Viele Unternehmen halten sich noch dabei zurück, wenn es darum geht, in Virtualisierung und in Mitarbeiter mit entsprechendem Know-how zu investieren. Doch es wäre verkehrt, einfach zu leugnen, dass ein Interesse an der Modernisierung der Rechenzentren besteht. Und Modernisierung schließt heute nun einmal Virtualisierung – und Cloud Computing – ein.
Wie der Forrester-Analyst Andre Kindness in seinem Report "The Data Center Network Evolution: Five Reasons This Isn’t Your Dad’s Network” behauptet, durchlaufen die Unternehmen bei ihrer Rechenzentrums-Modernisierung dabei den exakt gleichen Prozess wie vor 20 Jahren. Damals ging es darum, die statischen Infrastrukturen zu dynamisieren und effizienter zu machen, um Voice over IP (VoIP) einzuführen, als weiteres Protokoll für Sprache neben der Übertragung von Informationen, Video- oder Speicherdaten. Heute stehen Automatisierung und Effizienzsteigerung an, um Virtualisierung und neue Abrechnungsmethoden à la Cloud in die Praxis umzusetzen.
Modernisierung, so könnte man zunächst denken, dreht sich immer um das Gleiche. Verkrustete Strukturen aufbrechen, "schlanker“, "dynamischer“ und "effizienter“ werden und wie die schmückenden Beiworte alle lauten. Insofern ist Modernisierung ein immer wiederkehrender, gleicher Prozess, de facto handelt es sich aber um sehr verschiedene Dinge.
Zum Beispiel erfordert Virtualisierung als heute treibende Kraft besondere Schritte, um sie wirksam in die Praxis umzusetzen, die recht wenig mit früheren Umwälzungen wie bei Client/Server oder VoIP zu tun haben.
Laut Forrester ist die Einsparung von Kosten der wesentliche Faktor bei der Einführung von Virtualisierung. 82 Prozent haben in einer von den Analysten durchgeführten Umfrage angegeben, dass dies das zentrale Motiv bei der Virtualisierung von x86-Servern sei. Die Kalkulation lautet: weniger physikalische Server = geringere Ausgaben. Ob diese Rechnung allerdings aufgeht, erscheint zweifelhaft, denn sie enthält einige Unbekannte wie Betreuung, Zuverlässigkeit, Security oder Backup unter virtualisierten Bedingungen.
Switches und Ethernet
Für 69 Prozent der befragten Unternehmen bleibt Virtualisierung dennoch in den nächsten Jahren die führende Strategie, zumindest auf der Ebene der Neugier, die in Umfragen geäußert wird. Um das Interesse erfolgreich umzusetzen, empfiehlt Forrester fünf Änderungen bei der Netzwerkinfrastruktur, die unbedingt durchgeführt werden sollten. Heute reicht es nicht mehr, einfach die Bandbreite im Netzwerk zu erhöhen. Es müssen vielmehr die unterschiedlichen Anforderungen von Server-Virtualisierung, Speicherung in externen Geräten und flexiblen Cloud-Operationen unter einen Hut gebracht werden. Die bestehenden, voneinander getrennten Netze müssen laut Forrester in eine gemeinsame Infrastruktur überführt werden. Das betrifft insbesondere die Auflösung getrennter, kostspieliger Speichernetze, wie sie mit der Technologie fibre-channel-gestützter SANs (Storage Area Networks) verbunden sind.
Für Andre Kindness von Forrester müssen Unternehmen auf fünf Gebieten investieren, um eine neue Stufe von Konvergenz zu erreichen:
1. Virtuelle Switche. Heute teilen sich im Durchschnitt acht virtuelle Maschinen (VMs) einen physikalischen Server, in Zukunft könnten es 30 oder mehr sein. Das stellt erhöhte Anforderungen an die Netzwerkverbindungen zwischen Servern und Speichergeräten. Zur Zeit dominieren noch herstellerspezifische virtuelle Switches in Software-Form, zum Beispiel von VMware oder Microsoft. Cisco bietet mit dem Nexus 1000V bereits einen mehr netzwerk-spezifischen virtuellen Switch an. Anwender sollten auf jeden Fall versuchen, keine proprietären Produkte einzusetzen. Und sie sollten Druck ausüben, damit sich die Hersteller auf gemeinsame Standards einigen.
2. Hybride Switche (Software und Hardware). Mit der Verbreitung von Virtualisierung- und Cloud-Umgebungen wird es zwangsläufig ein Nebeneinander von physikalischen und virtuellen Switchen geben. Forrester sieht hier zwei kommende Standards, die den Datenaustausch ermöglichen: VNTag von Cisco und VMware (auch als VN-Link oder 802.1Qbh Port Extension Bridge bekannt) sowie VEPA (Virtual Ethernet Port Aggregator), der von HP, IBM, Intel, Juniper und anderen unterstützt wird. Laut Kindness werden viele Produkte beide Technologien enthalten und miteinander kompatibel sein.
3. Storage über Ethernet (iSCSI und FCoE). Schon in den letzten drei Jahren haben sich viele Unternehmen von einem eigenen Speichernetz (SAN) auf Fibre-Channel-Basis ab- und Alternativen wie iSCSI zugewandt. Vorteile sind Benützung von nur noch einem Kabelnetz und niedrigere Kosten. Neben iSCSI könnte sich das noch in der Entwicklung befindliche FCoE (Fibre Channel over Ethernet) etablieren.
4. Gemischte Netzwerk-Infrastruktur. Statt eines Netzwerks, das sich in zwei oder drei unterschiedliche Aufgaben einteilen lässt (wie Weitergabe von Informationen über Ethernet TCP/IP oder von Speicherdaten über FC-SANs), sieht Forrester künftig eine gemischte Infrastruktur, die einen schnellen Wechsel von einer zu anderen Aufgaben ermöglicht. Der Datenverkehr geht nicht mehr nur vom Server zum Client, sondern auch von Server zu Server oder zu Speichergerät. Gleichzeitig wird es mit Virtualisierung und Cloud eine häufigere Migration von Applikationen und Daten geben.
5. Automatisierung. Sie soll bisherige Formen von Netzwerk-Management ersetzen und besonders für den Mix von physikalischen und virtuellen Komponenten im Rechenzentrum zuständig sein.
Modernisierung geht nur mit mehr Know-how der IT-Mitarbeiter
Forrester weist auch darauf hin, dass die anstehende Modernisierung des Rechenzentrums auf der Basis von Virtualisierung vermehrte Anstrengungen in der Ausbildung und im praktischen Training der IT-Mitarbeiter erfordern wird. Die traditionellen Teams, die von unten nach nach Segmenten geordnet an den CIO berichten, werden durch mehr horizontale, wechselnde Mitarbeitergruppen abgelöst werden. Service und Applikationen werden wichtiger als die "unsichtbare“ virtuelle Infrastruktur.
Modernisierung der Netzwerk-Infrastruktur steht also auf der Tagesordnung. Doch viele der erforderlichen Technologien sind erst einmal nichts anderes als Zukunftsmusik. Die viel angepriesenen „Reise in die Welt von Virtualisierung und Cloud“ könnte sich also etwas hinziehen, bis man am Ziel angekommen ist.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.