Die Herausforderung für Unternehmen endet nicht bei der erfolgreichen Rekrutierung eines Bewerbers. Im Gegenteil. Das Management neuer Mitarbeiter - genau genommen das Führen jedes Angestellten - sei die deutlich größere Herausforderung, schreibt Jonathan Hassell in einem Beitrag für unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com. Er beschreibt vier Maßnahmen, mit denen CIOs ihren jungen IT-Experten ein besserer Chef werden können.
1. Eine Fehlerkultur etablieren: Viel zu oft ist es so, dass die Menschen alles daran setzen, sich bloß keine Fehler zu erlauben oder jemanden zu enttäuschen. Doch vor allem junge Mitarbeiter müssen sich Fehler erlauben dürfen, denn nur so können sie sich weiterentwickeln.
Natürlich kann einiges schief gehen, wenn ein Mitarbeiter mit einem großen Aufgabenbereich etwas falsch macht. Deshalb rät Hassell, jungen Mitarbeitern eine Aufgabe zu übergeben, deren Scheitern kein Loch ins IT-Budget reißt oder die gesamten IT-Systeme des Unternehmens für mehrere Tage lahmlegt.
Verantwortet ein junger Administrator etwa ein Upgrade auf Windows 7, sollte das nur eine Abteilung betreffen und nicht alle Unternehmensbereiche auf einmal. Im schlimmsten Fall verzögert sich das Upgrade um ein paar Tage, was sich verschmerzen lässt. Die Erfahrungen und Kenntnisgewinne, die die ITler aus so einem Projekt mitnehmen, sind enorm. Besonders dann, wenn sie sich auch Fehler erlauben dürfen und wissen, dass ihr Chef hinter ihnen steht und sie bei Bedarf unterstützt.
2. Junge Mitarbeiter in Entscheidungen einbeziehen: Natürlich gibt es bestimmte Situationen - etwa Krisenthemen - in denen ein CIO zügig selbst über das weitere Vorgehen entscheidet. Doch häufig kann es sehr gewinnbringend sein, Teammitglieder in die Entscheidungsfindung einzubeziehen - mit ihnen gemeinsam Lösungswege abzuwägen und eine dieser Alternativen auszuwählen.
Vorteilhaft ist das unter anderem deshalb, weil einer Gruppe immer Dinge auffallen, die Einzelpersonen vielleicht überhaupt nicht berücksichtigt haben.
Der CIO sollte keinen Zweifel daran lassen, dass er das letzte Wort hat, aber gleichzeitig seinem Team vermitteln, wie viel ihm am Austausch und dem gemeinsamen Finden einer Lösung liegt. Junge Mitarbeiter profitieren enorm von diesen Gesprächen: Sie bekommen so ein besseres Gefühl dafür, worauf ihr Chef Wert legt, welche Fragen er stellt und wie er an Probleme herangeht. Aus solchen Prozessen können sie viel für ihre weitere Karriere mitnehmen.
Ohne Weiterbildungen verliert man Talente
3. Geld für Weiterbildungen ausgeben: Sie sind die vielleicht wichtigste Maßnahme, um sich persönlich weiterzuentwickeln. Doch in vielen Unternehmen werden sie sträflich vernachlässigt. Häufig zögern Manager, ihren Angestellten eine spezielle und meist teure Weiterbildung zu ermöglichen. Denn sie befürchten, der Mitarbeiter könnte das Unternehmen anschließend schnell wegen eines besseren Angebotes verlassen und das Wissen wäre so wieder verloren.
Doch wegen dieser Bedenken überhaupt keine Weiterbildungen zu finanzieren, wäre zu kurz gedacht. So würde man seinen Teammitgliedern das Gefühl vermitteln, dass man sich nicht um ihre Weiterentwicklung schert. Letztendlich vertreibt man mit diesem Verhalten Talente, denn sie werden sich bald Arbeitgeber suchen, die sie stärker fördern. Wer Weiterbildungen ablehnt, bleibt mit den Durchschnittsmitarbeitern zurück.
4. Angestellte nicht entgegen ihren Kompetenzen befördern: Hassell vertritt die Meinung, dass viele Menschen auf Hierarchieebenen angekommen sind, für die sie eigentlich nicht die notwendigen Kompetenzen mitbringen. Gerade in der IT kommt es nur allzu häufig vor, dass ausgezeichnete IT-Experten von ihren Vorgesetzten in eine Management-Laufbahn befördert werden, obwohl sie dafür überhaupt nicht geeignet sind.
Mehr Verantwortung an Mitarbeiter übertragen
CIOs können solchen Fehlentscheidungen entgegenwirken - zum Beispiel, indem sie ihren Teammitgliedern Schritt für Schritt mehr Verantwortung übertragen und sie so langsam an neue Aufgaben heranführen. Für Mitarbeiter, die sich weiterentwickeln möchten, sollte es nicht nur eine Laufbahn geben, sondern unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten. Das kann dann zum Beispiel auch eine Expertenlaufbahn sein. Wichtig sollte dabei sein, dass dieser Laufbahn die gleiche Wertschätzung entgegengebracht wird wie der reinen Managementlaufbahn. So ermöglicht man talentierten Mitarbeitern, sich ihren Fähigkeiten entsprechend weiterzuentwickeln.
Jonathan Hassell leitet das US-Beratungsunternehmen 82 Ventures.