Servicebeschreibungen dienen heute in fast allen Unternehmen als Grundlage für die Erbringung von IT-Dienstleistungen. Allerdings zeigt eine Befragung von Forrester Research bei 942 Entscheidungsträgern in USA und EMEA, dass lediglich 20 Prozent der Befragten mit der Definition und 15 Prozent mit der Überwachung dieser sog. SLAs wirklich zufrieden sind. Vor dem Hintergrund der Wichtigkeit dieser SLAs werden diese Zahlen umso Besorgnis erregender, beschreiben sie doch den Leistungsumfang sowie qualitative Parameter und diktieren damit den Aufwand und die Kosten oder Preise für die Erbringung dieser Leistungen.
In Zeiten eines permanenten Kostendrucks sowie steigender Anforderungen an Agilität und Flexibilität ist für die Verantwortlichen der IT-Organisationen ein tiefes Verständnis der sich ergebenden Einflussfaktoren notwendig. Hierdurch gewinnen die Serviceverantwortlichen die notwendige Transparenz, die es einerseits erlaubt, mit den Kunden der IT den Service bedarfsgerecht zu gestalten und zu fixieren, andererseits aber auch unnötige Kostentreiber zu erläutern, zu diskutieren und möglicherweise zu eliminieren.
Neben der internen Diskussion zur Erhöhung der Transparenz des IT-Leistungskataloges ist die Kenntnis über die Faktoren sowie deren Einfluss bei der Ausschreibung und Vergabe von Dienstleistungen an Drittanbieter von grundlegender Bedeutung. Die Varianzen in den unterschiedlichen Kategorien haben einen direkten und stellenweise nicht unerheblichen Einfluss auf die zu erwartenden Preise.
Abhängig davon, ob es sich bei der zu betrachtenden Dienstleistung um einen selbst erbrachten Service handelt oder ob dieser durch einen Drittanbieter geliefert wird, sind 6 Einflusskategorien zu erkennen. Dies sind für intern erbrachte Dienstleistungen:
Die 6 wichtigen Faktoren
1. Leistungsumfang (Service scope)
2. Volumenangaben der Leistung
3. Komplexität (oder Standardisierungsgrad der Leistung)
4. Geographische Ausdehnung, in der die Leistung erbracht wird
5. Qualitäten (Service level)
6. Arbeitsmarktdaten
Für durch Drittanbieter erbrachte Leistungen kommt noch die siebte Kategorie der Vertragseckdaten und AGBs dazu.
Erfahrene CIOs nutzen diese Faktoren sowie deren unterschiedliches Gewicht bei der Serviceerbringung als Grundlage für eine werteorientierte und zielgerichtete Diskussion mit den IT-Kunden. Die Darstellung der Einflussgrößen sowie ihr Zusammenhang bei der Preisgestaltung erlaubt es heute, transparent zu machen, wie Unternehmen die notwendigen IT-Kosten besser managen können.
In Gesprächen mit Verantwortlichen sehen wir immer wieder, das es zwar ein grundsätzliches Verständnis über die Kriterienkategorien und deren Einfluss gibt, dass aber die Einschätzung über die wirklichen Verhältnisse der Einflussgrößen zueinander oft nicht mit der Realität übereinstimmt. Beispielsweise wird bei der Standardisierung von Desktop-Services ein Hauptaugenmerk auf die Vereinheitlichung der Hardware-Infrastruktur gelegt, obwohl der Einfluss von Änderungen und die zeitliche Abdeckung von Servicezeiten einen wesentlich höheren Stellenwert hat.
Grundsätzlich muss man zwischen zwei Hauptgruppen unterscheiden: arbeitsintensive Kategorien, in denen eine Veränderung der Leistungsinhalte und -qualitäten einen direkt proportionalen Einfluss auf die Kosten haben und solche Aktivitäten, deren Erbringung teilweise oder hauptsächlich automatisiert durchgeführt werden kann.
Erhöht sich beispielsweise die Anzahl der zu erwartenden Calls pro Anwender und Monat an einem Servicedesk für einen Desktopservice bei gleichbleibender Servicequalität von 0,7 auf 1,5, so verdoppelt sich auch dieser Anteil der Servicekosten. Im Hinblick auf die Gesamtkosten des Desktopservice kann dies zu einem Unterschied von 30 Prozent und mehr führen.
