Ich dachte, ich hätte mich an die neue Realität von andauernder Pandemie und Impfdiskussionen gewöhnt. Dann sehe ich Bilder von zerbombten Wohnhäusern, von Menschen in Schutzbunkern und auf der Flucht. Am Abendbrottisch fragt meine sechsjährige Tochter: "Mama, was ist eigentlich Krieg?" Bei all meinem Wissen um psychische Gesundheit, Resilienz und Achtsamkeit komme auch ich als Psychologin in diesen Momenten an meine Grenzen.
Auch ich fühle mich hilflos und frage mich, wie es geht, bei diesen Hiobsbotschaften sowie den privaten und beruflichen Belastungen bei sich zu bleiben?
Achtsam sein bedeutet, im Moment zu sein. Es geht darum, nicht gedanklich im Gestern oder Morgen zu kleben, sondern sich bewusst auf das Hier und Jetzt zu fokussieren, das wahrzunehmen, was den Moment ausmacht.
In dem Beispiel mit der Frage nach dem Krieg spüre ich als Mutter emotionales Entsetzen darüber, dass ich meiner Tochter erklären muss, was Krieg ist. Gleichzeitig sorge ich mich darum, wie meine Tochter die Ereignisse verarbeiten wird. Ich kann jedoch auch dankbar sein, dass ich mit ihr am Tisch sitzen und da sein kann, wenn sie Fragen stellt. Diesen Perspektivwechsel muss ich mir aber erlauben.
Was tun, um achtsam zu sein?
1. Die wichtigste Voraussetzung ist, bestimmte Dinge wahrzunehmen und anzunehmen, wie sie sind - wie etwa, dass Gedanken kreisen. Aber ich bestimme, wieviel Aufmerksamkeit ich ihnen gebe. Mir hilft die Vorstellung, dass sie vorbeiziehen wie Wolken am Himmel. Sie kommen und gehen.
2. Nimm dir Zeit für Dinge, die dir guttun. Setz dich in die Sonne, nimm den Moment in dich auf. Konzentriere dich auf deine Sinne: Was sehe ich? Was höre ich? Was rieche ich? Was fühle ich? Was schmecke ich?
3. Achtsam sein kannst du bei einer Tasse Kaffee oder Tee. Wie duftet er? Wie fühlt sich das an, wenn die heiße Flüssigkeit deine Zunge berührt?
4. Es braucht keine stundenlange Meditation. Nimm dir fünf bis zehn Minuten am Tag, um bewusst bei dir zu sein. Erlaube dir, für den Moment das Außen auszublenden und zu spüren, wo du im Hier und Jetzt bist.
5. Schreibe Tagebuch! Dafür brauchst du nur fünf Minuten täglich. Frage dich, was ist mir heute gelungen oder was hat mich heute zum Lächeln gebracht? Mach dir diese positiven Dinge zugänglich, erinnere dich daran.
6. Aber das Wichtigste ist, erlaube dir, einfach mal abzuschalten! Geh offline, schalte Handy oder Computer aus - zumindest zeitweise. Dann kannst du ganz bei dir sein!
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