Im Lasergewitter

3D-Druck erobert die Fabriken

10.07.2014 von Thomas Kuhn, Rebecca Eisert und Dieter Dürand
In Deutschlands Fertigungshallen bahnt sich Revolutionäres an: Turbinenschaufeln, Brenner und Einspritzdüsen werden künftig gedruckt. Das neue Verfahren katapultiert Kraftwerke, Raketen und Flugzeuge in neue Leistungsdimensionen.
Dank 3D-Druck-Verfahren können Spezialteile im Turbinenbau individuell angefertigt werden.
Foto: Siemens

Die Ingenieure der US-Weltraumbehörde Nasa hatten viel erwartet. Aber das, konnte das möglich sein? Die Techniker hatten gerade die Antriebsstufe der neuen Trägerrakete Space Launch System (SLS) in Huntsville, Alabama, getestet. Als sie Ende August vergangenen Jahres flüssigen Sauerstoff und gasförmigen Wasserstoff durch die neuartigen Einspritzdüsen in die Brennerkammern jagten, schienen die Messgeräte zu spinnen: Klar, mehr Schub sollten die Triebwerke erzeugen. Doch dann lieferten sie gleich den zehnfachen Schub! Das überraschte selbst die erfahrensten Entwickler - und sollte reichen, um mit der SLS-Rakete in einigen Jahren Menschen zum Mars zu schicken.

Den Leistungssprung erzielten die Techniker mit einer innovativen Produktionstechnik: dem 3D-Druck. Fachleute nennen das Verfahren auch additive Fertigung, mit dem sie Triebwerksschaufeln oder Fahrwerkteile direkt aus den Konstruktionsdaten Schicht für Schicht aufbauen. Mit dieser Methode stellten die Nasa-Spezialisten die Einspritzdüse her, die technische Grenzen so spektakulär verschiebt.

In die Schlagzeilen geriet die revolutionäre Drucktechnik zuletzt vor allem mit Produkten für den Endverbraucher. So plant etwa der italienische Nudelhersteller Barilla, mit ihr Spaghetti herzustellen. Andere wollen Schokolade drucken.

Doch seinen Durchbruch wird das Verfahren woanders feiern, erwartet Bernhard Langefeld, Experte für 3D-Druck bei der Beratung Roland Berger: bei der Herstellung hochkomplexer und extrem leistungsfähiger Metallteile wie Einspritz- und Brennerdüsen, von denen Industriekunden nur relativ wenige Exemplare benötigen.

Oder dort, wo jedes Gramm weniger Gewicht große ökonomische Vorteile bringt, sei es bei Autos oder Fliegern. Denn auch hier erobert die additive Fertigung Neuland: Sie ermöglicht filigrane Strukturen, die mit traditionellen Produktionsmethoden wie Fräsen, Drehen und Bohren nicht herzustellen sind.

"In diesen Feldern kann die Technik ihre Vorzüge voll ausreizen", sagt Langefeld. Hier habe sie das Zeug, die industrielle Produktion radikal umzukrempeln und die Spielregeln des Geschäfts zu ändern.

Schon in wenigen Jahren, sind sich die Experten einig, werden in vielen Fabriken neben klassischen Dreh- und Fräsmaschinen auch 3D-Drucker für Spezialaufgaben stehen. Das kurbelt die Nachfrage nach der jungen Technik an: Den Roland-Berger-Experten zufolge werden sich die weltweiten Umsätze von heute 2,2 Milliarden Euro bis zum Jahr 2023 auf 7,7 Milliarden Euro mehr als verdreifachen. Dann hätten sie allerdings erst gut ein Zehntel des heutigen Marktvolumens klassischer Werkzeugmaschinen erreicht.

