Das Haupt des Pharao und der Kopf des Nachrichtensprechers auf dem iPad - damit bebildert der Unternehmensberater Accenture seine Studie "Warum mobile Endgeräte und Services die Wirtschaft verändern werden". Managing Director Oliver Bittner und sein Team wollen "Mythen entlarven", in diesem Fall Mythen rund um Mobile IT.
Zum Hintergrund: Für die Jahre 2013/2014 erwartet Accenture, dass die Zahl mobiler Internetnutzer die der Desktop-Nutzer übersteigt. Für das ausgehende Jahr rechnen die Analysten mit mehr als einer Milliarde Android-Geräten. Die Zahl mobiler User ist demnach rasant gestiegen, seit Nokia 1996 das erste Handy mit Internetzugriff auf den Markt brachte.
Mobility sei kein Zukunftskonzept mehr, sondern Realität, schreibt Bittner. In der Accenture Mobility CIO Survey 2013 erklärten denn auch 73 Prozent von mehr als 400 weltweit befragten IT-Entscheidern, Mobility werde sich auf ihr Unternehmen stärker auswirken als das Internet. Gleichzeitig räumt rund jeder Zweite (53 Prozent) ein, er habe nur eine "rudimentär entwickelte Strategie" dafür.
Accenture leitet aus Gesprächen mit CIOs sechs Mythen über Mobility ab. Diese lauten wie folgt:
Mythos 1: Reine Spielerei
Mobile Geräte als teures Spielzeug, das nur für den Privatbereich taugt - den Wahrheitsgehalt dieser Aussage beziffern die Analysten auf 20 Prozent. "Viele Geschäftsanwendungen sind vollständig auf mobile Geräte übertragbar", sagt Bittner. Denn heutige Handhelds verfügten über eine Leistungsfähigkeit, die mit dem klassischen PC mithalten kann.
Beispiel Außendienstler: Sie rufen auf ihren Geräten Echtzeitinformationen zu Produkten ab oder ändern unkompliziert Termine. Mobile Anwendungen ermöglichen die Interaktion zwischen Außen- und Innendienst, beschleunigen innerbetriebliche Prozesse und Reaktionen auf Kundenanfragen. Außerdem schaffen sie Kontakt zu solchen Zielgruppen, die keinen PC nutzen, sagt Accenture.
Mythos 2: Datenschutzrisiken wiegen schwerer als der Nutzen
Dieser Aussage kann sich selbst Accenture nicht ganz verschließen. Bittner räumt einen Wahrheitsgehalt von 40 Prozent ein. Der Schutz persönlicher Daten sei "eine große Herausforderung" und liege letztlich in der Verantwortung der Nutzer.
Das heißt: Unternehmen müssen den Datenschutz beim Entwickeln ihrer mobilen Dienste etablieren und das auch "offensiv vermarkten". Kundendaten dürfen nicht ohne Einverständnis dieser Kunden erhoben und genutzt werden.
Mythos 3: Mobility gleich Kontrollverlust
Mythos Nummer drei bezieht sich auf BYOD ("Bring your own Device"), die Tatsache, dass immer mehr Arbeitnehmer eigene mobile Geräte auch dienstlich nutzen. Dass damit Kontrollverlust über geschäftliche Daten und Anwendungen einhergeht, lässt Accenture nur bedingt gelten. Bittner gesteht dieser Aussage einen Wahrheitsgehalt von 30 Prozent zu.
Faktisch sind viele Unternehmen derzeit noch nicht in der Lage, eine Vielzahl oft unbekannter Endgeräte zu steuern. IT-Abteilung und Fachbereiche müssen verstehen, wie sie Mobility nutzen wollen und können. Sie brauchen klare Regeln und Policies für den Umgang mit Daten auf privaten Handhelds in der Firma.
Mythos 4: Mobility gleich Burnout
Dass mobile Geräte die Arbeitsbelastung bis zum Burnout steigern, weil sie ständige Verfügbarkeit einfordern - diese Aussage weist auch Accenture nicht ganz zurück. Sie beinhalte 40 Prozent Wahrheit, so Bittner und sein Team.
Dennoch setzen die Berater dagegen. "Mobility bedeutet nicht automatisch ständige Verfügbarkeit und kann die Zufriedenheit der Mitarbeiter sogar erhöhen", schreiben sie. So profitierten viele Menschen davon, dass sie sich die Arbeit individuell über den Tag verteilen können. Arbeitnehmer mit Kindern können zwischendurch den Nachwuchs abholen oder Dinge organisieren.
Neben der IT stehen vor allem Führungskräfte in der Pflicht, Arbeitsmodelle zu entwickeln, die die Beschäftigten entlasten und ihre Produktivität steigern, so Accenture. In diesem Punkt stelle sich eben die Frage, ob die Technologie die Probleme verursacht - oder die mangelnde Fähigkeit, mit ihr umzugehen.
Mythos 5: Mobile IT treibt die Kosten in die Höhe
Mobile Geräte und Anwendungen führen zu mehr und immer komplexerer IT - das stimmt bestenfalls zu 30 Prozent, sagt Bittner. Zwar treffe zu, dass die Zahl der Endgeräte und der Programme steigt. Gleichzeitig sind aber immer weniger zentral prozessierte Arbeitsschritte nötig, weil der Anwender selbst auswählt, welche Funktionalität er wann braucht. Das senkt Kosten und spart Zeit, weil der Nutzer für das Erledigen einfacher Aufgaben keine komplexe Software mehr starten muss.
Mythos 6: Mobility nützt nur einigen wenigen Branchen
Banken profitieren von Apps für das mobile Banking, Fluglinien von Tickets auf den Handy, Werbevermarkter von Anzeigen auf dem Tablet und das war es dann auch schon - eine Haltung, die Accenture ablehnt. Ihr Wahrheitsgehalt liege bei zehn Prozent.
Fragen wie die, ob Landwirte und Maschinenbauer Vorteile durch Mobility hätten, erinnerten ihn an die Anfänge des Internet, schreibt Bittner. Denn es gehe um den langfristigen Nutzen, sei es höhere Produktivität, bessere Kundenbeziehungen oder größere Mitarbeiterzufriedenheit. Aus strategischer Sicht sollte Mobility daher bei jeder Unternehmensentscheidung eine Rolle spielen.