Die Consultants von Accenture haben sich die neue Technologie angesehen und dabei auch bereits bestehende Cloud-Projekte überprüft: Dazu gehören zum Beispiel die Citigroup oder Starbucks. Zu den Pionieren im Cloud-Umfeld zählen schon länger Google, Amazon oder Salesforce.com, die bestimmte Anwendungen oder Dienstleistungen kostenlos oder zu günstigen Preisen über das Internet anbieten, ohne dass der Anwender noch bei sich Installationen vornehmen muss.
Retailer, die sich mit dem Thema Cloud befassen, sollten sich laut Accenture zunächst über die Besonderheiten ihrer Branche im Klaren sein. Dazu gehören ständige Veränderungen im Warenangebot, bei Lager und Logistik sowie in der Kommunikation mit den Kunden. Permanente Auswertungen der Veränderungen, insbesondere bei den Kundendaten, durch Anwendungen wie Business Intelligence oder Data Warehousing sollten Priorität haben.
Cloud Computing könne, so die Autoren der Studie Michael Mojica, Jeff Stephenson und Alan Healey, signifikante Verbesserungen durch geringere Investitionen in die eigene IT-Infrastruktur und Einsparungen bei den Arbeits- und Verwaltungskosten im Rechenzentrum bringen. Dem stehen Befürchtungen über die Sicherheit der Kundendaten oder über einen Verlust der Kontrolle bei den geschäftskritischen Applikationen gegenüber. Von vielen Anwendern wird überdies bezweifelt, ob die Cloud-Technologie bereits einen gewissen Reifegrad erreicht hat.
Auf den folgenden Seiten finden Sie sechs Fragen, die sich jeder Retailer stellen sollte.
1. Was ist Cloud Computing, und wie funktioniert es?
Zunächst muss laut Accenture festgehalten werden, dass es Cloud Computing Unternehmen erlaubt, über das Internet IT-Fähigkeiten zu bekommen, unabhängig von ihrem physikalischen Standort. Im wesentlichen bestehen "Computing Clouds“ aus online angeschlossenen oder erreichbaren riesigen Rechenzentren mit Hunderttausenden von Servern, die Web-Applikationen beherbergen. Cloud-Dienstleistungen, die von einfachen Infrastruktur- bis zu kompletten Geschäftsprozessen reichen können, sind so je nach Bedarf abrufbar und auch wieder kündbar.
Zu den Charakteriska von Cloud Computing gehören ferner:
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Wenig oder gar keine Kapitalinvestition
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Variables Pricing, abhängig vom Konsum; Pay-per-Use-Modell
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Schneller Kauf und unmittelbare Einrichtung
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Unbegrenzte Skalierbarkeit
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Geringere Betriebskosten
Für Geschäftsleute könnte Cloud Computing als zu gut erscheinen, um wahr zu sein. Doch sollte die Komplexität der Technologie nicht außer acht gelassen werden – mit anderen Worten: Es ist entscheidend, wem man seine Daten in der Wolke anvertraut. Eine gründliche Auswahl bezüglich der Verlässlichkeit des Servicepartners tut deshalb not.
2. Welche Vorteile hat mein Unternehmen von Cloud Computing?
Dies sind in den Augen von Accenture die drei größten Vorteile für Retailer:
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Kosten: Die Preise für Capex und Opex sind deutlich günstiger als bei den klassischen Alternativen „alles im eigenen Haus“ oder bei Outsourcing. Dies gilt nicht nur für kleine Unternehmen, sondern auch für etablierte große. Server, Software-Lizenzen, Wartung und Service, Rechenzentrumsplatz oder Energieverbrauch: Diese Ausgaben komplett oder auch nur zum Teil aufzubringen wie bei Outsorcing, kommt im Vergleich immer teurer als bei einem On-demand-Modell.
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Flexibilität: Aufgrund der besonderen Cloud-Architektur können Dienstleistungen schnell in Anspruch genommen werden. Ihre Leistungsfähigkeit kann durch Hinzuziehen weiterer Server gesteigert werden, und bei Sinken oder Ende des Bedarfs kann sich der Kunde wieder ausklinken – ohne dass er weiter für die Infrastruktur bezahlen muss wie im Falle eines Rechenzentrums, das im eigenen Besitz ist. Das macht Clouds besonders geeignet für sporadische, temporäre oder saisonale Geschäfte, wie sie gerade in der Retailbranche typisch sind.
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Geschwindigkeit: Software-Entwickler können auf freie oder billige Ressourcen zugreifen und so wesentlich schneller neue Programme fertigstellen als in einer traditionellen Umgebung mit umständlichen Anmeldeprozeduren usw. Und Anwendungen, die sehr viel Server- und Storage-Leistung erfordern, können ebenfalls schneller an den Start gehen.
3. Wie kann Cloud Computing die Anforderungen meines Unternehmens bewältigen?
Accenture hebt hervor, dass gerade die Retailbranche in den letzten Jahren einem grundlegenden Wandel unterworfen war. Rezession und neue Absatzkanäle wie Internet und Mobile Devices haben einen großen Anpassungsdruck ausgelöst, um in einer Multi-Channel-Welt überleben zu können. Neue Strategien zur Kundenbindung und zum Marketing wurden entwickelt.
