Jedes Land in Europa hat für ihre öffentliche Verwaltung ganz individuelle Transformationsstrategien entwickelt. „IT ist die Klammer, die alle diese Konzepte verbindet“, so Marco Burk vom Beratungs- und IT-Dienstleistungsunternehmen Logica. „Uns hat die Vielzahl der unterschiedlichen Ansätze überrascht, mit denen die öffentliche Hand in Europa IT nutzt, um mehr für weniger zu erreichen.“
Diese Unterschiedlichkeit der verschiedenen Ansätze in Europa ist das Fazit einer Studie zum Wandlungsprozess des öffentlichen Sektors des Beratungshauses Logica mit den Marktforschern Pierre Audoin Consultants (PAC). Im Rahmen der Untersuchung „Transforming Government“ führte PAC im Frühjahr 2011 rund 180 Gespräche mit Vertretern der öffentlichen Hand in Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich, Schweden und Finnland.
Verwaltungen auf Landes-, regionaler und kommunaler Ebene stehen vor einem Dilemma: Sie sind auf der einen Seite gehalten, die Verschuldung der öffentlichen Hand zu minimieren. Auf der anderen Seite erwarten Bürger von ihnen kontinuierlich mehr Service und quittieren Erfolge dabei über die Wahlurne. „Diese beiden Ziele in Übereinstimmung zu bringen, erfordert vom öffentlichen Sektor eine Technisierung bei der Bereitstellung von Diensten“, sagte Burk. „Die Herausforderung ist in allen Ländern Europas gleich – einzig im grundsätzlichen Weg, das Dilemma aufzulösen, unterscheiden sich die Staaten.“
Die Interviews zeigten, dass jedes Land seine ganz eigene Strategie bei der Umwandlung des Verwaltungsapparats besitzt. Während deutsche Verwaltungen eher auf eine Vereinfachung von Prozessen ausgerichtet sind, sehen ihre Pendants in Großbritannien Lösungswege im Outsourcing hoheitlicher Aufgaben an den privaten Sektor. Schwedische Verwaltungen wiederum setzen bei Transformationsprozessen vor allem auf E-Government-Konzepte wie die landesweite „Digital Agenda“. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Finnland. Hier setzen die kommunale und Landesverwaltungen auf eine Automatisierung von Vorgängen durch IT, um die Servicequalität und -geschwindigkeit zu erhöhen.
PAC hat fünf grundlegende Strategien, mit denen Verwaltungen europaweit Bürgernähe und Kostensenkung in Einklang bringen, identifiziert:
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Automatisierung von Verwaltungsprozessen im Backoffice und im Kundenkontakt
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Steigerung der Verwaltungseffizienz durch IT-basierte, zentralisierte
Beschaffungslösungen -
Diensterfüllung durch die Nutzung von Shared Services und Kooperation mit der
Privatwirtschaft -
Verschlankung von Prozessabläufen zwischen unterschiedlichen Verwaltungsebenen
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Kostensenkung durch den Einsatz neuer IT-Lösungen
Die Studie zeigt neben diesen unterschiedlichen Lösungsstrategien auch Unterschiede in der Wahrnehmung der Beteiligten. Während beispielsweise die Mehrzahl der befragten Politiker einen Bedarf an stärkerer Bürgerbeteiligung für die kommenden Jahre sieht, sind nur 60 Prozent ihrer Beamten der Überzeugung, dass die jeweilige Regierung auch einen ernsten Versuch hierzu unternimmt.
Verwaltungsmitarbeiter sind für innovative Online-Angebote
In Frankreich ist diese Haltung mit 37 Prozent besonders niedrig ausgeprägt. Als Gründe, die gegen eine stärkere Beteiligung von Bürgern an Verwaltungsvorgängen sprechen, nannten die Beamten vor allem die fehlende Sachkenntnis der Wähler, rechtliche Hürden und ein generell fehlendes Interesse von Seiten der Bürger, sich in Belange des öffentlichen Sektors einbringen zu wollen. Allerdings wurde im Rahmen der Interviews auch deutlich, dass sich viele Verwaltungsmitarbeiter hier Veränderungen wünschen. Mit über 30 Prozent nannten die Befragten innovative Online-Angebote und Self-Service-Optionen als zentrale Kanäle, über die eine stärkere Beteiligung der Bürger in den nächsten fünf Jahren erfolgen sollte.
Bezüglich einer Kooperation mit privatwirtschaftlichen Unternehmen deckt sich die grundsätzliche Einstellung der Befragten laut Studie nicht mit der tatsächlichen Entwicklung. Auf der einen Seite äußerte nur gut die Hälfte der europäischen Beamten Interesse an einer verstärkten Nutzung privatwirtschaftlicher Dienstleistungen, wobei gerade Beamte auf kommunaler Ebene eine reservierte Haltung einnehmen. Auf der anderen Seite vertreten gut 80 Prozent der Befragten die Meinung, dass die stärkere Einbindung privater Unternehmen die Effizienz der Verwaltungsprozesse positiv beeinflussen kann. Eine Steigerung der Servicequalität erwarteten mehr als 65 Prozent.
Mehr Transparenz und Kommunikation bei PPP-Projekten erwünscht
Noch deutlicher wird diese Schere, fragt man nach den bisherigen Erfahrungen mit Private-Public-Partnerships. Länderübergreifend gaben 86 Prozent der Befragten an, erfolgreich mit Unternehmen zusammengearbeitet zu haben. Der private Sektor, so eine mehrfach geäußerte Ansicht, könne allerdings durch mehr Kommunikation und transparente Arbeit einen Beitrag leisten, diesen Graben zwischen der Wahrnehmung der Beamten und der Realität zu überbrücken.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.