Die Zeichen stehen auf Besserung. Der weltweite Anteil am IT-Budget, den Unternehmen in Qualitätsmanagement und Software-Testing investieren, wächst. Laut aktuellem World Quality Report (WQR) von Capgemini, Sogeti und HP, stieg das Testingbudget im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozentpunkte auf derzeit 23 Prozent und soll nach Ansicht der 1500 Befragten IT-Entscheider in den kommenden zwei Jahren noch einmal fünf Prozentpunkte zulegen.
Diese Entwicklung spiegelt die zwei Seiten einer Medaille: Zum einen ist sie Ausdruck eines gesteigerten Qualitätsbewusstseins, trotz steigendem Budget- und Zeitdruck. Zum anderen müssen sich Unternehmen auch verstärkt die Frage stellen, ob sie dieses Geld wirklich effizient einsetzen - stehen Kosten und Nutzen noch im richtigen Verhältnis?
Auf Basis der oben genannten Studie, die seit fünf Jahren weltweit Trends in der Softwareentwicklung bezüglich Qualitätsmanagement und Testing analysiert, möchte ich Ihnen sechs Tipps an die Hand geben, wie Sie Ihre Ressourcen effizient einsetzen können.
1. Vergessen
Sie die Fehlerzahl - Sie brauchen geschäftsrelevante Kennzahlen
Um beurteilen zu können, ob Ressourcen zielgerichtet eingesetzt werden, braucht es aussagekräftige Kennzahlen, die den tatsächlichen Nutzen der qualitätssichernden Maßnahme abbilden. Die Mehrheit der Unternehmen greift dafür derzeit noch auf operative Kennzahlen zurück, z.B. die Anzahl der gefundenen Fehler oder die Kosten per Testfall. Die tatsächlich erforderlichen Investitionen können so allerdings nicht beurteilt werden.
Immerhin erfassen schon 45 Prozent der Unternehmen, welchen Beitrag qualitätssichernde Maßnahmen an einem schnelleren Markteintritt haben und 39 Prozent messen ihren Beitrag zu geringeren Fehlerfolgekosten. Das sind noch zu wenig. Um die Geschäftsorientierung Ihrer Softwareentwicklung zu verbessern, sollten Sie die für Sie am besten geeigneten Metriken definieren. Hierfür empfiehlt sich die Goal, Question, Metric (GQM)-Methode.
2. Testing stärker standardisieren und industrialisieren spart Zeit und Geld
Vereinheitlichen Sie Prozesse und Methoden der Qualitätssicherung und erhöhen Sie ihren Automatisierungsgrad - hier liegt erhebliches Optimierungspotenzial. Dies wissen immer mehr Unternehmen zu nutzen, wobei das bevorzugte Modell zentralisierte Testorganisationen sind, sogenannte Test Center of Excellence (TCoE). Derzeit betreiben bereits 19 Prozent aller Unternehmen ein eigenes TCoE, weitere 32 Prozent planen zumindest eins.
Wenn Sie überlegen, ob Sie ein TCoE intern aufbauen und betreiben oder das Thema an einen Dienstleister auslagern wollen, fragen Sie externe Berater. Spezialisierte Dienstleister verfügen mittlerweile über einen reichen Erfahrungsschatz, der Sie vor kostspieligen Experimenten bewahrt.
3. Professionalisieren Sie das Testen von Mobile Apps
Mobile Apps haben rasend Einzug in alle Bereiche des Geschäftslebens gehalten und 55 Prozent aller Unternehmen testen sie bereits strukturiert (2012: 31 Prozent). Das ist noch kein Grund zur Entwarnung: Nicht alle IT-Abteilungen konnten Schritt halten. Selbst die Organisationen, die ihre Mobile Apps testen, stehen laut WQR noch vor Herausforderungen wie der Anpassung von Methoden und Prozessen, dem Zugang zu den benötigten Endgeräten oder schlicht und ergreifend einem Mangel an Experten.
Meine Empfehlung lautet, entweder ein eigenes Kernteam aufzubauen, das alle Mobile-App-Projekte mit Spezialwissen und den nötigen Tools unterstützt, oder einen spezialisierten Dienstleister einzusetzen.
4. Nutzen Sie die Vorteile von Cloud Testing
Cloudbasierte Testumgebungen werden immer beliebter. Laut WQR soll 2015 bereits ein Drittel (32 Prozent) aller Testing-Aktivitäten in und aus der Cloud erfolgen. Für erste Schritte empfehle ich cloudbasierte Performance-Testumgebungen mit flexibler Verfügbarkeit und Abrechnung nach dem Pay-per-Use-Prinzip inklusive gekoppelter Analyse potentieller Risiken. Sie bieten erhebliche Einsparpotenziale und dienen zudem als Basis für eine breitere Nutzung.
5. Pro
fessionalisieren Sie Testumgebungs- und Testdatenmanagement
Bei End-to-End-Geschäftsprozessen werden die IT-Landschaften immer komplexer und herausfordernder. Wer die Disziplinen Testumgebungs- und Testdatenmanagement nur unzureichend beherrscht, riskiert es, Einsparungen an anderer Stelle, etwa durch erhebliche Leerlaufzeiten, gleich wieder zu verlieren.
Ein spezialisiertes Kernteam aus Infrastrukturspezialisten dagegen, die komplexe Systemlandschaften und Geschäftsprozesse verstehen, kann zeitgerecht End-to-End-Testumgebungen und -daten bereitstellen.
6. Integrieren Sie Testen auch in agilen Projekten
83 Prozent der für den WQR befragten Unternehmen setzen agile Methoden zur Softwareentwicklung ein. Interessanterweise haben 64 Prozent von ihnen jedoch keinen spezifischen Ansatz für agiles Testen gefunden. 56 Prozent tun sich schwer mit Testautomatisierung in agilen Projekten, so bleiben potenzielle Vorteile agiler Methoden ungenutzt.
Das wirkt sich natürlich auf die Qualität und Verfügbarkeit der neu entwickelten Software aus. Nutzen Sie etablierte Methoden wie 'TMap for Scrum' und Trainings zum 'Certified Agile Tester', sie helfen Ihnen, teures Lehrgeld zu sparen.
Machen Sie sich und ihrem Team mit diesen sechs Hebeln das Leben leichter. Nicht immer müssen Sie das Rad neu erfinden, nutzen Sie die oben genannten Best Practices und Methoden, um Ihre Qualitätssicherung künftig pünktlich und ohne Mehrkosten zu integrieren.
Denn eins ist sicher: Sie werden in der IT immer wieder vor neuen Herausforderungen stehen. Dabei sollte das Testing Ihr kleinstes Problem sein.
Stefan Gerstner ist Vice President Global Service Line Testing bei Sogeti.