Vom Boom dürften auch deutsche Hersteller profitieren. Vor allem beim anspruchsvollen Schmelzen (Fachwort: Sintern) metallischer Pulver per Laser- oder Elektronenstrahl spielen Anbieter wie SLM Solutions aus Lübeck, Concept Laser aus Lichtenfels bei Nürnberg und Eos aus Krailling bei München eine führende Rolle auf dem Weltmarkt.

gedruckte Kleidung
Das Kleid, das Dita von Teese trägt, kommt aus dem 3D-Drucker. Es besteht aus 17 Teilen, die dem Model auf den Leib konstruiert wurden. Der Entwurf stammt von Michael Schmidt und Francis Bitoni, gedruckt wurde es in Zusammenarbeit mit Shapeways.
gedruckte Kleidung
Als Material für das Kleid aus dem 3D-Drucker kommt Nylon zum Einsatz. Es ist voll beweglich und mit 13.000 Swarovski-Kristallen besetzt
Sportartikel
Die Sohle des Football-Schuhs Nike Vapor Laser Talon kommt aus einem 3D-Drucker. Damit soll der Sportschuh besonders leicht sein und eine optimale Durchzugskraft auf dem Football-Spielfeld entfalten.
Sportartikel
Der Schuh für American Football von Nike soll tatsächlich mittels 3D-Druck in Produktion gehen. Geplant ist ein Druck mit Nylon - ein Material, das besonders leicht ist, dabei aber widerstandsfähig bleibt.
Möbel
Druckbeispiel: Stuhl - gedruckt auf einem Ultimaker 3D Printer
Spielzeug
Druckbeispiel: Roboter - gedruckt auf einem Ultimaker 3D Printer
Spielzeug
Druckbeispiel: Roboter - gedruckt auf einem Ultimaker 3D Printer
Kleidung
Designermode aus dem 3D-Drucker: Die Kleidung wird in einzelnen Teilen und mit unterschiedlichen Materialien gedruckt.
Kleidung
Aus Haute Couture wird Tech Couture: Die Kleidungsstücke aus dem 3D-Drucker bestehen aus mehreren Teilen und unterschiedlichen Materialien.
Handdrucker
3D-Druck aus dem Handgelenk: Der 3Doodler arbeitet wie ein Stift - nur mit Kunststoff. Er soll den 3D-Druck für alle erschwinglich machen. Ab Februar 2014 soll er erhältlich sein - Kostenpunkt: 99 Dollar plus Versand und Steuer.
Bau
Mondstation aus dem 3D-Drucker: Die europäische Weltraumagentur plant das ehrgeizige Projekt in Zusammenarbeit mit der Industrie. Der 3D-Drucker soll auf dem Mond eingesetzt werden.
Bau
Der 3D-Drucker, der den Bau der Monstation übernehmen soll, ist der D-Shape der britischen Firma Monolite. Er wird für den Gebäudebau eingesetzt.
Haushalt
Formen und Stempel fürs Backen aus dem 3D-Drucker: Ein Einfall, der bei Garage Lab entstand. Der gemeinütziger Verein versammelt in Düsseldorf Kreative und Interessierte am 3D-Druck (www.garage-lab.de).
Haushalt
Alles individuell: Der personalisierte Teelichthalter ist nur ein Beispiel von ScopeforDesign. Der Anbieter ist auf individuelle Gegenstände aus dem 3D-Drucker spezialisiert. Farbe, Text, Material lassen sich
Haushalt
Meine Lampe: Bei ScopeforDesign lassen sich die Lampenschirme inklusive Text, Farbe und Material individualisieren. Sie kommen dann aus dem 3D-Drucker.
Schmuck
Schmuck nach Wunsch: Bei ScopeforDesign lassen sich Schmuckstücke individualisieren. Hier kommen neben Kunststoffen auch Metalle wie Silber aus dem 3D-Drucker.
Gegenstände
Vom Hasen bis zur Skulptur: Alle Objekte stammen aus dem 3D-Drucker - hier: Beispiele von Makerbot, dem Unternehmen, das den Replicator 2 verbreibt. Zu sehen auf der Make Munich im April 2013.
Gegenstände
Frosch aus Kunststoff - ein Beispiel, was 3D-Drucker wie die Modelle von Makerbot leisten.
Kleidung
Hut gefällig: Auf Objekte aus dem 3D-Drucker in vielen Materialien ist i.materialise spezialisiert (i.materialise.com)
Kleidung
Schuhe mal anders: Die Studie wurde von i.materialise auf der Make Munich im April in München gezeigt.
Modelle
Modellbau mit 3D-Druck - hier ein Beispiel, das von i.materialise auf der Messe Make Munich im April in München zu sehen war.
Material
Kunststoffe mit Holzanteil: Dieses Objekt in Holzoptik zeigte 2PrintBeta auf Make Munich im April 2013 in München. Die unterschiedlichen Schattierungen gelingen, indem die Drucktemperatur geändert wird.
Material
Auch im 3D-Druck kommt Papier zum Einsatz. Es wird Blatt für Blatt aufeinandergelegt, verklebt und geschnitten. Am Ende wird das Objekt aus dem Papierblock herausgebrochen. Die Maschine stammt von Mcor Technologies, die Skulptur im Bild von Supermodell, München (www.supermodell.co)
Papier
Skulpturen aus Papier lassen sich in zwei Teilen drucken und dann zusammensetzen. Dank des Papiers sieht man nach dem Kleben keinen Übergang . Info: www.supermodell.co
Instrument
Eine gedruckte Gitarre aus dem Cube von 3D Systems
Instrument
Voll funktionsfähig: Die Gitarre mit eigenem Design aus dem 3D-Drucker Cube.
Waffe
Waffenteil aus dem 3D-Drucker: Die bedenkliche Seite der Do-it-Yourself-Bewegung

