Die Frage nach dem Erfolg von IT-Outsourcing-Projekten wird von CIOs sehr unterschiedlich beantwortet. Die Schattierungen reichen von "strategisch notwendig" über "heute haben wir es im Griff" bis zu "totale Katastrophe".
Die EBS Business School hat zusammen mit der Managementberatung Horváth & Partners über einen Zeitraum von zwei Jahren die Gründe für diese unterschiedliche IT-Outsourcing-Performance analysiert und ein Modell zur effektiven und gleichzeitig schlanken IT-Outsourcing-Steuerung entwickelt, welches Unternehmen zur Steigerung ihrer "IT-Outsourcing-Performance" einsetzen können.
Operative Provider-Steuerung wichtiger als Sourcing-Strategie
Outsourcing von IT bedeutet oft Veränderung für das gesamte Unternehmen: Anwender bekommen neue Hardware, müssen "anonyme" Help-Desks anrufen, und IT-Mitarbeiter gehen teilweise zum IT-Outsourcing-Partner über. Veränderungen lösen in Unternehmen naturgemäß Verunsicherung aus, die sich zu Beginn eines IT-Outsourcing-Projekts oft in Unzufriedenheit mit dem neuen Dienstleister äußert.
Eine von Horváth & Partners Research durchgeführte Untersuchung zur IT-Outsourcing-Zufriedenheit zeigt, dass auch nach Abschluss der Transition und Bewältigung der Kinderkrankheiten etwa 50 Prozent der IT-Manager mit dem IT-Outsourcing-Provider nicht zufrieden sind, während lediglich knapp 50 Prozent zufrieden bis sehr zufrieden sind. Sieht man sich die Ergebnisse der Untersuchung im Detail und bei vergleichbaren Unternehmen an, also solchen in derselben Branche, mit ähnlicher Unternehmensgröße und mit vergleichbaren Outsourcing-Ventures, zeigt die Umfrage ein vergleichbar großes Spektrum von Erfolg bis Misserfolg.
Wenn ähnliche Unternehmen mit ähnlichen Deals und ähnlichen Providern teilweise erfolgreich sind, teilweise scheitern, liegt die Ursache weniger in der strategischen Make-Or-Buy-Entscheidung; sie liegt vielmehr beim auslagernden Unternehmen selbst und hängt von dessen Fähigkeit ab, eine IT-Outsourcing-Beziehung zu gestalten, aufzubauen und zu steuern. Viele Unternehmen sind mit der Steuerung ihrer IT-Outsourcing-Provider schlichtweg überfordert. Entsprechend ist der Aufbau adäquater Steuerungsprozesse und Fähigkeiten einer der wichtigsten Faktoren für den nachhaltigen Erfolg eines IT-Outsourcing-Projekts.
Die richtigen Steuerungsmechanismen implementieren
Der Bedarf nach einem integrierten Modell zur operativen IT-Outsourcing-Steuerung war Ausgangspunkt für das Forschungsprojekt. Ergebnis des Projekts ist ein integrierter Ansatz zur Steuerung von IT-Outsourcing-Projekten, welcher auf Basis wissenschaftlicher Methoden entwickelt und evaluiert wurde.
Mit seinen sechs Steuerungsmechanismen beschreibt dieser Ansatz die für eine wirksame IT-Outsourcing-Steuerung relevanten Prozesse. Es dient damit IT-Managern zur Gestaltung von erfolgreichen IT-Outsourcing-Projekten.
Anforderungsmanagement und Vertragsmanagement
Der Ansatz sieht vor, in der parallel zur Transition aufzubauenden Retained Organization, folgende Steuerungsmechanismen zu implementieren:
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1. Anforderungsmanagement: "IT follows business". Mit dieser vordergründig sehr kundenorientierten Leitlinie vieler IT-Abteilungen entziehen sich diese der Verantwortung, die Anforderungen verschiedener Stakeholder aus dem Business abzugleichen und mit den übergeordneten Geschäfts- und IT-Zielen in Einklang zu bringen. Bei intern erbrachten IT-Services ist das Schadenspotenzial, das durch die Umsetzung ungesteuerter Anforderungen entsteht, durch limitierte interne Ressourcen gedeckelt. Ein externer Dienstleister nimmt in der Regel jedoch gerne jegliche Anforderung an und kann diese - eine entsprechende Vergütung vorausgesetzt - auch schnell mit Hilfe seines Ressourcenpools umsetzen.