Datenintegration und -auswertung wurden immer wichtiger, Prozesse und Supply Chain mussten überarbeitet werden. Neue Bezahlmethoden und Produktkennzeichnungen wie RFID stellten ebenfalls Herausforderungen für die Retailer dar.
Cloud Computing muss laut Accenture besonders auf folgende Probleme eingehen:
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Plattform-Konsolidierung, Rationalisierung und Virtualisierung: Bestehende Anstrengungen auf diesen Gebieten können durch Cloud-Aktivitäten unterstützt werden. Ziel: Senkung der Infrastrukturkosten durch Zusammenlegen von physikalischen Servern auf virtuelle Maschinen und Erneuerung einer veralteten Applikationslandschaft.
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Auflösung von Datensilos: Oft bestehen Kunden- und Lieferanteninformationen nebeneinander in den unterschiedlichsten Plattformen und Anwendungen. Mit Hilfe von Cloud kann ein zentraler Datenzugriff organisiert werden.
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Übergreifende Kundenkontakte: In den letzten Jahren sind im Umfeld von Web 2.0 und Social Media neue Formen der Kundenbindung interessant geworden. Weil sie in einem schnellen Wandel begriffen sind, ist es für Retailer von Vorteil, entsprechende Prozesse und Lösungen nicht in der eigenen IT-Infrastruktur anzusiedeln, sondern sie über Cloud-Services zu organisieren. Außerdem sind Social Media meistens selbst Cloud-Systeme.
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Globale Expansion: Vereinfacht gesagt, sind Cloud-Lösungen genau das richtige für Retailer, die in andere Länder expandieren wollen – man muss nicht mehr wie früher überall eigene IT-Infrastrukturen installieren, sondern kann auf zentrale Dienstleister und ihre Angebote in der "Wolke" zurückgreifen.
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Automatisierung und Risikomanagement: Häufig werden Datenauswertungen noch mit Excel-Tabellen und per Hand erledigt. Inzwischen gibt es über das Internet den Zugang zu Standardlösungen, die mehr zentrale Kontrolle und Eindämmung von Risiken erlauben.
4. Lohnt sich die Abhängigkeit von Cloud-Lösungen, um Geld zu sparen?
Accenture schätzt, dass man im eigenen Unternehmen etwa 50 Prozent der IT-Ausgaben für Hosting einsparen könnte, wenn man die meisten Anwendungen in eine Cloud-Umgebung verlagern würde. Doch raten die Consultants gleichzeitig zur Vorsicht, da viele der kursierenden Kostenvergleiche auf nicht nachvollziehbaren Annahmen beruhen würden. Oft sind die bestehenden Ausgaben für IT-Infrastruktur und Applikationen sogar günstiger als die in einer Cloud-Umgebung.
Was also tun? CIOs sollten laut Accenture sehr genaue Expertisen durchführen und dabei berücksichtigen, dass die Hardware-Ausgaben nur einen kleineren Teil der RZ-Kosten ausmachen. Versteckte Kosten sollten aufgespürt werden, und selbstverständlich müssten konkrete Preisvergleiche zwischen verschiedenen Cloud-Anbietern durchgeführt werden.
5. Wie werden Clouds mein Unternehmen in Zukunft beeinflussen?
Hier verweist Accenture auf die großen Vorbilder: Erfolge von Unternehmen wie Google, Amazon, Facebook oder Apple mit den iPhone-Apps basieren auch auf deren Cloud-Strukturen oder den Anwendungen, die in Clouds erstellt werden. Für Retailer könnten sich besonders die Kundenkontakte vor oder während des Internet-Einkaufs oder mobile Lösungen in diesem Umfeld eignen, um Cloud-Anwendungen auszuprobieren. Datenanalysen und „real-time analytics“ sind ebenfalls Kandidaten für cloud-basierte Lösungen beziehungsweise Software-as-a-Service-Angebote im Internet.
6. Wie steht es um Sicherheit und Schutz der privaten Daten?
Viele Untersuchungen zeigen, dass diese beiden Punkte viele Retailer beschäftigen. CIOs sind beunruhigt angesichts der möglichen Konsequenzen einer Cloud-Implementation: Hacker und andere könnten ihre Kunden- oder Lieferantendaten stehlen oder manipulieren. Doch angesichts der fragmentierten Security-Landschaft in vielen Unternehmen könnte eine Umstellung auf Cloud-Services gerade ein Anlass sein, eine Konsolidierung und eine neue Stufe der Sicherheit und des Datenschutzes zu erreichen.
Accenture rät deshalb, mit dem Serviceprovider für Cloud eine gemeinsame Security- und Risikostrategie zu entwerfen. Sollte der Provider nicht über die Position eines Privacy Officer, CSO oder CISO verfügen, dürfte dies ein Indiz dafür sein, dass er die Sicherheitsproblematik nicht ernst genug nimmt. In diesem Falle ist Vorsicht geboten.
Accenture verweist insgesamt auf eine Schätzung der Analysten von Gartner: Während 2009 weltweit 3,2 Milliarden Dollar für cloud-basierte Online-Zahlverfahren von Retailern ausgegeben wurden, soll dies im Jahr 2014 bereits bis auf 5,3 Milliarden Dollar angestiegen sein. Dies entspricht einem jährlichen Wachstum von 10,5 Prozent. Die Migration zu Cloud-Services in der Retailbranche sei keine Frage von "ob“, sondern von "wann“.