Enorm leistungsfähig

Doch warum sind 3D-gedruckte High-Tech-Bauteile so enorm leistungsfähig? Die Antwort: weil sie traditionelle Produktionsverfahren einfach umkehren. Bisher fräsen, hobeln und bohren die Techniker so lange Material von Stahlrohlingen weg, bis das Endprodukt übrig bleibt. Im Extremfall gehen dabei 98 Prozent des Materials verloren, so die Experten des LZN Laser Zentrums Nord in Hamburg.

Beim 3D-Druck passiert das Gegenteil: Kunststoffe, Keramiken und Metalle wachsen in einem Lasergewitter zu einem Werkstück heran - praktisch ohne Abfall.

Wichtiger noch: Die Konstrukteure haben viel mehr Freiheit. Sie können den Bauteilen so gut wie jede beliebige Geometrie und Oberflächenbeschaffenheit verpassen; zudem können sie die Eigenschaften des verwendeten Materials für jede Anwendung maßschneidern. So treiben sie die Raketendüsen der Nasa zu Höchstleistungen. Vorbild für die Designer ist oft die Natur, etwa Knochen: Die besitzen im Inneren nur dort Querverstrebungen, wo sie belastet werden - nur an diesen Stellen sind sie nötig. Ein äußerst sparsames und zugleich höchst effektives Konzept.

Von ihm profitiert ganz besonders die Luft- und Raumfahrtindustrie. "Additive Fertigung ist inzwischen bei allen großen Triebwerksbauern ein strategisches Thema", sagt Oliver Edelmann, Mitgesellschafter von Concept Laser. Die Schmelzöfen der Franken stehen bei allen Großen der Branche, bei General Electric (GE), Honeywell, Pratt & Whitney oder Snecma. Auch die Nasa sowie das private Raumfahrtunternehmen SpaceX des Tesla-Gründers Elon Musk fertigen mit ihnen Triebwerkskomponenten für ihre Raketen.

Am weitesten unter den Triebwerksherstellern ist GE. Die US-Amerikaner haben angekündigt, in ihre neuen Leap-Düsenantriebe, die künftig unter anderem im Airbus A320 Dienst tun sollen, serienmäßig 19 per 3D-Druck gefertigte Brennerdüsen einzubauen. Eine Weltpremiere. Und ein Beweis für die hohe Zuverlässigkeit der Technik. Denn in keiner anderen Branche müssen Bauteile ähnlich extreme Belastungstests vor ihrer Zulassung bestehen.

