Träges Tempo der Parteien

6 Gründe, warum Deutschland bald eine Regierung braucht

11.01.2018
Mehr als ein Vierteljahr nach der Bundestagswahl steht noch keine Regierung. Das Leben in Deutschland geht weiter, die Wirtschaft brummt. Läuft doch auch so? Nicht überall - die schleppende Regierungsbildung hat Folgen.
In Deutschland herrscht in einigen Bereichen vorerst Stillstand.
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In kleinen Schrittchen bewegen sich Union und SPD auf eine Neuauflage der großen Koalition zu. Bis eine neue große Koalition steht - falls es dazu kommt -, dürfte es März werden.

Davor kann kein neuer Bundeshaushalt verabschiedet werden. Solange gilt die vorläufige Haushaltsführung, und die setzt der Bundesregierung Grenzen. Erlaubt sind etwa Ausgaben, die nötig sind zum Weiterbetrieb von Behörden oder für bereits laufende Bauten oder sonstige öffentliche Projekte. Anderswo hat das träge Tempo Auswirkungen.

Spitzensport
Das Versprechen der großen Koalition von SPD und CDU/CSU, deutlich mehr Geld für den Spitzensport bereitzustellen, ist noch nicht eingelöst. Es stehen bisher nur Fördermittel wie 2017 zur Verfügung. Deshalb sind zusätzliche Maßnahmen wie Trainingslager zur Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2020 bisher noch nicht bewilligt worden. Auch die endgültige Entscheidung über die geplante neue Struktur der Bundesstützpunkte konnte wegen der offenen Situation in Berlin noch nicht getroffen werden.

Bundespolizei
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) erinnerte schon im November daran, dass die versprochenen neuen Stellen bei den Sicherheitsbehörden nur mit einem neuen Haushalt geschaffen werden können. Außerdem brauche es dafür Vorlauf, etwa zur Schaffung neuer Ausbildungskapazitäten. Ministeriumssprecher Johannes Dimroth präzisierte jüngst mit Blick auf die Polizeiausbildung: "Die Einstellung als Anwärter, um in diesen Ausbildungsprozess zu gelangen, bedarf keiner neuen Stellen - das ist Haushaltsrecht (..). Aber es ist völlig klar, dass die Tatsache, dass wir uns in der vorläufigen Haushaltsführung befinden, hier desto mehr Auswirkungen hat und desto mehr auch zu gewissen Schwierigkeiten führt, je länger dieser Prozess andauert."

Infrastrukturprojekte
Die Wirtschaft fürchtet Verzögerungen bei wichtigen Bauvorhaben. Der Bundesverband der Deutschen Industrie und der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie verweisen etwa auf Verkehrswege, das Breitbandnetz und die Energienetze.

Europa
Ohne eine handlungsfähige Regierung im großen und wirtschaftlich starken Deutschland hängt auch in der EU vieles in der Luft. Schon in der zweiten Jahreshälfte sollen nach dem Willen von Haushaltskommissar Günther Oettinger die Verhandlungen über den milliardenschweren EU-Finanzrahmen für das kommende Jahrzehnt beginnen. Der französische Präsident Emmanuel Macron wartet immer noch auf eine Antwort auf seine Reformvorschläge vom Herbst: unter anderem ein eigener Haushalt der Eurozone und ein europäischer Finanzminister.

Auslandseinsätze
Sieben Auslandseinsätze der Bundeswehr hängen derzeit in der Schwebe, darunter die größten und wichtigsten - etwa der Afghanistan-Einsatz oder die Beteiligung im Kampf gegen den IS. Die Mandate der Missionen laufen aus, deshalb verlängerte der Bundestag alle sieben Einsätze im Dezember vorläufig um drei Monate, um Soldaten und Verbündeten Sicherheit zu geben. Aber über Truppenstärke, Ausrichtung und Auftrag wurde nicht entschieden. Ende März kommt die Diskussion erneut auf den Tisch.

Forschung
Einrichtungen, die auf Fördermittel angewiesen sind, klagen über Wartezeiten. "Es verzögert sich nicht nur die Bewilligung von Projekten", sagte Hugo Hämmerle, Sprecher der Innovationsallianz Baden-Württemberg, einem Bündnis von 13 Forschungsinstituten, der dpa. "Es sind hervorragende Projekte, die schon seit Juni 2017 positiv begutachtet und in Aussicht gestellt sind - aber es geht nicht weiter, da die Gelder nicht freigegeben werden können." Dadurch könne hochqualifiziertes Personal nicht weiter finanziert werden. Auch der Hochschulverband macht Druck: "Die Universitäten warten auf eine solide Grundfinanzierung, die qualitative Verbesserungen bei anhaltend hohen Studierendenzahlen ermöglicht." (dpa/rs)