Projekt über acht Jahre

50Hertz baut drei neue Rechenzentren

02.11.2016 von Werner Kurzlechner
Der Stromnetzbetreiber 50Hertz bezieht eine neue Zentrale. Die Digitalisierung erfordert ganz neue IT-Sicherheitskonzepte. Der TÜV Rheinland begleitet diese digitale Transformation langfristig.
"Die große Kunst im Rahmen der Energiewende ist, analoge Stromnetze digital zu steuern", sagt 50Hertz-CIO Dominik Spannheimer.
Foto: Totalgaz

Die Energiewende sorgt bei betroffenen Firmen für immense Kraftanstrengungen - was sich noch verstärkt, wenn Herausforderungen wie die Digitalisierung hinzukommen. Das muss man sich vergegenwärtigen, um ein aktuelles Projekt der 50Hertz Transmission GmbH einordnen zu können. Der in Berlin ansässige Betreiber des Stromnetzes in Ostdeutschland sowie im Raum Hamburg arbeitet insgesamt geschlagene acht Jahre mit dem TÜV Rheinland beim Aufbau einer zeitgemäßen IT-Infrastruktur zusammen. Der IT-Dienstleister begleite 50Hertz durch umfassende digitale Transformationsprozesse, berichten die Partner.

Neuer Standort, umfassendes Security-Konzept

Umfassend ist diese Transformation auch dadurch, weil der Anwender in diesem Jahr eine neue Konzernzentrale nahe des Berliner Hauptbahnhofes bezieht. Das Neubauprojekt sollte von Anfang an mit eine optimalen Ausstattung auf der IT-Seite einhergehen. Deshalb arbeitet das Unternehmen bereits seit 2012 intensiv mit TÜV Rheinland zusammen - an einem Gesamtprojekt, dessen Ende auf 2020 terminiert ist. Im Mittelpunkt stehen der Bau des neuen Standorts und neuer Rechenzentren sowie die Umsetzung eines umfassenden Sicherheitskonzepts für dessen IT- und Telekommunikations-Infrastruktur.

"Alles, was früher mechanisch im Umspannwerk geschaltet wurde, ist heute reine IT-Technik und die wird aus der Ferne gesteuert", sagt Dominik Spannheimer, CIO von 50Hertz. "Damit ergeben sich allerdings neue Angriffsszenarien und potenzielle Einfallstore für Angreifer, denen man begegnen muss." Physikalische Sicherheit und Verfügbarkeit der IT seien für Übertragungsnetzbetreiber heute von existenzieller Bedeutung; die IT-gestützten Geschäftsprozesse müssten als Realtime-Anwendung laufen.

Die große Kunst: analoge Stromnetze digital steuern

"Die große Kunst im Rahmen der Energiewende ist, analoge Stromnetze digital zu steuern", so Spannheimer. Dabei seien die Härtung der Systeme gegenüber dem Internet als auch die Vorbereitung für den Einsatz intelligenter Stromzähler - Smart Meter - und der Ausbau der intelligenten Netzsteuerung - Smart Grids - enorm wichtig.

Über drei neue Rechenzentren mit einer Kapazität von einigen hundert Terrabyte werden alle digitalen Prozesse bei 50Hertz gesteuert. TÜV Rheinland überwacht die einzelnen Bauabschnitte und sichert die Qualität der Bauphasen bis hin zum Abnahmeprozess und zur Zertifizierung, die bis Ende des Jahres erstmals erfolgen soll. Der Dienstleister arbeitet dabei mit einem hauseigenen "Kriterienkatalog zum Audit von Serverräumen und Rechenzentren", der auf internationalen Branchen-Normen wie der DIN EN ISO 50600, Uptime und TIA 942 basiert und in den eigene Best Practice-Erfahrungen einfließen.

