Manche sprechen davon, dass sich mit Virtualisierung und Cloud Computing die IT komplett verändert habe. Schaut man sich bei den Unternehmen um, muss man diese Aussage relativieren: Die meisten Unternehmen halten sich noch immer zurück mit der Installation von virtuellen Servern, da ihnen die Gefahren für ihre Daten zu groß erscheinen. Von einem großen Umbruch kann bis jetzt erst in Ansätzen die Rede sein, doch der Druck wird immer größer.
Vielleicht kommt der ganz große Umbruch erst morgen oder übermorgen. Vielleicht war aber es auch gar nicht die Intention, mit Virtualisierung und Cloud die IT vollständig umzustürzen. Es ging und geht um einen Ansatz, der realistischer ist, als es Freunde und Feinde der neuen Technologien wahrhaben wollen: um die Industrialisierung der IT, um die Einführung von Automatisierung und flexiblen Methoden der Installation, Konfiguration und Migration von Anwendungen und Funktionen.
Rachel Dines, Analystin bei Forrester Research, glaubt ebenfalls nicht, dass es bei Cloud Computing und virtuellen Servern um die totale Veränderung der traditionellen IT geht. Sehr wohl stünden aber Organisation und Management der IT auf dem Prüfstand, die heute mindestens genauso wichtig seien wie die Technologie im engeren Sinne.
Heute, so Dines, sei es bereits möglich, granulare Zugriffe auf CPU-Zyklen, Arbeitsspeicher, Speicherkapazitäten oder I/O-Bandbreite zu organisieren, die sich von der jeweiligen physikalischen Begrenztheit frei machen würden. Dies hätte die IT-Abteilungen bereits dazu gezwungen, sich von der früheren Silo-Architektur zu lösen.
Chris Wolf, Analyst bei Gartner, argumentiert in die gleiche Richtung: "Ohne ein Überdenken der organisatorischen Struktur der IT-Abteilung und ohne eine Anpassung der virtuellen Infrastruktur an die physikalische wird sie den Überblick verlieren.“ Es bestehe die Gefahr, dass sich beide – physikalische und virtuelle Infrastruktur – auseinander entwickeln. Und dies werde die Unterstützung der Geschäftszwecke des Unternehmens in Mitleidenschaft ziehen.
Die Management-Prinzipien für Virtualisierung
Das Zauberwort für die Bewältigung der Virtualisierung und ihrer Folgen heißt Management. Die Beachtung einiger Management-Prinzipien kann die CIOs und die IT-Abteilung unterstützen. Darin sind sich die meisten Analysten einig.
1. Den Fokus ausweiten
Wird ein physikalischer Server in eine virtuelle Umgebung oder in eine Virtuelle Maschine (VM) verschoben, eliminiert man seine Anbindung an die physikalische Infrastruktur. Damit muss der Administrator laut Wolf von Gartner auch die gesamte virtuelle Umgebung mit ihrem Load Balancing oder ihren Security-Einrichtungen beachten.
2. Die Job-Beschreibungen erweitern
Dines von Forrester weist darauf hin, dass sich in virtuellen Umgebungen die Zuweisung von Servern für neue Applikationen oder mehr I/O-Leistung wesentlich erleichtert hat. Kapazitätsplanung bezieht sich dann auf das gesamte Rechenzentrum und nicht mehr nur auf eine einzelne physikalische Box. In der virtuellen Welt ergeben sich neue Zuweisungen von Aufgaben, der Horizont der ITler muss sich erweitern.
3. IT als eine Reihe von Services begreifen
Unterstützung für die Arbeit der Geschäftsabteilungen wurde in der Vergangenheit eher umständlich betrieben: Man bestellte neue Server oder Speicherplatz, diskutierte über Budgets und Zeitpläne. Heute lässt eine virtualisierte Infrastruktur mehr Spielraum für schnelle Entscheidungen, wenn sie im Sinne von Service-Katalogen organisiert ist. Über ein Portal oder per Telefonanruf bei der IT-Abteilung kann eine konkrete Leistung bestellt werden – ob sie intern oder extern über einen Cloud-Dienst zugewiesen wird, ist letztlich unerheblich. Fachleute sprechen von einer Industrialisierung der IT.
Die Aufgaben in der IT ändern sich
4. Neue Berufsfelder unterstützen
Mit Virtualisierung verändern sich die Aufgaben in der IT-Abteilung. In der Vergangenheit hat man auf dem Arbeitsmarkt nach neuen Mitarbeitern mit den entsprechenden Fähigkeiten gesucht. Das Angebot an Virtualisierungs- und Cloud-Spezialisten ist aber eher dünn gesät. Experten wie John Reed von Robert Half Technology empfehlen deshalb interne Ausbildungs- und Umschulungsprozesse. Zugleich erhöhen sich aber auch mittelfristig die Arbeitschancen für entsprechende Spezialisten. "Virtualisierungs-Architekt“ oder "Cloud-Architekt“ können zu Jobbeschreibungen mit Zukunftschancen werden.
5. Mehr automatische Prozesse einsetzen
Die neue Welle von Technologien, egal ob man sie mit Virtualisierung, Cloud, Services oder Industrialisierung der IT umschreibt, macht IT nicht einfacher. Kritische Prozesse wie Zuweisung von Ressourcen (Provisionierung), Migration von Anwendungen oder Security-Anforderungen werden zu komplexen Aufgaben. Der Analyst Frank Gillett von Forrester empfiehlt deshalb den Einsatz von Automatisierung-Tools. Nur so könne das Management der IT mit all ihren Umbrüchen effektiv betrieben werden.