Die Qualitätsparameter
Einen ebenso großen Einfluss haben die vereinbarten Qualitätsparameter. Die folgende Grafik stellt die unterschiedlichen Ausprägungen eines Desktopservice aus qualitativer Sicht dar: (Siehe Grafik)
Wie zu erkennen ist, bestehen die wesentlichen Unterschiede der Servicelevel in der zeitlichen Abdeckung im Service Desk sowie bei den Betriebszeiten für die Infrastruktur und in der Widerherstellungszeit im Problemfall ("Desktop Resolution Time"). Nimmt man den in dieser Grafik mit "Medium" bezeichneten Servicelevel als Nulllinie, so variieren die Kosten für eine Dienstleistung mit der ausgewiesenen Qualität um -16 Prozent für den niedrigeren und +12 Prozent für den höherwertigen Service. Die Spanne beträgt also ca. 30 Prozent, je nach Definition der zu erbringenden Qualität.
Ganz anders verhält sich dagegen beispielsweise der Einfluss der Infrastrukturstandardisierung oder der Komplexität. Hier verbirgt sich unter anderem die Anzahl unterschiedlicher Hardwareausstattungen, angeforderte Softwareausstattungen oder zu unterstützende Sprachen. Unternehmen, die eine Vielzahl von Hardwareausstattungen unterstützen, haben logischerweise große Schwierigkeiten, die unterschiedlichen Aufgaben der Serviceerbringung zu vereinheitlichen.
So müssen zusätzlich wesentlich mehr Kapazitäten und Skills vorgehalten werden, um die unterschiedlichen Landschaften verwalten zu können. Trotzdem ist aufgrund eines höheren Automatisierungsgrades dieser Leistungskomponente der Einfluss auf die Gesamtkosten wesentlich geringer. Je nach Varianz beträgt die Spanne der Veränderung hier lediglich 8 bis 10 Prozent.
Die oben aufgezeigten Beispiele stellen eindrucksvoll dar, wie wichtig eine genau Kenntnis der Einflussgrößen und ihre Auswirkung auf die Kosten sind. Ist es bei der Erbringung der Leistung durch eine interne IT-Abteilung hauptsächlich hilfreich, die notwendige Transparenz zur Steuerung der Kosten und zur Veranschaulichung gegenüber den Abnehmern zu machen, so gewinnt dieser Aspekte bei der Ausschreibung von Leistungen für Drittanbieter einen wesentlich höheren Stellenwert.
Anwender vereinbaren zu hohe Qualitätslevel
Unsere Erfahrung zeigt, dass Unternehmen, die über wenig Erfahrung im Bereich des Outsourcing verfügen, eine Tendenz besteht, die zu erbringenden Leistungen qualitativ höher zu beschreiben, als es wirklich nötig ist. Dies beruht darauf, dass aufgrund der mangelnden Erfahrung Sicherheitspolster in die Ausschreibung aufgenommen werden (meist gemessene Werte und nicht die im Problemfall garantierten, mindestens benötigten Werte) oder aber, dass keine detaillierte Information über die Ausprägung und den aktuellen Qualitätsstand der Leistung vorliegt. Diese Vorgehensweise führt häufig dazu, dass die angebotenen Preise in solchen Ausschreibungsverfahren dann höher ausfallen als erwartet oder nötig.
Wir empfehlen daher, bei der Leistungsbeschreibung frühzeitig eine klare und stringente Struktur zu definieren. Als Grundlage können die oben genannten Kategorien dienen. Die Beschreibung der unterschiedlichen Abstufungen in Art und Umfang ermöglichen dann die notwendige Transparenz, die ein effektives Management der Leistungen erst erlaubt.
Bei der Ausschreibung von Leistungen ist diese Vorgehensweise unbedingt notwendig. Nur dann ist die ausschreibende Abteilung in der Lage, anhand der Angebote der unterschiedlichen Dienstleister eine reale Bewertung der Preise durchzuführen. Dies gilt umso mehr, wenn die Angebote, die man erhält, im ersten Ansatz nicht vergleichbar sind, weil verbindliche Vorgaben in den Ausschreibungsunterlagen fehlen.
Lutz Peichert ist Vice President - Sourcing & Vendor Management Professionals und Wolfgang Benkel Principal Analyst - Sourcing & Vendor Management Professionals bei Forrester Research.