Der Online-Handel kommt, aber er kommt langsam. Außer Amazon und wenigen anderen Großen tummeln sich viele kleine Anbieter in den Weiten des internationalen Webs. Viele gehen bald wieder unter, die Träume vom El Dorado des Geschäftemachens sind schnell ausgeträumt. Umso wichtiger ist es für alle Händler, genauer über Motive, Ansichten und Wünsche der Konsumenten Bescheid zu wissen.
Der dritte "Conversation Index“ von Bazaarvoice, einem SaaS-Unternehmen (Software-as-a-Service) für die Analyse von Marken-Websites und Facebook-Communities, will die "Stimme des Verbrauchers in den Mittelpunkt der Geschäftsstrategie“ stellen. Die alte Hersteller- und Händler-Maxime "auf den Kunden hören“ lässt sich im Internet nicht so ohne weiteres umsetzen. Das liegt vor allem daran, dass ein Großteil der Kunden in seiner Anonymität verharrt.
Bazaarvoice hat nun herausgefunden, wie ein Teil der Käufer im Internet tickt. Die vier wichtigsten Ergebnisse:
1. iPad-Shopper sind nacht-aktiv
Laut der Analyse von Konsumentenaktivitäten und -äußerungen im Internet steigt die Zahl der mobilen Einkäufe abends an. Tiefer in der Nacht regieren dann die iPads. Demnach findet die Hälfte des mobilen Browsings und Kaufens nach Geschäftsschluss in den klassischen Läden statt. Nach Feierabend, so die Marktforscher, ist das Verhältnis von mobilen Visits und nicht-mobilen Visits im Internet nahezu ausgeglichen, aber in der Zeit von Mitternacht bis fünf Uhr morgens setze ein Großteil der Käufer aufs iPad. Alle anderen stationären Tablet- oder mobilen Geräte fallen in dieser Zeit vergleichsweise in der Nutzung zurück.
Insgesamt sind die Präsenzzeiten pro Nacht eher bescheiden: iPad-User verbringen laut Bazaarvoice durchschnittlich fünf Minuten pro Nacht auf Webseiten. Das sind drei Prozent mehr als Computer-User, die 4:50 Minuten online verbringen. Verglichen mit anderen Tablet- und mobilen Nutzer, die 4:19 Minuten online verbringen, sind es sogar 16 Prozent mehr.
2. Facebook-User lieben den Dialog mehr als den Einkauf
Die Analyse von Meinungen der Internet-User zum Shopping hat ferner ermittelt: Produktmeinungen, die über eine Unternehmenswebseite verbreitet und dann via Facebook geteilt werden, erhalten im Durchschnitt eine fünf Prozent höhere Bewertung als Produktkommentare, die nicht über Facebook verbreitet werden. Dies färbt auch auf die Bewertung der Produkte ab, wie Bazaarvoice schreibt: "Das durchschnittliche Rating einer über Facebook geteilten Produktbewertung beträgt 4,5 von 5 Sternen. Die durchschnittliche Bewertung aller Produktmeinungen einer Website beträgt 4,3 von 5 Sternen.“
3. Konsumenten sprechen selten über ihre Änderungswünsche
Insgesamt zwölf Prozent aller Bewertungen gehen auch auf Verbesserungsvorschläge für Produkte ein. Schaut man sich diese Vorschläge näher an, betreffen sie vor allem folgende Punkte: 20 Prozent aller Vier-Sterne-Produktbewertungen wollen dem besprochenen Produkt dazu verhelfen, fünf Sterne zu erreichen. Und 80 Prozent aller Produktvorschläge sind äußerst konstruktiv: Die Konsumenten schlagen laut Bazaarvoice konkrete Verbesserungen vor und beschreiben Probleme detailliiert. Unternehmen, die diese Kommentare ernst nehmen, können so auf relativ einfache Weise ihre Angebote kontrollieren und verändern.
Allerdings gehören die meisten Verbesserungsvorschläge mehr in die Kategorie Farbe, Stil oder Größe (42,5 Prozent aller Produktanregungen). Um tatsächliche Probleme mit dem Produkt geht es relativ selten: Nur 14,5 Prozent der untersuchten Meinungen gehen auf reale Produktmängel ein.
4. Junge Offline-Käufer flüchten in die Online-Anonymität
Online lässt sich vieles sagen und behaupten, was im Alltag der Menschen zu Problemen in der Interaktion führen könnte. Die Anonymität des weltweiten Webs schützt zunächst (noch) vor der eindeutigen Zuordnung einer Meinung zu einer bestimmten, namentlich identifizierbaren Person. Das ist auch bei Offline- und Online-Käufern nicht anders, wie Bazaarvoice ermittelt hat.
Das bedeutet in der gegenwärtigen Internet-Praxis: Rund die Hälfte der Konsumenten, die sich im Internet zu einem Kauf äußert, hat das jeweilige Produkt in einem klassischen Laden gekauft. Für ihre Meinungsäußerung ziehen sie aber das Internet vor – hier geht es anonymer zu, und man findet vielleicht auch eher gleichgesinnte Personen, mit denen man kommunizieren möchte.
Ältere Online-Käufer positiver eingestellt
Auffällig ist ferner, dass Ladenkäufer, die zwischen 19 und 24 Jahre alt sind, häufiger ihr Online-Feedback zu gekauften Produkten abgeben. Umgekehrt gilt: "Je älter der Ladenkäufer, umso geringer die Wahrscheinlichkeit, dass der Konsument einen Kommentar im Internet verfasst.“
Die Autoren des Conversation Index kommen zu der Folgerung: "Allgemein zeigen die Daten, dass Ladenkäufer weniger zufrieden mit ihren erworbenen Produkten sind als Online-Shopper, die im Internet, mobil oder über den Tablet-PC einkaufen.“ Konsumenten, die 55 und älter sind, seien deutlich zufriedener mit ihren Online-Käufen als Kunden, die in einem Geschäft eingekauft haben.
Wie gut, dass wir alle immer älter werden. Für den Online-Handel wird sich das auf jeden Fall auszahlen.