Fachkräftemangel, Generation Z, neue Recruitingmethoden - Personalabteilungen stehen unter Druck. Die Berater von Roland Berger dokumentieren in ihrer "HR Trends Survey 2017", an welchen Punkten Human Resources (HR) arbeiten muss. Dabei zeigen sich große Unternehmen selbstkritischer als kleine und mittelständische Firmen.
Insgesamt liegen der Studie Angaben von 300 Unternehmen zugrunde, die gemeinsam rund drei Millionen Menschen beschäftigen. Roland Berger hat verglichen, welchen Anspruch die Befragten an sich selbst stellen und wie sie den Status Quo einschätzen. Auf einer Skala von Eins (für "unreif") bis fünf (für "ausgereift") peilen große Unternehmen einen Wert von 4,4 an, gestehen sich aktuell aber nur 3,2 zu. Von der Tendenz her nimmt diese Diskrepanz mit schwindender Firmengröße ab. Kleinunternehmen zielen nur auf einen Wert von 4.0 und sehen sich bei 3,4. Konzerne mögen also auch deshalb schlechter abschneiden, weil ihre Ansprüche höher sind.
6 kritische Bereiche der Personalentwicklung
Die Consultants haben 15 verschiedene Felder abgefragt. Unabhängig von der Firmengröße kristallisieren sich sechs Bereiche heraus, in denen alle Befragten unzufrieden sind.
1. Talent Management
Roland Berger sieht in der Nachfolgeplanung das Schlüssel-Element des Talent Management. Noch vor zehn Jahren sei dies ein Nischen-Thema gewesen, das nun ins Zentrum rücke. Eine erfolgreiche Nachfolgeregelung setzt zunächst einmal voraus, dass gute Mitarbeiter im Unternehmen bleiben. Das heißt: Nicht nur das Unternehmen formuliert seine Wünsche an potenzielle Nachfolger, sondern diese werden ebenfalls nach ihren Wünschen befragt. Der Mitarbeiter muss diese definieren, das Unternehmen muss ihm entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten bieten können.
Zur kompletten Kette des Talent Management gehören demnach nicht nur das Identifizieren und Einstellen geeigneter Mitarbeiter, sondern auch dessen ständiges Lernen und Weiterentwickeln. Die Performance jeden Mitarbeiters muss beobachtet werden.
2. Strategische Planung der Workforce und People Analytics
Roland Berger schreibt es der Digitalisierung zu, dass Entscheider personelle Ressourcen heute unabhängig von Job, Karriere, Funktion, Geografie und Abteilung aufspüren müssen. People-Analytics-Lösungen können dabei unterstützen.
Die Analysten beobachten, dass viele Personaler die Nutzung solcher Lösungen ablehnen. Das sei kein Problem der Technologie, betonen sie. HR-Manager schreckten einfach vor den immensen Mengen an Daten zurück.
3. Leadership
Diesen Begriff interpretiert Roland Berger mittlerweile als Leadership 4.0. Diese erfordert eine Qualität: Empowerment. Wer heute und künftig führen will, muss die Belegschaft auf allen Ebenen vor allem befähigen - etwa zu eigenen Entscheidungen - und ermutigen. Technologisch gesehen hat Leadership 4.0 viel mit Anwendungen rund um Collaboration und Kommunikation zu tun. Sollen Sachbearbeiter entscheiden können, brauchen sie Austausch untereinander und mit anderen Abteilungen.
4. Change Management
Roland Berger sieht Change Management auf dem Weg, sich als eigene Disziplin innerhalb der Personalarbeit zu entwickeln. Dabei ist Change nicht originär HR-Aufgabe. Aber HR muss sich als Partner jeder Transformation verstehen, innerhalb welcher Abteilung der Change auch stattfinden soll.
Gleichzeitig unterliegt HR selbst einem Change, so Roland Berger weiter. Auch hier spielen wiederum digitalisierte Prozesse und Services eine Rolle. Die Consultants raten Personalern, eine Task Force oder ein Center of Excellence mit diesem Themenschwerpunkt zu gründen. Auf jeden Fall müssen Personaler Change Management von sich aus angehen und dürfen nicht warten, bis es ihnen angetragen wird.
5. Unternehmenskultur
Für Roland Berger treibt insbesondere der demografische Wandel den Wunsch nach einer neuen Firmenkultur voran. Kein einfaches Vorhaben, räumen die Berater ein. Denn eine Firmenkultur spiegelt tief-verwurzelte Werte, Glaubenssätze und Verhaltensweisen wider, die nicht kurzfristig verändert werden können.
6. Digitalisierung der HR-Systeme
Roland Berger erwartet, dass Tools, Anwendungen und Prozesse in den Personalabteilungen "Mitarbeiter-zentrierter" werden. Konkret heißt das etwa mobile Apps statt Browser-basierter Zugriff und Cloud-Services statt Kauflösungen. Künftig werden Personaler stärker mit interaktiven Dash-Boards in Realtime arbeiten, gedruckte Formulare weichen digitalen Versionen.
Vorgehen in fünf Schritten
Entscheidern rät Roland Berger zu einem Vorgehen in fünf Schritten. Die Reise beginnt mit dem Definieren einer Vision dessen, was das Unternehmen erreichen will. Im zweiten Schritt muss eine selbstkritische Analyse aufzeigen, wie weit Ist- und Soll-Zustand auseinanderklaffen. Schritt Drei besteht im Sammeln von möglichst vielen Informationen und Erkenntnissen - über alle Abteilungen hinweg. Im vierten Schritt entwirft und testet das Unternehmen verschiedene Maßnahmen. Die, die sich bewähren, werden im fünften Schritt ausgerollt.