck bringen, ist, dass ihnen erstens die ganze Veranstaltung völlig egal ist und dass sie zweitens keinerlei Respekt haben vor den Kollegen und deren Arbeitszeit. Als rigorose, aber wirkungsvolle Gegenmaßnahme empfiehlt es sich, um 14 Uhr fünf die Tür des Konferenzraums von innen zu verschließen.
Ebenso rigoros muss das Ende der Besprechung gehandhabt werden. Denn schließlich steigt die Qualität der Ergebnisse keineswegs mit der Dauer eines Meetings. Wenn das Palaver konsequent auf eine Stunde begrenzt wird, dann ist auch in einer Stunde alles Wichtige erledigt. Sind für dasselbe Thema zwei Stunden angesetzt, dann dauert es eben zwei.
Das Parkinsonsche Gesetz über Meeting-Abläufe
Bekannt ist dieses Phänomen mindestens seit 1955. In jenem Jahr formuliert der britische Soziologe C. Northcote Parkinson sein Parkinsonsches Gesetz: "Die Arbeit dehnt sich in genau jenem Maße aus, wie Zeit zu ihrer Erledigung zur Verfügung steht." Die Worte "Arbeit" und "Meeting" sind dabei austauschbar, zumal sich der Brite dezidiert auch mit Konferenzen und ihrem Ablauf beschäftigte.
Seiner Beobachtung nach werden nicht etwa die wichtigsten Themen am ausführlichsten diskutiert, sondern die belanglosesten, weil davon die meisten Teilnehmer etwas verstehen und somit mitreden können. Inkompetenz in wichtigen Sachfragen werde durch längliche Wortmeldungen zu Trivialem kompensiert, so Parkinson.
Wer also Laberattacken und thematischen Ausfasern vermeiden will, sollte auf das strikte Einhalten des Zeitplans drängen. Und auf konsequente Vorbereitung. Haben sich noch nicht mal die Stake Holder zu einem Thema präpariert - warum auch immer -, dann brechen Sie das Meeting am besten sofort ab. Oder Sie nutzen den Augenblick, um zu fragen, warum sich niemand für das betreffende Thema interessiert.
Schweiger und Smartphone-Benutzer gezielt ansprechen
Konsequente Schweiger und Smartphone-Benutzer sollte der Moderator gezielt ansprechen, ohne sie offensichtlich bloßzustellen. Zum Beispiel: "Herr Meier, wie ist Ihre Meinung zu dem Thema?" Natürlich wird Herr Meier nicht sagen, was er wirklich denkt: Dass ihm das Thema des Meetings total egal ist und der ganze Laden mehr oder weniger auch.
Dass ihm das sinnfreie Gelaber über das immer Gleiche zum Hals raus hängt. Er wird irgendeinen geschraubten, nach Möglichkeit nicht total sinnfreien Kommentar abgeben. Spätestens nach zwei weiteren Nachfragen durch den Moderator sind alle im Raum - einschließlich der Angesprochene - der Auffassung, dass Meier auch an seinem Schreibtisch hätte bleiben können.
Abteilungsleiter und Vorstände sollten, ähnlich wie die Staatssekretärin in der zu Beginn zitierten Story, deutlich und mehrfach darauf hinweisen, dass die Teilnahme an einem Meeting freiwillig ist. Und dass nicht immer die gesamte Abteilung erscheinen muss, sondern vielleicht nur der Chef und jener Mitarbeiter, der sich beim betreffenden Thema am besten auskennt.
Entscheidungen und Arbeitsaufträge
Wichtig ist auch die Dokumentation, weil sie nicht nur Fortschritte, sondern auch Redundanzen belegt. Jedes Meeting sollte mit einer Entscheidung oder zumindest mit einem konkreten Arbeitsauftrag enden. Gibt es beides nicht, muss auch dieser Umstand ins Protokoll.
Fallen zu einem Topic mehr als zweimal keinerlei Entscheidungen, sollte es ohne triftigen Grund nicht noch einmal auf die Tagesordnung.
Manchmal muss Spinnen sein
Trotz der genannten Punkte ist ausführliches Diskutieren, vielleicht sogar Spinnen, manchmal sinnvoll. Zum Beispiel wenn kreativer Input gesucht wird und neue Ideen. Solche Prozesse sollten aber jenseits der regulären Meetings stattfinden. Zum Beispiel am Freitagnachmittag bei einem alkoholfreien Bier.