Mobile Endgeräte, Social Media, Cloud Computing und andere Trends machen die „digitale Ökonomie“ immer wichtiger. Was den Kunden ungeahnte Freiheiten und den Unternehmen neue Wettbewerbsmöglichkeiten eröffnet, stellt laut Boston Consulting Group (BCG) die CIOs tagtäglich vor eine Reihe von Herausforderungen. „Um Unternehmen zum Mitspielen und Gewinnen in der digitalen Wirtschaft zu verhelfen, müssen die heutigen CIOs verstehen, wie und wo die digitalen Kräfte die IT betreffen und welche Chancen die neuen Technologien fürs Business bringen“, schreiben die BCG-Autoren Melanie Bockemühl, Frank Felden, Antoine Gourévitch und Richard Helm in einem aktuellen Beitrag. Die Berater nennen vier Gebiete, auf die IT-Chefs sich dabei fokussieren sollten.
1. Veränderte Einsatzorte
BCG nimmt hier die Veränderungen durch mobile Endgeräte ins Visier. Mit Smartphones und Tablets können die Kunden überall und ständig mit dem Unternehmen in Kontakt treten und fordern deshalb auch ubiquitären, umfassenden und sofortigen Service ein. Firmen müssten sich vor diesem Hintergrund genau überlegen, welche Rolle jeder einzelne Kanal für ihre Kunden spielt.
Die Berater verweisen dabei darauf, dass es dabei auch Beschleunigung gibt und Entwicklungen nicht immer vorhersehbar sind. So habe es rund ein Jahrzehnt gedauert, bis sich Online-Banking weitgehend durchgesetzt habe; die Verlagerung zum Mobile Banking erfolgte hingegen fast innerhalb eines Jahres.
„Die CIOs von heute müssen herausfinden, wie sich der alltägliche Betrieb und die Projektarbeit mit den neuen Herausforderungen ausbalancieren lassen“, so BCG. Es müssten technologische Plattformen geschaffen werden, die für die schnellen Veränderungen der digitalen Ökonomie geeignet seien. „Gelingt das nicht, gerät das Unternehmen in eine Position, aus der es ständig auf Veränderungen nur reagieren kann – und die IT wird dann als Problem und nicht als seine Lösung wahrgenommen“, führen die Berater weiter aus.
Konkret bedeute das unter anderem, die bestehenden Systeme systematisch danach abzuklopfen, inwieweit sie über digitale und physische Kanäle die Kunden unterstützen. Zu Beheben von Problemen und Löchern müsse ein Aktionsplan aufgestellt werden. Dabei dürfe nicht der Fehler gemacht werden, den mobilen Kanal als eine simple Variante des Online-Kanals zu behandeln. Neben der Kraft und Konnektivität der mobilen IT müsse auch besondere Rolle berücksichtigt werden, die das Smartphone im täglichen Leben der Kunden spiele. Vor diesem Hintergrund müssten Kern-Services verändert und umgestaltet werden.
Nicht nur BYOD
Ferner gelte es, eine Zielvorstellung von der Firmen-IT zu entwickeln und dahingehende eine mehrjährige, aber pragmatische Roadmap aufzustellen. Wichtig dabei seien einerseits Flexibilität, weil der Wandel schnell und vielschichtig sei, andererseits aber genauso schnelle Ergebnisse. Zu vermeiden seien operative und technische Silos, die hinterher ungewollte Reintegration nach sich ziehen. Vorbereiten müsse sich die IT zudem auf signifikant steigende Transaktionsvolumina und einen veränderten Mix aus Kanälen.
2. Digitale Operationen
Hier hat BCG die Veränderungen auf Seiten der Mitarbeiter und bei der Zusammenarbeit im Blick – Geschäftsprozesse, bei den beispielsweise Papier eliminiert wird oder entscheidungsrelevante Daten für mobile Endgeräte aufbereitet werden. „Dabei geht es nicht nur darum, eine Bring-your-own-Device-Strategie zu unterstützen“, so die Berater. „Sondern darum, Mitarbeiter von ihrer Bindung an den Schreibtisch zu befreien und ihnen bei Informationszugang und Funktionsausübung über direkt an die Kernsysteme angebundene mobile Endgeräte zu helfen.“ Der CIO müsse dabei sein Augenmerk auf vier Punkte richten.
