Was CIOs können müssen

7 Pflicht-Disziplinen für IT-Führungskräfte

06.02.2023
Wer Enterprise Architecture beherrscht, hat den ersten Baustein, um als IT-Manager voranzukommen. CIOs und Berater verraten sechs weitere wichtige Qualifikationen.
Sieben CIO-Disziplinen, um fest im Sattel zu bleiben.
Foto: Rene Schmöl

Dass Technikwissen ausreicht, um auf der Karriereleiter nach oben zu kommen, denkt mittlerweile wahrscheinlich kein CIO mehr. Gleichwohl ist die Frage, welche Kenntnisse und Fertigkeiten noch wichtig sind, um ein guter IT-Manager zu sein, immer wieder schwer zu beantworten. Was der CIO können muss, um in diesem Jahrzehnt im Sattel zu bleiben, hat Autor Rusty Weston von unserer amerikanischen Schwesterpublikation Infoworld.com in Gesprächen erfahren.

Erstens: Balance zwischen Spezial- und breitem Wissen

Wer sich mit Sourcing, Enterprise Architecture oder Virtualisierung auskennt, fühlt sich anfangs gut gerüstet für die Arbeit in einem großen Unternehmen - und fährt dennoch oft gegen die Wand. "Was einen zum Fachmann in der Technikabteilung macht, ist nicht dasselbe, was man in einer Führungsrolle braucht", sagt IT-Berater Hank Leingang, ehemals CIO beim amerikanischen Anlagenbauer Bechtel.

CIOs als Chamäleon

Als IT-Manager müsse man sich anpassen an alle möglichen Situationen und die Menschen, mit denen man zu tun habe, sagt Kent Kushar, der bei der Weinkellerei E&J Gallo die Informationstechnik steuert. "Fast wie ein Chamäleon" müsse ein CIO sich verhalten. Wer mit Vertrieblern spreche, müsse sich wie sie geben. Vor den IT-Experten der eigenen Abteilung sei dagegen ein ganz anderes Auftreten gefordert.

"Diese Fähigkeit, sich über Funktionsbereiche hinweg zu verständigen, ist von unschätzbarem Wert", sagt Ron Lamb, ehemaliger Accenture-Berater und mehrere Jahre als IT-Führungskraft tätig. Wer CIO sein und bleiben will, dem bleibt nichts andere übrig, als den Spagat zwischen technischem Spezialwissen und breit gefächerten Kenntnissen übers Unternehmen zu wagen.

Zweitens: Lernen, mit Risiko umzugehen

Risiken einzuschätzen wird nicht an der Uni gelehrt. Je höher jemand im Unternehmen klettert, desto wichtiger wird diese Fähigkeit allerdings. Wen die Vorgesetzten als risikobewusst einschätzen und für fähig halten, Gefahren zu entschärfen, den sehen sie am ehesten als möglichen Kandidaten für hohe Führungspositionen.

Risiko-Management wird wichtiger

Rusty Weston beobachtete, dass nach der Krise viele Unternehmen weniger risikofreudig sind als zuvor - das gelte selbst für die, die sonst immer Vorreiter beim Einsatz neuer Technik seien. Vorne mit dabei zu sein, sei heute bei ihnen kein Prinzip mehr. Im Vordergrund stehe die Frage, mit welchem Risiko Neuerungen verbunden seien.

Bei der Weinkellerei Gallo beispielsweise ist die Risiko-Einschätzung Teil der Bewertung vor jedem Projekt. "Bevor etwas genehmigt wird, werden neben den Kosten immer auch die Geschäftsrisiken durchgespielt", sagt CIO Kushar. Dass diese Disziplin einen festen Platz im IT-Management habe, bestätigt Ron Lamb. Darüber werde zwar vielerorts nicht ausdrücklich gesprochen, doch Risiko-Einschätzung sei Pflicht für jeden Manager.

Drittens: Gute Arbeitsbeziehungen aufbauen

Wie auch andere Menschen tendierten IT-Manager vorrangig dazu, darauf zu achten, beliebt zu sein. Doch das allein macht noch keine gute Arbeitsbeziehung zu den Kollegen aus. Dafür müsse man sich auch Respekt verschaffen. Entscheidend ist es laut Rusty Weston von der Infoworld auch, zuzuhören.

Ein anspruchsvolles Feld bei der Beziehungsgestaltung ist der Kontakt zu Dienstleistern. In vielen Unternehmen stehen die Zeichen auf Konsolidierung: Die Zahl der Anbieter soll kleiner werden. Wer sich nur noch mit wenigen Herstellern auseinandersetzt, kann engere Beziehungen zu ihnen aufbauen. Dieser Vorteil verringert sich allerdings dadurch, dass bei wenigen Dienstleistern der einzelne mehr Macht hat. IT-Chefs wandeln auf einem schmalen Grat und können viel dazu lernen, was Aufbau und Pflege von geschäftlichen Beziehungen angeht.

