An Energie sollte es einem Kraftwerkbauer niemals mangeln. Bei Hitachi Power Europe, der Kraftwerksparte des japanischen Hitachi-Konzerns, ist in den vergangenen beiden Jahren jede Menge Energie gerade in der IT-Abteilung benötigt worden. Etwa 40 Projekte verschiedenen Ausmaßes habe man in diesem Zeitraum angepackt, berichtet IT-Chef Michael Claus. Inzwischen ist fast alles abgearbeitet, aber die nächsten Herausforderungen warten schon.
Zentrale im Innenhafen
Claus und die 30 Mitarbeiter seiner Abteilung arbeiten in der Firmenzentrale im Duisburger Innenhafen. Hitachi Power Europe baut konventionelle Kraftwerke in Europa, der ehemaligen Sowjetunion, Afrika und Indien. Zum Unternehmen zählen einige Tochtergesellschaften wie das Stahlbauunternehmen Donges SteelTec GmbH in Darmstadt und die Meeraner Dampfkesselbau GmbH in Sachsen, aber auch Projektabwickler und Joint Ventures in Südafrika und Indien.
Bevor Claus im Mai 2010 zu Hitachi Power Europe wechselte, war er viele Jahre für ein anderes Unternehmen aus dem Anlagenbau tätig. Seit 2001 war der 48-Jährige IT-Chef bei KHD Humboldt Wedag in Köln. Als herausragende Aufgaben in dieser Zeit nennt Claus den Rollout eines SAP-Systems sowie einige Projekte in den Bereichen CAD und Produktdatenmanagement. Dieser Erfahrungshorizont hat ihn geradezu prädestiniert für die Aufgaben bei Hitachi Power Europe.
IT-Landschaft dringend überholungsbedürftig
Zu tun gab es dort von Anfang jede Menge. Von der Unternehmensführung sei eine komplette Umstrukturierung der IT vorgegeben worden, erläutert der CIO. Inhaltlich ging es dabei um ein Re-Alignment an die neue Ausrichtung der Firma als EPC-Anbieter (Engineering-Procurement-Construction), gefragt war also eine bessere Unterstützung der Geschäftsprozesse. Hinzu kam, dass sich die IT-Landschaft in weiten Teilen als dringend überholungsbedürftig zeigte. Deshalb wurde schnell eine ganze Reihe von Projekten gestartet – zumeist im SAP-Umfeld, aber auch in den Bereichen CAD, PDM und Collaboration. „Die letzten Teile dieser Projekte werden noch in diesem Jahr live gehen“, sagt Claus nicht ohne Stolz auf seine Mitarbeiter. „Wir haben ein tolles Team, das fachlich sehr gut ist und sich selbst motiviert.“
Die Aufgaben konnten allesamt annähernd im vorgegebenen Zeitrahmen gemeistert werden. Nur einen Monat später als ursprünglich geplant soll im Juli das Herzstück der Umstrukturierung fertig sein: eine Logistiklösung samt Portal für mehrere hundert externe Benutzer auf Basis von SAP PS, entwickelt in Zusammenarbeit mit dem Dienstleister Gambit Consulting aus Siegburg.
Windows 8 wird übersprungen
Die Bedeutung dieser Lösung für ein Unternehmen wie Hitachi Power Europe lässt sich leicht ermessen. Es geht schließlich darum, hunderttausende von Bauteilen zu verwalten und rechtzeitig auf eine Vielzahl von Großbaustellen zu bringen. SAP habe für diese speziellen Anforderungen leider keine Standardlösung im Regal, berichtet Claus. Im Übrigen handelt es sich tatsächlich um eine komplette Neuimplementierung. Bisher seien die Logistikprozesse in einem von SAP isolierten Lieferantenportal bewältigt worden, so Claus.
Über ein anderes Großprojekt im Unternehmen berichteten wir kürzlich in unserem Magazin. Im laufenden Betrieb erfolgte zwischen Januar und September 2011 die Migration von Windows XP auf Windows 7. Eine Herausforderung dabei war die heterogene IT-Landschaft im Unternehmen, die neben 1000 Desktops und 550 Notebooks 450 Workstations mit CAD-Anwendungen umfasst. Hitachi Power Europe griff bei diesem Projekt auf die Dienste der Kölner Datagroup und der Info AG zurück. Binnen neun Monaten erfolgte der Roll-Out auf rund 2000 Endgeräten; zugleich wurde die Zahl der Software-Applikationen von 1200 auf 410 gesenkt.
Claus erläutert, dass dieser Schritt quasi alternativlos war und schnell gegangen werden musste. Denn Hitachi Power Europe produziert nicht für den Massenmarkt, sondern arbeitet in Großprojekten mit einer überschaubaren Zahl an anspruchsvollen Partner zusammen. Abgesehen von der Einstellung des XP-Supports durch Microsoft hätten es diese Kunden nicht mehr hingenommen, mit Uralt-Formaten arbeiten zu müssen. „Die Applikationslandschaft muss zu dem passen, was sich draußen auf dem Markt abspielt“, formuliert Claus als Leitsatz, der für die IT in einem Unternehmen wie Hitachi Power Europe unausweichlich gilt.
Migration auf Windows 9 ist geplant
In einigen Jahren wird man deshalb vorausschauend die Migration auf Windows 9 planen. Dass Windows 8 als Zwischenschritt verpasst wird, schmerzt den CIO nicht wirklich. Zum einen hätte es sich sein Unternehmen überhaupt nicht leisten können, noch länger mit XP zu arbeiten. Zum anderen wirkt sich die Mobile IT-Revolution für den Kraftwerkbauer auf eine Weise aus, die die zu erwartenden Segnungen durch Windows 8 verzichtbar macht.
Wichtig sei es, dass die Mitarbeiter auf den Baustellen mit GPRS-Scannern auf die SAP-Logistikdaten zugreifen könnten, erklärt Claus. Das funktioniert jetzt, und zwar auch ohne Windows 8.
Security bleibt Baustelle
Seit Ende der Windows-Migration läuft bei Hitachi Power Europe die komplette Erneuerung der Client-Landschaft. Die erhoffte Performance-Steigerung durch die Migration werde sich erst nach Austausch der in die Jahre gekommenen Geräte realisieren lassen, so Claus. Drei Viertel der Erneuerung werden dieses Jahr abgeschlossen, derzeit läuft die dritte Rollout-Welle. Entschieden hat sich Hitachi Power Europe für Hardware aus dem Hause HP.
Seit zwei Jahre geht es in der IT des Unternehmens also Schlag auf Schlag. Nach dem Client-Austausch ist zwar das riesige Projektmenü verfrühstückt, eine lange Verdauungspause wird es dennoch nicht geben können. Claus nennt Compliance und IT-Security als stetige Baustellen der Zukunft. „Im Konzern werden diese Themen sehr ernst genommen“, so der CIO. Außerdem stehe die Harmonisierung der Stammdaten im Unternehmen noch aus.