IT-Flexibilität

4 Maßnahmen, um starre IT-Architekturen aufzubrechen

15.07.2009 von Peter Ratzer
Die IT wird als eine der unflexibelsten Organisationsbereiche angesehen. Es gibt jedoch Wege, alte IT-Architekturen aufzubrechen, meint Peter Ratzer von Deloitte in seiner Kolumne. Kaum ein IT-Manager möchte sich allerdings daran die Finger verbrennen.
Definition und wesentliche Komponenten von IT-Flexibilität.

IT-Flexibilität oder IT-Flexibility wird in aktuellen IT-Management-Diskussionen mittlerweile inflationär verwendet. Gern wird dabei die Notwendigkeit einer flexiblen IT-Organisation pauschal als unabdingbar hingestellt – ohne jedoch dieses nebulös anmutende Schlagwort näher zu umreisen.

Transferiert man den Flexibilitätsbegriff in den IT-Kontext, geht es primär um das Erkennen und Verarbeiten sich ändernder IT-Anforderungen, die sich in Veränderungsnotwendigkeiten niederschlagen. IT-Flexibilität ist als Fähigkeit zu verstehen, schnell, mit angemessener technologischer Ausgestaltung und kontinuierlich auf vorhersehbare und unvorhersehbare IT-bezogene Veränderungen zu reagieren. In diesem Zusammenhang sind Antizipation/Identifikation, Angemessenheit, Geschwindigkeit und Kontinuität essenzielle Komponenten.

Flexibilität wird immer wichtiger für den wertschöpfenden IT-Einsatz

Die Erkenntnis, dass die Gestaltungsmöglichkeiten durch IT einem permanenten Wandel unterliegen, ist mittlerweile auch in den traditionsbewusstesten IT-Organisationen der Republik angekommen. Die ohnehin schon hohe Veränderungsgeschwindigkeit nimmt zudem stetig zu – die dadurch rasant umfangreicher werdenden Spielräume informationstechnologischer Geschäftsunterstützung wirken sich hierbei signifikant auf das Wettbewerbsumfeld aus. In der Konsequenz entstehen zunehmend komplexere und unsicherere geschäftliche Rahmenbedingungen.

Um diese Situation besser kontrollieren zu können, wird im Gegenzug eine noch weiter entwickelte IT benötigt, die wiederum erneut den Komplexitäts- und Unsicherheitsgrad des Wettbewerbsumfelds erhöht. Dieser Mechanismus vollzieht sich in immer kürzeren Veränderungszyklen, denen sich IT-Organisationen anpassen müssen. Eine deutliche höhere Flexibilität ist nötig.

Maßnahmen zur Steigerung der IT-Flexibilität.

Diese Notwendigkeit wird dadurch verstärkt, dass viele Unternehmen die wettbewerbsrelevante Strahlwirkung von IT längst erkannt haben: IT hat sich in den meisten Organisationen zum strategischen Geschäftspartner entwickelt, vorbei sind die Zeiten eines unkoordinierten Schattendaseins. IT ist heute omnipräsenter Bestandteil des Arbeitsalltages, wenn auch in unterschiedlichster Ausprägung und Intensität. In Anbetracht der immensen Bedeutung für Wettbewerbsfähigkeit und -positionierung wirken sich somit unflexible Strukturen umso negativer auf den Geschäftserfolg eines Unternehmens aus.

Zudem bietet die bisher meist marginale Realisierung flexibler IT-Strukturen Raum für signifikante Differenzierung und eine damit verbundene Verbesserung der Wettbewerbsposition. Häufig wird die IT als einer der unflexibelsten Organisationsbereiche angesehen. Die Steuerung gestaltet sich komplexer als bei anderen Bereichen. IT-Strukturen sind oft historisch gewachsen und ad-hoc-getrieben aufgebaut worden. Starre IT-Architekturen sind die Folge, ihr "Aufbrechen" ist mit schwer zu überwindenden Hürden und enormen Risiken verbunden – kaum ein IT-Manager möchte sich hier „die Finger verbrennen“.