85000
85000 Düsen plant GE zu drucken.
1300
1300 Grad halten die Düsen aus.
104
140 zusätzliche Entwickler braucht GE.
70
70 Maschinen ersetzt jeder Drucker.
55
Die Teile im Flugzeug können bis zu 55 Prozent leichter werden.
20
20 Teile werden durch eines ersetzt.
19
19 Düsen kommen in jedes Triebwerk.

Die GE-Manager schwärmen geradezu von den Vorteilen der 3D-Anlagen. Früher mussten sie die Düsen aus 20 Einzelteilen zusammenbauen – jetzt entstehen sie in einem einzigen Arbeitsschritt. Sie sind zudem leichter, stabiler und widerstehen extremen Temperaturen von mehr als 1300 Grad Celsius. Und noch ein Plus hebt Greg Morris hervor, Experte für additive Fertigung bei GE: "Jeder Drucker ersetzt bis zu 70 herkömmliche Werkzeugmaschinen."

Einziger Schönheitsfehler: Die Produktionskapazität heutiger Schmelzanlagen ist arg limitiert. Doch schon die nächste Generation soll das Drei- bis Vierfache an Ausstoß schaffen, erwartet Morris. Er war bis Ende 2012 Chef des 3D-Druck-Spezialisten Morris Technologies. GE kauft die Firma auf, um seine Kompetenz in dem Gebiet zu stärken. In den nächsten fünf Jahren erweitert der Konzern seine Entwicklungsabteilung für die laseradditive Fertigung von 70 auf 210 Forscher.


Was ein Feinkostladen mit 3D-Druck zu tun hat, erschließt sich nicht auf den ersten Blick.

Im Schaufenster fallen aber die 3D-Druckerzeugnisse zwischen den Marmeladengläser auf.

Thomas Berger, Inhaber des "Slow Shop" in der Münchener Heiliggeiststraße hat in seinem Feinkosttempel eine Ecke für die 3D-Druck-Enthusiasten eine Ecke freigeräumt.

Hier kann Nils Hitze von 3d Dinge seine Produkte präsentieren.

Spezielle Verbrauchsmaterialien führen zu Druckergebnissen mit unterschiedlichem Aussehen und unterschiedlichen Eigenschaften. Das Teil im Vordergrund wurde beispielsweise aus Supplies mit Holzanteil hergestellt.

Levin Brunner von 3d Dinge erklärt einem Besucher an einem Druckbeispiel die Materialeigenschaften von Verbrauchsmaterial mit Kreidebestandteilen.

3D-Druckinteressent Martin Altmann lässt sich von Nils Hitze die Details erläutern.

Zwischen Regalen mit Feinkost haben die 3D-Drucker ihre Ecke.

Zur Shop-Eröffnung sind einige 3D-Druck-Enthusiasten aber auch völlige Neulinge gekommen.

Praxis-Beispiel: Flasche mit Drehverschluss. Allerdings noch nicht ganz wasserdicht, wie die 3D-Druckeexperten einräumen.

Der Druckkopf des Ultimakers.

3D-Druck ist noch Handarbeit: Hier justiert Nils Hitze ein Gerät von Ultimaker.

Neu im 3dDinge-Porfolio: Die kompakte Makibox soll als Bausatz für nur 375 Euro zu haben sein. Voraussichtlicher Liefertermin: Mitte bis Ende September.

Auch das Verbrauchsmaterial mit Holzanteil hält der Shop bereit.

Mit dem passenden 3D-Scanner lassen sich Gegenstände erfassen und dann auf dem 3D-Drucker duplizieren.

Das Verbrauchsmaterial kann sowohl im Online-Shop als auch im Slow Shop gekauft werden.

Laybrick nennt der Hersteller das Druckmaterial, das sandseinartige Druckergebnisse ermöglicht.

Mit dem X400 gibt es auch einen etwas größeren 3D-Drucker von RepRap zu sehen.

Das Ultimaker-Gehäuse gibt es auch in einer schicken Holzversion.

Nicht ganz einfach ist das Drucken von Überhängen: Benchmark sind dabei die "Yoda-Ohren".