Das Anforderungsmanagement setzt hier an und stellt sicher, dass nur diejenigen Anforderungen umgesetzt werden, die zum einen notwendig sind und zum anderen mit den Vorgaben der IT-Governance übereinstimmen. Damit ist das Anforderungsmanagement ein wichtiger Hebel zur Umsetzung der IT-Strategie und zur Kontrolle von Kosten.
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2. Vertragsmanagement: Ein drei Milliarden US-Dollar schwerer IT-Outsourcing-Vertrag zwischen Procter & Gamble und Hewlett Packard aus dem Jahr 2003 markiert mit einem Vertragsumfang von 10.000 Seiten vermutlich die obere Grenze der Vertragskomplexität im IT-Outsourcing. Er zeigt aber auch eine wichtige Aufgabe des Vertragsmanagements als Teil der integrierten IT-Outsourcing-Steuerung auf. Nämlich, Vertragskomplexität beherrschbar zu machen, um verhandelte Leistungen oder Forderungen einfordern zu können.
Dabei muss berücksichtigt werden, dass Vertragsschwächen aufgrund der Komplexität praktisch unvermeidbar sind. Dies stellt hohe Anforderungen an die Rolle des Vertragsmanagers, der als eine Art rechtsaffiner, durchsetzungsstarker IT-Fachmann den Vertrag auslegt, vertragliche Änderungen steuert und eigene Forderungen durchsetzt bzw. die (unberechtigten) Forderungen des Dienstleiters abweist.
Kommunikationsmanagement und Risikomanagement
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3. Kommunikationsmanagement: Unternehmen, welche sowohl harte als auch weiche Faktoren zur Steuerung ihres IT-Dienstleisters nutzen, sind überdurchschnittlich zufrieden mit der Auslagerung. Akademische Studien belegen, dass Unternehmen, die bei der Steuerung von IT-Outsourcing-Projekten Kontrolle und Vertrauen gleichermaßen einsetzen, deutlich erfolgreicher sind als sonstige IT-Auslagerungen. Was in der Praxis als "gewachsene Beziehung" bezeichnet wird, hilft, die Transaktionskosten des IT-Outsourcings signifikant zu reduzieren.
Schnelles, unkompliziertes Arbeiten wird möglich, da nicht jede eigene Aktion dahingehend überprüft werden muss, ob sie Möglichkeiten für opportunistisches Handeln öffnet. Dafür ist das Kommunikationsmanagement prominent in der Retained Organization zu verankern und mit durchsetzungsstarken Mitarbeitern auszustatten, um eine Überbewertung der anderen eher "harten" Kontrollmechanismen zu vermeiden.
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4. Risikomanagement: Outsourcing der IT bringt eine Reihe spezifischer Risiken mit sich, die besonderer Aufmerksamkeit bedürfen, um den geplanten Nutzen der Auslagerung realisieren zu können:
a. Strategische Risiken: Inwieweit kann die Auslagerung die Umsetzung der Unternehmens- und IT-Strategie negativ beeinflussen? b. Operative Risiken: Inwieweit wird das Unternehmen durch den ausgelagerten IT-Service im Fall der Minderleistung beeinträchtigt? c. Rechtliche Risiken: Werden alle rechtlichen und regulatorischen Anforderungen berücksichtigt? d. Vertragliche Risiken: Inwieweit deckt der Vertrag die Anforderungen der Organisation ab und inwieweit lässt er Raum für opportunistisches Verhalten des Dienstleisters? |
In der Praxis hat es sich bewährt, das Risikomanagement für Outsourcing möglichst als integrativen Teil der Gesamtsteuerung zu gestalten und nicht im unternehmensweiten Risikomanagement aufgehen zu lassen. Dabei sollte aber auf den Methoden des Unternehmens aufgebaut und an das übergreifende Risikomanagement berichtet werden.