Erstens gehe es um den Einbau von Flexibilität in die Systeme, damit verschiedene Business-Konfigurationen unterstützt werden können. Laut BCG finden schon jetzt vielfältige Veränderungen statt. Konkret würden etwa Funktionen mobil erledigt, Back-Office-Support verlagere sich manchmal ans Front-End, Call Center-Aktivitäten wandeln sich um in Selbstbedienung durch die Kunden. Die wichtige Botschaft der Berater: Die IT sollte Vermutungen und Festlegungen darüber vermeiden, welche Mitarbeiter welche Arbeiten von welchem Ort aus mit welchem Geräte erledigen. Das führe zu Starrheiten, die von der Wirklichkeit schnell überholt werden könnten. Sinnvoller sei es, Flexibilität ins System-Design einzubetten – vom User Interface über die System-Authentifizierung bis hin zum Autorisierungs-Prozess.
Zweitens sei in den Fokus zu nehmen, dass Informationen systematisch zugänglich gemacht und Aufgaben unabhängig vom jeweiligen Aufenthaltsort an die Mitarbeiter verteilt werden. Drittens gelte es Skills und Kapazitäten für den Support über verschiedenartige Geräte, Form-Faktoren und Betriebssysteme aufzubauen. Viertens sei in neuem Maße das Marketing zu unterstützen. BCG verweist hier auf die Notwendigkeit von Integrationspunkten zwischen klassischer IT und neuartiger digitaler IT-Architektur.
3. Information als Wettbewerbsvorteil
Ferner gehen die Berater auf die Fülle neuer Kundendaten ein, die sich über mobile Kommunikation und Social Media gewinnen und durch Instrumente wie Big Data analysieren lassen. „Die Unternehmen müssen Wege finden, wie sie diese Informationen so ausbeuten können, dass aktuelles und künftiges Kundenverhalten beeinflusst werden“, schreibt Boston Consulting. „Schlecht ausgeführt können diese Bemühungen dazu führen, dass Kundenverhalten missverstanden wird oder sogar Datenschutzprobleme auftreten.“ Der CIO könne auch hier seinen Beitrag leisten, das zu verhindern.
Ratschläge für die zwei Geschwindigkeiten
Die Strategie für mobile Applikationen müsse einen Fokus auf Information beinhalten. Beim Gesamtdesign für mobile Apps sollten beispielsweise Kapazitäten eingeplant werden, die das nachvollziehen, speichern und analysieren einer Flut an Informationen erlauben. Die über mobile Endgeräte gewonnenen Daten müssten außerdem mit den bestehenden internen Daten integriert werden. Generell seien Informationsstrategie und Roadmaps so auszubauen, dass digitale Datenströme aufgefangen werden können.
4. Die zwei Geschwindigkeiten
Laut BCG braucht die IT-Abteilung künftig zwei Geschwindigkeiten. Erstens das optimale Tempo für das Liefern von Dienstleistungen für die Fachabteilungen; zweitens den schnelleren „digitalen Speed“, mit dem die digitale Agenda vorangetrieben werden muss. Hierzu gibt es drei Tipps für CIOs.
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Erstens sollten Prozesse und Tools für Projekte, Solution Delivery und Tests so aufgesetzt werden, dass sie verschiedene Entwicklungsbahnen unterstützen.
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Zweitens sei der Mix aus internen Skills und externen Partner zu verändern. „Erfolgreiche Innovatoren bringen Personal mit sehr verschiedenem Hintergrund und unterschiedlichen Talenten zusammen“, so BCG. Daher sei besser, mit Communities und Startups zu interagieren als nur im eigenen Saft zu schmoren.
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Drittens sei es deshalb auch ratsam, aufgeschlossen für neue Ideen zu seien – zum Beispiel von Innovatoren, Kunden oder Followern. Social Media biete dafür beste Möglichkeiten.
„Die IT-Abteilung wird an der Spitze derjenigen Firmen stehen, die in der digitalen Wirtschaft gewinnen“, lautet das Fazit der Boston Consulting Group. „Der neue Fokus für den CIO wird es sein, klare Erkenntnisse darüber zu entwickeln, wie sich aus den jetzt vorhandenen reichhaltigen Quellen und Chancen ein Mehrwert fürs Business extrahieren lässt.“