So wird das Druckmaterial von der Spindel zum Druckkopf transportiert.

Eine Vase als Druckbeispiel aus dem Ultimaker.

3D-Druck auch bei Airbus

Auch der Flugzeugbauer Airbus will in Kürze den 3D-Druck in die Produktion einführen. "Wir besitzen inzwischen das nötige Fertigungs-Know-how", sagt Claudio Dalle Donne, Chef des Forschungsbereichs Metallische Technologien und Oberflächentechnik des Konzerns in Ottobrunn bei München. Prototypen baut Airbus schon länger mit dem Verfahren.

Wo es zum Einsatz kommen soll, davon hat sein Hamburger Kollege Peter Sander, der bei Airbus die Einsatzmöglichkeiten von Zukunftstechnologien ermittelt, schon eine genaue Vorstellung: "Ab Anfang 2016 sollten wir erste serienmäßig per 3D-Druck gefertigte Titan-Träger und -Winkel in kommerzielle Flugzeuge einbauen können."

Es geht um keine Kleinigkeit. In jeden Airbus-Jet setzen Techniker bis zu 30.000 dieser Halterungen ein, an denen sie Kabinenelemente befestigen. Wären sie künftig gewichtsoptimiert, würde sich das sofort rechnen. Denn jedes gesparte Kilo ermöglicht es, mehr Passagiere an Bord zu nehmen und mit der gleichen Menge Treibstoff weiter zu fliegen.

Bereits Anfang 2018 sollen dann die ersten Jets mit additiv hergestellten Fahrwerksteilen starten und landen. Langfristig wollen die Airbus-Entwickler unter anderem Teile der Landeklappen per 3D-Druck herstellen. "Wir machen so rasante Fortschritte, dass wir es mitunter selbst kaum glauben können", sagt Sander. Sicherheitsbedenken haben die Airbus-Spezialisten nicht. Die per Laserstrahl aus Metallpuder gewonnenen Flugzeugteile würden alle Vorgaben der Zulassungsbehörden genauso erfüllen wie heute die gegossenen oder gefrästen. Je nach Bauteil seien aber Material- und Gewichtsvorteile von bis zu 55 Prozent möglich, so Sander.

Zugleich verspricht der 3D-Druck deutliche Zeitgewinne, weil sich Halterungen oder Fahrwerksteile direkt aus den Daten der Design-Software herstellen lassen, ohne zuvor spezielle Werkzeuge oder gar ganze Maschinen neu für ihre Produktion bauen zu müssen.

Schnelligkeit, Materialeinsparung, mehr Leistung - all diese Vorzüge der 3D-Technik möchten sich auch die Verantwortlichen des Siemens-Werks in Berlin-Moabit zunutze machen, in dem der Münchner Konzern Gasturbinen für Kraftwerke montiert, darunter das mit 375 Megawatt weltweit kraftvollste Exemplar. Mit Brennerköpfen und Zerstäuberdüsen legen die Siemens-Entwickler los. In spätestens zehn Jahren wollen sie aber sogar komplette Turbinenschaufeln drucken. Schon sieht Nicolas Vortmeyer, Technologiechef der Siemens-Sparte Fossile Energieerzeugung, eine neue Ära heraufziehen: "Höhere Leistung zu niedrigeren Kosten", schwärmt er.

Die Aufgabe ist extrem anspruchsvoll. Siemens mächtigste Gasturbine erzielt einen Wirkungsgrad von 60,8 Prozent. Mit anderen Worten: Sie gewinnt aus jedem verbrannten Kubikmeter Gas fast 61 Prozent elektrische Energie. Optimierte Brennköpfe, Einspritzdüsen und Turbinenschaufeln aus dem Drucker sollen weitere Prozentpunkte herausquetschen.