Viertens: Kennzahlen richtig lesen

Von Daten aus der Supply Chain bis zu Informationen, die aus der Herstellung zusammengetragen werden: Die Datenalayse durchdringt die gesamte IT zunehmend, berichtet Gallo-CIO Kushar. Wenn er IT-Führungskräfte einstellt, sucht er immer Kandidaten aus, die mit Daten-Dashboards umgehen können.

IT-Manager muss Zahlen fürs Business übersetzen

Für den ehemaligen Accenture-Mann Lamb ist die Analyse von Geschäftsdaten eine hoch angesehene Fähigkeit in vielen Unternehmen. "Wie übersetzt man diese Daten so, dass ein Geschäftsmann auf ihrer Grundlage seine Meinung ändern und eine Entscheidung fällen kann?" fragt Lamb. "Wem es als IT-Manager nicht gelingt, sinnvoll von den bloßen Zahlen zu abstrahieren, auf den hört niemand."

Umgekehrt ausgedrückt: Wer gewandt mit solchen Zahlen umgeht, macht sich zum engen Partner der Geschäftsseite im Unternehmen. Und das ist eine der wirksamsten Techniken, die Karriere am Laufen zu halten.

Fünftens: Enterprise Architecture

Wer CIO werden will, benötigt nach Ansicht von IT-Berater Hank Leingang zwingend Verständnis von Enterprise Architecture. "Auch in IT-Teams ist das eine Fähigkeit, die man dringend braucht", sagt er. Gleichzeitig fehlt es an Experten auf diesem Gebiet. "Einen breiten Horizont zu haben und sich damit auszukennen ist heute Gold wert", urteilt Autor Vinnie Mirchandani. In seinem Buch "The New Polymath" befasst er sich damit, wie Unternehmen mit Technik auf die Herausforderungen in der Wirtschaft reagieren.

Viele vernachlässigen Enterprise Architecture

Viele Unternehmen tun sich dem Schriftsteller zufolge schwer, gewiefte Architekten zu halten. Wer sich dafür interessiert, müsse oft feststellen, dass Enterprise Architecture nur ein Randthema sei: In der Industrie etwa, wo ERP-Systeme das Herzstück der IT-Landschaft bilden, hielten CIOs einen Vollzeit-Architekten oft nicht für nötig. Intern Fachwissen zu dem Thema aufzubauen, sei auch dort kaum gefragt, wo vor allem Dienstleister mit der Architektur betraut seien.

Sechstens: Vom Projekt- zum Programm-Management

Erfahrung im Projekt-Management zu sammeln ist nach wie vor ein guter Ausgangspunkt, um IT-Manager zu werden. Allerdings beherrschen diese Klaviatur viele. Die Kunst ist es daher, die eigenen Fähigkeiten im Projekt-Management weiterzuentwickeln zu Kompetenzen, die sich besser strategisch nutzen lassen. "Vom Projekt-Management kann man sich hocharbeiten ins Programm-Management", sagt IT-Experte Lamb. Fundierte Wirtschaftskenntnisse brauche man dafür unbedingt - mehr, als die meisten IT-Manager nach Ansicht von Lamb haben.

Business Case realistisch beurteilen

Den ersten Schritt Richtung Führungsetage mache, wer sich in ökonomische Themen einarbeite. Entscheidender sei aber, wie man sich in Schlüsselsituationen verhalte. "Wenn Sie gefragt werden, ob Sie einen Business Case für realistisch halten, müssen Sie zurückfragen, ob die politisch korrekte Ansicht gefragt sei oder Ihre wirkliche Einschätzung", mahnt Lamb. Sei die ehrliche Ansicht gewünscht, müsse man unter Umständen Ärger mit Kollegen in Kauf nehmen, wenn man dafür Ansehen bei höheren Führungskräften gewinnen könne.

Als Programm-Manager könne man sich zu einem vertrauenswürdigen Berater der Geschäftsbereiche entwickeln, sagt Kathryn Ullrich, Vermittlerin für Führungskräfte. Wer auf diese Position aufsteige, müsse sich bewusst machen, dass er mit einem Mal neue Fähigkeiten zeigen müsse: Teams zu führen, Mitarbeiter zu motivieren, Aufgaben zu delegieren und die Richtung vorzugeben.

Siebtens: Kommunizieren

Rusty Weston kennt große Unternehmen, in denen der CIO eigene Autoren beschäftigt, für sie zu bloggen und ihre Konzepte zu formulieren. Wer noch nicht CIO ist, kann sich diesen Luxus meist nicht leisten. Er muss selbst an seiner Kommunikation feilen. "Wer gut kommuniziert, der wird beachtet", sagt Personal-Fachfrau Ullrich. Zuzuhören und gut zu erklären seien die Grundlagen guter Kommunikation.

Alle sieben Fertigkeiten dienen Rusty Weston zufolge einem Ziel: Einen Beitrag fürs Geschäft des Unternehmens zu leisten. IT-Manager müssten darstellen, dass es für ihren Arbeitgeber ein Verlust wäre, sie nicht mehr zu haben. Daran, einen solchen Stand im Unternehmen zu haben, müsse man dauerhaft arbeiten.