Penetrationstests für die Wirksamkeit

TÜV Rheinland entwickelte auch eine umfassende IT-Sicherheitsstrategie für die 50Hertz-Rechenzentren, die den Anforderungen an Compliance für Betreiber Kritischer Infrastrukturen sowie den Anforderungen des IT-Sicherheitsgesetzes Rechnung trägt. Die Rechenzentren sind nach Funktion gegliedert: eines für Büroanwendungen wie SAP und Microsoft, eines für Netzwerke, Übertragungstechnik und Telefonie sowie eines für Echtzeit-IT für das Netzleitsystem und Scada-Systeme.

Aus Gründen der Ausfallsicherheit sind alle Data Center in der neuen Konzeption redundant aufgebaut. Die Wirksamkeit der Segmentierung überprüfen die Experten für Cyber Security durch Penetrationstests. Die gibt es auch beim Schutz der Medienräume, in denen das Unternehmen mit internationalen Kooperationspartnern, Lieferanten, Behörden oder Kunden kommuniziert.

Die wichtigsten CIOs der deutschen Energiebranche
Damian Bunyan
Damian Bunyan ist seit Januar 2016 CIO der E.ON-Abspaltung Uniper in Düsseldorf. In dem Unternehmen werden die E.ON-Bereiche konventionelle Stromerzeugung, Energiehandel und Exploration & Produktion gebündelt. Von 2006 bis 2013 war Bunyan Mitglied der Geschäftsführung des E.on Business Services.
Sebastian Weber
Seit 1. Juli verantwortet Sebastian Weber als CTO bei Eon den IT-Betrieb. Er soll auch die digitalen Plattformen des Konzerns ausbauen. Zudem hat er gemeinsam mit Christopher d'Arcy in einer Doppelspitze die Geschäftsführung der IT-Tochter Eon Digital Technology GmbH übernommen. Beide berichten direkt an Digitalvorständin Victoria Ossadnik.
Martin Hölz
Ab 1. April 2020 wird Martin Hölz CIO der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) mit Sitz in Karlsruhe. Er löst Frank Krickel ab, der seit Juni 2017 die Position des Leiter der Funktionaleinheit Informationstechnologie (C-TI) innehatte und das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlässt.
Philip Lübcke
Philip Lübcke ist seit September 2019 Geschäftsbereichsleiter IT der TEAG Thüringer Energie. Er berichtet an den Vorstand Personal und IT Wolfgang Rampf. Zuvor war Lübcke sechseinhalb Jahre lang CIO der Frankfurter Mainova AG. Insgesamt brint er 15 Jahre Erfahrung aus der Energiebranche mit.
Jan-Wilm Buschkamp
Jan-Wilm Buschkamp ist seit August 2019 Bereichsleiter IT der Mainova AG. Seitdem hat das Team um den CIO mit „hybrIT2023“ ein IT-Transformationsprogramm erarbeitet, um den Frankfurter Energieversorger zukunftsfähig zu machen. Ziel des Programms ist es unter anderem, mehr Wert zu generieren, das Unternehmen lean und agil aufzustellen sowie Prozesse end-to-end zu gestalten.
Oliver Herzog
Zum 1. September 2023 übernimmt Oliver Herzog den CIO-Posten bei der Thüga. Seine Vorgängerin Annette Suckert scheidet altersbedingt aus dem Unternehmen aus.
Thorsten Steiling
Thorsten Steiling ist seit Februar 2019 CIO Oerlikon Group & Managing Director Oerlikon IT Solutions AG. Er berichtet an Boris von Bieberstein, Head of Group Business Services. Zuvor war Steiling von September 2017 bis Januar 2019 CIO/Head of Corporate IT beim Automobilzulieferer Veritas AG in Gelnhausen.
Marcus Schaper
Marcus Schaper ist CIO bei der neuen RWE-Tochter Innogy. Er kommt von der Mutter RWE. Er war zuvor Head of IT bei der RWE Supply & Trading. Schaper hat an der WWU Münster Wirtschaftsinformatik studiert und war seit dem Jahr 2000 bei McKinsey. Zu RWE kam er im April 2010. Bis zum Börsengang der neuen RWE-Tochter fungierte Schaper als CIO für beide Konzernteile, seitdem ist er CIO der neuen Tochtergesellschaft. Übergreifende IT-Aufgaben in der RWE AG werden derzeit von Winfried Bröring wahrgenommen.
Jan Leitermann
Seit Juni 2017 ist Jan Leitermann Group CIO beim österreichischen Öl- und Erdgaskonzern OMV in Wien. Leitermann war zuvor Managing Director und Board Member beim Beratungsunternehmen Accenture AG Schweiz.
Jürgen Skirde
Jürgen Skirde ist CIO der RAG. Gleichzeitig hat er die operativ ausgerichtete Funktion des IT-Leiters inne. Im Konzern arbeitet der Diplom-Ingenieur schon seit 1985 - zunächst zehn Jahre auf Bergwerken, seither im IT-Management. Unter anderem leitete er SAP-Einführungsprojekte, von 2004 bis 2011 war er für die Infrastruktur verantwortlich.
Jan-Hendrik Semkat
Seit November 2017 ist Jan-Hendrik Semkat neuer Bereichsleiter Innovations- & IT-Management bei Natgas. Der gebürtige Oldenburger war mehrere Jahre in den Bereichen Softwareentwicklung, Projektmanagement und Beratung in der Energiewirtschaft tätig. Zuletzt war er Geschäftsführer der SIV Utility Services.
Jörg Ochs
Jörg Ochs (51) hat am 2. September die Leitung der Informationstechnologie der Stadtwerke München (SWM) übernommen. Er berichtet an den technischen Geschäftsführer der SWM Helge-Uve Braun. Ochs ist bereits seit 2017 Geschäftsführer der SWM Infrastruktur GmbH, der SWM Infrastruktur Region GmbH und der RegioNetzMünchen GmbH. Insgesamt ist er bei der SWM seit 2003 beschäftigt, unter anderem als Senior-Manager IT-Security, Leiter IT-Security und Datacenter/Infrastruktur und als Leiter Telekommunikation bei der SWM Services GmbH.
Michael Seiferth
Im Oktober 2021 hat Michael Seiferth die Geschäftsführung der N-Ergie IT übernommen. Vorgänger Klaus Vogl hat das Unternehmen verlassen.
Sebastian Träger
Seit April 2024 leitet Sebastian Träger die IT des Energieversorgers Enercity. Er soll unter anderem das ERP-System modernisieren.