Bei den Düsen soll dies durch ein neues Design gelingen, das Gas und Luft noch effektiver für die Verbrennung verwirbelt - die Leistung steigt. Bei den Turbinenschaufeln müssen die Entwickler vor allem die Kühlkanäle im Inneren neu anordnen, um noch höhere Drehzahlen zu ermöglichen. An den etwa 10 mal 20 Zentimeter großen Teilen zerren gewaltige Kräfte, die dem Gewicht von 20 Autos entsprechen. Und sie müssen mindestens 25.000 Stunden Temperaturen von 1300 Grad Celsius aushalten können. "Die notwendigen Strukturen bekämen wir mit den alten Methoden nicht hin", sagt Vortmeyer.

Neue Ideen können schnell ausprobiert werden

Wollen die Entwickler eine neue Idee ausprobieren, halten sie einen Prototypen nach 48 Stunden in der Hand - ein weiterer Vorteil des 3D-Verfahrens. Würden sie ihn traditionell in einer Gießerei in Auftrag geben, müssten sie Monate warten. "So können wir viel mehr Ideen testen, und die Entwicklungszeiten verkürzen sich drastisch", hebt Vortmeyer hervor.

Trotz all dieser Stärken des 3D-Drucks werde der herkömmliche Maschinenbau nicht an Bedeutung verlieren, sagt Berater Langefeld voraus. Denn Fräsmaschinen und Bearbeitungszentren stellen Massenprodukte noch lange unschlagbar schnell und billig her. Eric Klemp, Produktionsexperte am Direct Manufacturing Research Center (DMRC) der Universität Paderborn, ist sich sicher: "Die additiven Verfahren werden das Portfolio des Maschinenbauers ergänzen, nicht aber kannibalisieren."

Andererseits verbinden Experten mit der additiven Fertigung die Hoffnung, einen Teil der aus Deutschland in Billiglohnländer verlagerten Arbeitsplätze zurückholen zu können. Weil sie nämlich viele Montageschritte einspart, könnte es sich lohnen, die bis zu 1,5 Millionen Euro teuren Schmelzöfen hierzulande aufzustellen.

Wie es sich auf die Produktionswelt auswirkt, wenn die Drucker zu all ihren Vorzügen auch noch schnell werden, ist noch unklar. DMRC-Forscher Klemp hält eine Verzehnfachung der Geschwindigkeit für realistisch.

Klar ist hingegen schon, dass 3D-Drucker im Service-Geschäft eine größere Rolle spielen werden. Die Vision: Reparaturkolonnen drucken direkt beim Kunden das defekte Teil nach. Teure Industrie-Anlagen stünden dann nicht mehr ewig still, bis von irgendwoher ein Ersatzteil besorgt ist. Der britische Luftfahrtkonzern BAE Systems hat mit der Luftwaffe des Landes schon einen entsprechenden Deal abgeschlossen. Er soll die Wartungskosten für die Kampfjets in den kommenden vier Jahren um 1,4 Millionen Euro senken.

Vor allem aber muss sich im Denken der Entwickler und Konstrukteure vieles ändern, um die Möglichkeiten des 3D-Drucks wirklich auszuschöpfen. Davon ist jedenfalls Airbus-Mann Dalle Donne überzeugt. "In der Vergangenheit gab es etwa in der Metallverarbeitung die zehn Regeln für gussgerechtes Design", erläutert er. "Im Zeitalter der additiven Fertigung sind solche Beschränkungen überholt."

Und auch die Hersteller von Konstruktions- und Simulationsprogrammen müssen diese an die neuen Freiheiten anpassen. Im Optimalfall könnte es in Zukunft reichen, dass der Konstrukteur nur noch wenige Vorgaben wie Befestigungspunkte und Lastverhalten eingibt. Anschließend findet der Rechner selbstständig die optimale Bauform.

Mensch und Maschine befreit von den lästigen Fesseln der alten Fertigungstechniken. Spätestens dann dürfte die 3D-Revolution nicht mehr aufzuhalten sein.

3D-Druck as a Service
Folgende Unternehmen offerieren 3D-Druck als Service. Die Liste soll nur zur ersten Orientierung dienen. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Shapeways
Ponoko
3D Fab
Objectplot
3D:Activation

(Quelle: Wirtschaftswoche)