Performance-Management und Serviceverbesserung
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5. Performance-Management: Im Rahmen eines IT-Outsourcing-Projekts sichert das Performance-Management die Qualität der gelieferten IT-Services, prüft den Umfang der erbrachten Leistungen und kontrolliert die Kosten. Was sich in der Theorie schlüssig anhört und einfach formulieren lässt, ist in der IT-Outsourcing-Praxis teilweise dezentral umgesetzt und verliert so an Schlagkraft.
Der Dreisprung aus Service Level Reports (Qualität), Consumption Reports (Umfang) und Rechnung (Kosten) ist als eine Einheit zu prüfen - von jemandem, der eng in die IT-Outsourcing-Steuerung integriert ist, wie zum Beispiel der Service Manager der Retained Organization. Wichtig ist, dass die eingesetzten Controlling-Instrumente dem externen Dienstleister Raum geben, sich zu optimieren und seine eigenen Ziele zu erfüllen.
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6. Serviceverbesserung: Die fünf bereits skizzierten Mechanismen der IT-Outsourcing-Steuerung entfalten ihre Wirkung erst dann, wenn zum einen aus deren Ergebnissen wirksame Veränderungen resultieren und zum anderen die Steuerungsmechanismen selbst stets verbessert werden. Auch kleinere IT-Outsourcing-Projekte mit einem jährlichen Volumen von einer Million Euro entwickeln vor allem in den ersten zwei Jahren eine Veränderungsdynamik, die eine dedizierte Steuerung der Verbesserungsmaßnahmen notwendig macht. In der Praxis kann auf die bewährten Instrumente des Maßnahmen-Controllings zurückgegriffen werden (Härtegradmodelle etc.).
Schema F funktioniert nicht
Bei der Implementierung der sechs vorgestellten Steuerungsmechanismen müssen die spezifischen Gegebenheiten des IT-Outsourcing-Projekts berücksichtigt werden, um eine effektive IT-Outsourcing-Steuerung aufzubauen. "Die Ziele und Rahmenbedingungen bei IT-Outsourcing-Projekten sind in der Regel sehr unterschiedlich, die reine Übernahme von Standardlösungen ist somit selten zielführend", unterstreicht Michael Gschwendtner, Leiter des Competence Centers CIO & Project Advisory bei Horváth & Partners.
Einen wichtigen Kontextfaktor stellt die IT-Strategie dar, insbesondere im Hinblick auf die beabsichtigten Ziele des IT-Outsourcings. Eine IT-Auslagerung mit dem Ziel der Kostenreduktion ist demnach anders zu steuern als eine auf die Erhöhung der Servicequalität abzielende. Zweiter elementarer Kontextfaktor ist die Qualität des Vertrages - welche Steuerungshebel (Service Level, Benchmarking, Pönalen, Exit etc.) sind in welche Qualität vereinbart.
Ebenfalls berücksichtigt werden sollten Kritikalität, Veränderungsgeschwindigkeit und Standardisierungsgrad der betroffenen Prozesse und Technologien. Die Auslagerung wenig kritischer und stark standardisierter IT-Services bedarf in der Regel einer geringeren Steuerungsintensität als beispielsweise das Outsourcing strategisch wichtiger oder sich häufig verändernder Objekte.
Schließlich wirken verschiedene Beziehungsfaktoren wie Vertrauen zwischen Auftraggeber und Dienstleister, die räumliche Nähe beider Parteien sowie die Anzahl der verschiedenen IT-Outsourcing-Provider auf die Ausgestaltung der Steuerungsprozesse.
Die Erfahrungen in der Praxis haben vielfach gezeigt, dass der Erfolg eines IT-Outsourcing-Projekts nicht mit einer richtigen Make-or-Buy-Entscheidung, der Auswahl des geeigneten Dienstleister und Unterzeichnung eines Vertrages garantiert ist. Vielmehr ist für eine nachhaltig erfolgreiche Auslagerung eine integrierte und an die spezifischen Rahmenbedingungen ausgerichtete IT-Outsourcing-Steuerung erforderlich.
Nils Urbach ist Leiter des Competence Centers für Strategisches IT-Management an der EBS Business School, Tobias Würz ist IT-Outsourcing-Experte bei Horváth & Partners.