Das Kommunikationsnetz zur Steuerung und Überwachung des Übertragungsnetzes muss aufgrund von Messungen und weiteren essenziellen und hoch verfügbaren Funktionen besondere Anforderungen an die Zuverlässigkeit und Redundanz erfüllen. TÜV Rheinland steuert hier das Programm- und Projektmanagement und stellt in diesem Zusammenhang auch das Projektmanagementoffice (PMO).

Bis 2020 bleibt auf dieser Baustelle noch einiges zu tun: die Modernisierung des Kommunikationsnetzes und der Spannungsversorgung, die Implementierung des Netzmanagementcenters (NMC), die Übernahme der Betriebsführung, die Migration der Sprachdienste und die Überführung der Netzdokumentation.

Sicherheit für das zentrale Skype for Business-System

Darüber hinaus gestaltet TÜV Rheinland auch den Bereich Druck und Scan neu und sichert die IP-Telefonie des Anwenders. Das zentrale Skype for Business-System muss so geschützt sein, dass keine Nachrichten unbefugt abgehört werden können oder Kommunikation mitgeschnitten werden kann. Höchste Sicherheit der zwischengespeicherten Daten ist auch bei den digitalen Druckern und Scannern des Unternehmensnetzwerks unerlässlich.

50Hertz | Digitale Transformation
Branche: Energie u. Rohstoffe
Zeitrahmen: 2012 bis 2020
Produkt: neue IT-Infrastruktur samt Security-Architektur
Dienstleister: TÜV Rheinland
Einsatzort: Nord- und Ostdeutschland, Zentrale in Berlin
Internet: www.50hertz.com