Die Erfolgsfaktoren, flexible IT-Strukturen zu schaffen

Ist die Notwendigkeit, die eigene IT-Flexibilität zu erhöhen, erkannt, müssen sich Unternehmen zwingend mit der Frage auseinandersetzen, wie dies zu bewerkstelligen ist. Dazu sind zunächst einige grundlegende Erfolgsfaktoren in Betracht zu ziehen:

1. Adäquater Flexibilitäts-/Stabilitätsmix: Einerseits muss die IT aufgrund der beschriebenen Zusammenhänge anpassungsfähig sein. Andererseits ist eine gewisse Kontinuität, Stabilität und Standardisierung unabdingbar für einen effizienten IT-Betrieb, insbesondere im Hinblick auf einen kostengünstigen IT-Einsatz. Beide Zielsetzungen stehen sich zumindest teilweise entgegen, so dass - als grundlegende Voraussetzung erfolgreicher IT-Flexibilität - eine optimale Balance gefunden werden muss. Wichtigstes Kriterium hierbei sind die Auswirkungen auf den IT-Wertbeitrag bzw. die IT-Profitabilität.

2. Komplexe und starre Systeme steuern: Aufgrund der in der Vergangenheit häufig unkoordinierten Zusammenstellung der IT-Landschaft stellt sich die aktuelle Architektur in Unternehmen oft sehr komplex dar. Starre Regelmechanismen und Funktionen sind keine Seltenheit. Dies erschwert die flexible Gestaltung der IT und muss optimiert werden. Mit jeder Anpassung sollte ein Beitrag zu Erweiterbarkeit, Integrationsfähigkeit und Aktualisierbarkeit geleistet werden.

3. Auf die Kernelemente des Geschäfts konzentrieren: Die Möglichkeiten, die IT anzupassen und innovative Modifikationen vorzunehmen, sind schier unermesslich. Ihre vollständige Umsetzung wäre sowohl betriebswirtschaftlich als auch technologisch unsinnig und aus praktischer Sicht schlicht unmöglich. Unternehmen müssen sich auf die Bereiche mit dem höchsten Verbesserungspotenzial konzentrieren, insbesondere in ihren Kernkompetenzfeldern.

4. IT- und Business-Kompetenz gewährleisten: Zur Bewältigung der geschilderten Herausforderungen ist es unerlässlich, sowohl technologische als auch betriebswirtschaftliche, geschäftsbezogene Expertise vorweisen zu können. Entsprechende Mitarbeiter müssen rekrutiert, ausgebildet und gehalten werden.

Die genannten kritischen Erfolgsfaktoren sollten bei Auswahl und Ausgestaltung von konkreten Flexibilitätsmaßnahmen Berücksichtigung finden. Doch welche Maßnahmen bieten sich in einem ersten Schritt an? Abbildung 2 zeigt diesbezügliche Möglichkeiten auf, die insbesondere für Großunternehmen relevant und nach wesentlichen Bereichen des IT-Betriebs gegliedert sind. Sie beziehen sich primär auf die Schaffung grundlegender Flexibilitätsstrukturen, anhand derer den IT-Wertbeitrag steigernde Veränderungsoptionen ausgewählt, ausgearbeitet, implementiert und genutzt werden können.

Fazit: Wettbewerb verlangt mehr IT-Flexibilität

IT-Flexibilität wird immer wichtiger. Unternehmen müssen sich auf immer kürzere Veränderungszyklen einstellen, zudem bietet eine flexible IT-Organisation Möglichkeiten für eine Optimierung der Wettbewerbsposition. Neben der vernünftigen Steuerung komplexer und starrer Systeme, dem Fokus auf die Kernbereiche des Geschäfts sowie vorhandener IT- und geschäftsbezogener Kompetenz ist vor allem die Balance zwischen Flexibilität und Stabilität sicherzustellen. Erste Maßnahmen sollten die Schaffung grundlegender Flexibilitätsstrukturen adressieren, mittels derer wertschöpfende Maßnahmen selektiert, ausgestaltet und umgesetzt werden können.

Peter Ratzer ist Partner CIO Advisory Services bei Deloitte