Zunächst ist das steigende Interesse an nachhaltiger IT der aktuellen wirtschaftlichen Situation geschuldet, die sich auch im IT-Bereich in Form eines verstärkten Kostendrucks äußert. Aktuelle Marktforschungsberichte und Umfragen zeigen, dass einer Senkung der IT-Kosten in der momentanen Lage ein enorm hoher Stellenwert beigemessen wird.
Durch die technischen Weiterentwicklungen der letzten Jahre, im Sinne höherer Leistungsfähigkeit, ist der Energiebedarf für Rechenzentren und Endnutzergeräte signifikant angestiegen. Den steigenden Energiekosten stehen mittlerweile Initiativen für mehr Energieeffizienz gegenüber. Viele Hersteller werben inzwischen aktiv für ihre "umweltfreundlichen" und energieeffizienten IT-Produkte.
Wer seine IT nachhaltig gestaltet, positioniert sich in der öffentlichen Wahrnehmung neu. Dass Unternehmen zunehmend hinsichtlich "weicher Faktoren" beurteilt werden, spiegelt sich zum Beispiel in den Jahresabschlussberichten der Konzerne des DAX 30 wider. Hier ist eine Nachhaltigkeitsberichterstattung inzwischen die Regel.
Nachhaltigkeit der IT wirkt sich aber auch bei kleineren Unternehmen positiv auf den Ruf aus. Eine besondere Rolle spielen derartige Faktoren beispielsweise im Hochpreissegment der Fertigungsindustrie.
Mittelfristig ist zu erwarten, dass im Bereich der Nachhaltigkeit und Energieeffizienz die regulatorischen Anforderungen steigen werden. Schon heute sollten sich Unternehmen auf diese zu erwartenden Veränderungen einstellen.
Die 3 Dimensionen nachhaltiger IT
In der Praxis greift das, was als "nachhaltige IT" begriffen wird, häufig zu kurz. Der Begriff "Nachhaltigkeit" hat eine ökologische, eine ökonomische und eine soziale Dimension.
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Die sogenannte "Green IT" ist die ökologische Komponente und bezieht sich beispielsweise auf die Steigerung der Energieeffizienz von Hardware oder die Lösung des Kühl- und Platzproblems bei Servern.
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Die ökonomische Dimension betrachtet messbare Einsparungen, zum Beispiel über geringere laufende Betriebskosten.
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Schließlich gibt es eine soziale Komponente der Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmensphilosophie. Durch Kommunikation sollte ein Bewusstsein für das Thema innerhalb der Organisation geschaffen werden. Hierunter ist auch die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu verstehen.
Aus unserer Erfahrung können wir sagen, dass diejenigen Unternehmen bei der Etablierung von Nachhaltigkeit und deren Berichterstattung im IT-Bereich am erfolgreichsten waren, denen es gelungen ist, die drei beschriebenen Dimensionen bei der Einführung gleichberechtigt zu berücksichtigen.
Etablierung von Nachhaltigkeit im IT-Bereich
Um die sich aus nachhaltiger IT ergebenden Chancen dauerhaft nutzen zu können, sollte die Nachhaltigkeit der IT als fester Bestandteil der Unternehmensphilosophie verankert werden. Dazu haben sich in der Praxis die folgenden fünf Schritte bewährt.
1. Schritt: Unternehmensweite Vision
Zunächst muss Nachhaltigkeit als gleichberechtigtes strategisches Unternehmensziel etabliert werden. Was einfach klingt, ist der wohl schwerste Schritt in der Praxis. Erforderlich ist das Commitment des Top-Managements. Nur wenn das gesamte Unternehmen die Notwendigkeit von nachhaltigem Handeln erkannt hat, kann ein CIO den IT-Bereich danach ausrichten.
Es empfiehlt sich, gemeinsam mit der gesamten Unternehmensspitze in Workshops zu definieren was Nachhaltigkeit bedeutet und eine langfristige Vision zu formulieren. Anschließend gilt es, diese Ergebnisse in die Organisation zu tragen.
2. Schritt: Strategische Ausrichtung
Gibt es eine unternehmensweit einheitliche Vorstellung von Nachhaltigkeit, kann der CIO kompatible Ziele für den IT-Bereich festlegen. Existiert zum Beispiel eine IT-Balanced-Scorecard als Zielsystem, empfiehlt es sich, diese in einem Workshop mit dem IT-Management zu überarbeiten und Nachhaltigkeit dort als neue Dimension zu integrieren. In vielen Unternehmen helfen Benchmarking-Daten dabei, strategische Ziele zu konkretisieren und eine realistische Vorstellung von machbaren Zielgrößen, beispielsweise für Energieeffizienz von Hardware, zur erhalten.
Zwei Maßnahmen haben sich in der Praxis zur Erreichung der strategische Nachhaltigkeitsziele besonders bewährt: Das Aufstellen von Kriterien für den Investitionsprozess und die Analyse des bestehenden IT-Portfolios.
3. Schritt: Berichterstattung aufbauen
Eine von CIOs häufig gestellte Frage lautet: "Wie erfahre ich, ob die festgelegten Nachhaltigkeitsziele tatsächlich erreicht wurden?" Um diese Frage beantworten zu können, ist es notwendig eine Nachhaltigkeitsberichterstattung aufzubauen. Dort wo Maßnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit ergriffen werden, müssen klare Verantwortlichkeiten für die Zielerreichung vergeben und Standardberichte an das IT-Management oder direkt an den CIO aufgesetzt werden. Darüber hinaus sollten herausragende Projekte zur Nachhaltigkeit in die Organisation kommuniziert werden. In vielen Unternehmen geschieht dies über regelmäßig erscheinende Newsletter.
4. Schritt: Investitionsprozess anpassen
In der Regel gibt es in Unternehmen Prozesse für die Bewertung und Durchführung von Neuanschaffungen im IT-Bereich. Innerhalb dieser Prozesse wird anhand definierter Kriterien beurteilt, ob eine Investition durchgeführt werden soll oder nicht. Ebenso gilt es, Kriterien für die Nachhaltigkeit von IT-Investitionen festzulegen und in den bestehenden Kriterienkatalog zu integrieren.
5. Schritt: Portfolioanalyse und -management
Neben einer bewussten Entscheidung für Nachhaltigkeit von IT-Investitionen, sollten CIOs auch eine Analyse des bereits vorhandenen IT-Portfolios durchführen. In der Regel kann ein Business Case aufzeigen, ob der sukzessive Austausch veralteter Technologie gegen nachhaltige IT auch wirtschaftlich ist.
Aus zahlreichen Gesprächen mit CIOs haben wir erfahren, dass es sich empfiehlt, auch das IT-Projektportfolio genauer zu betrachten. Häufig gibt es aufgrund mangelnder Transparenz und Steuerbarkeit laufende Projektvorhaben, die das Ziel einer nachhaltigen IT konterkarieren. In diesem Fall sollten Maßnahmen im Sinne einer Portfolioanpassung ergriffen werden.
Fazit
Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass es einiger Anstrengungen bedarf, die Nachhaltigkeit der IT langfristig erfolgreich zu etablieren. Die Worthülse "nachhaltige IT" mit Leben zu füllen, heißt neben den dringend notwendigen ökologischen Verbesserungen für das Unternehmen, auch einen messbaren ökonomischen Nutzen zu generieren und diese Vorteile offener innerhalb des sozialen Umfeldes der Organisation zu kommunizieren.
Jens Pientak ist CIO Advisor im Bereich Performance & Technology bei KPMG.