"Ich wette, dass in zehn Jahren 80 Prozent der Menschen in Deutschland ihr privates IT-Equipment - wie zum Beispiel iPads und Smartphones - in den Firmen, in denen sie arbeiten, nutzen."
Wir alle reden über sie. Wir alle umgarnen sie als Hoffnungsträger und Talente. Wir alle lassen uns von ihnen anstecken: Die Rede ist von den sogenannten "Digital Natives", also den Menschen, die im digitalen Zeitalter aufgewachsen sind.
Diese Gruppe ist übrigens nicht so homogen, wie man als Endvierziger vielleicht denken mag: Es gibt nämlich unter anderem die "Vor-Facebook"- und die "Nach-Facebook"-Generation und noch viele weitere Schattierungen.
Wenn man sie aber in eine Schublade steckt, dann haben sie in etwa Folgendes gemeinsam: Die Digital Natives sind mit dem Internet aufgewachsen. Sie gehen mit Smartphones und sozialen Netzwerken so versiert und natürlich um wie unsere Generation mit E-Mail oder PCs.
Viel gravierender als ihr Umgang mit neuen Technologien sind allerdings ihr Selbstbewusstsein und ihre Art, anderen Menschen gegenüberzutreten. Sie ordnen sich klassischen Hierarchien nicht ein, sondern gehen ein Gespräch mit Kollegen gleichen Alters ähnlich an wie eines mit dem Vorstandsvorsitzenden eines DAX-Unternehmens.
Digital Natives nehmen keine Einschränkungen hin
Die Digital Natives wissen sehr genau, wie wichtig sie für die Zukunft der heutigen Unternehmen sind, und sind demzufolge auch nicht willens, bei der beruflichen Arbeit Einschränkungen hinzunehmen. Vielmehr verschwimmt gerade bei dieser Generation der klassische Unterschied zwischen Privatleben ("Life") und Arbeit ("Work") zunehmend.
Sie wollen als Individuen alle Aspekte ihres Lebens vereinen, und dabei nutzen sie die neuen Medien in nie dagewesener Weise. Und dies ist für Unternehmen von heute und morgen nicht nur unglaublich wichtig, sondern essentiell, wenn sie innovationstechnisch nicht nur Schritt halten, sondern immer zwei bis drei Schritte voraus schauend planen wollen.
Nur durch Einstellen und Integration der Digital Natives in Unternehmen können diese bei der rasanten Beschleunigung der technologischen und soziologischen Veränderung bestehen, sowohl bei der Produktpalette als auch bei den Distributionskanälen, den internen Prozessen und der IT.
Mitarbeitern müssen selbst über Geräte und Apps entscheiden
Nun, um diese Digital Natives für ein Unternehmen nicht nur zu gewinnen, sondern sie auch erfolgreich dort zu integrieren, muss man es ihnen einfach machen, die neuesten technologischen Innovationen und Fähigkeiten der sozialen Netzwerke im Interesse des Unternehmens zu nutzen. Das geht am besten, wenn man genau diesen Mitarbeitern zugesteht, selbst zu entscheiden, welche Geräte oder Apps sie nutzen möchten.
Die Generation der Digital Natives wird sich nicht mehr vorschreiben lassen, welchen Standard-PC man zu nutzen hat, wenn man in einem Unternehmen arbeitet. Vielmehr wird es beim Wettstreit um die besten Talente darum gehen, den Ansprüchen an größtmögliche Flexibilität an Geräten und Ausstattung stattzugeben.
Bring your own IT fördert Neugier der Mitarbeiter
Und damit bin ich bei "Bring your own IT": Jedem Mitarbeiter zu ermöglichen, sich sein Gerät und seine Apps auszusuchen, wird eine Mindestanforderung an einen möglichen Arbeitgeber sein. Und sie wird auch für die Unternehmen wichtig, weil nur damit ein schneller Innovationstransfer ins Unternehmen gewährleistet ist.
Denn nichts ist schneller und effektiver als die Neugier von Individuen - und die nutzen wir heute mit Standard-IT-Geräten aus dem Unternehmensregal gar nicht. Ich bin davon überzeugt, dass nur Unternehmen, die ihren Mitarbeitern die Nutzung ihrer eigenen "IT" ermöglichen, dauerhaft wettbewerbsfähig sind.
Aber ist dies nicht zu verwegen? Wo bleibt die Unternehmenssicherheit? Wo bleibt Kostenbewusstsein und wo die Kontrolle, die einem CIO zum Beispiel durch Compliance-Vorschriften, Datenschutz und IT-Sicherheit auferlegt ist?
Für diese Probleme gibt es heute bereits Konzepte und teilweise auch am Markt verfügbare Technologien. Doch da wir über 2021 reden, belasse ich es hier bei den wesentlichen Konzepten, die dann zum Standardrepertoire von CIOs und Unternehmen gehören werden:
4 Standard-Konzepete für CIOs 2021
1. Geschäftskritische Daten werden ausschließlich in der (Unternehmens-)Cloud gehalten. Auf lokalen Geräten von Mitarbeitern werden sie gar nicht, oder wenn, dann nur sicher verschlüsselt, temporär gespeichert.
2. Neben unternehmenskritischen Anwendungen, die diese geschäftskritischen Daten verarbeiten, wird es eine große Freiheit bei Apps geben, die von Mitarbeitern für Mitarbeiter erstellt werden, oder aus der Open Source Gemeinde. Diese Apps werden auf den Engeräten koexistieren mit den "privaten" Apps von Mitarbeitern. Sie werden aber unter der Kontrolle des Unternehmens stehen.
3. Die Sicherheitsmechanismen werden Operating System - übergreifend implementiert. Open-Source-Operating-Systeme, die dies nicht ermöglichen, werden sich nicht durchsetzen. Oder es werden Sicherheitslösungen für diese geschaffen, ähnlich wie wir es bereits heute bei Android sehen.
4. Applikationen werden unabhängig von Browsern und Benutzeroberflächen funktionieren.
5. Smarte Gerätemanagementsoftware (Device Management) lässt den CIO in der Verantwortung für die Compliance-Anforderungen im Falle von Verlust, Missbrauch, Diebstahl oder Manipulation.
Das wichtigste "Konzept" allerdings ist die stark steigende Eigenverantwortung des Mitarbeiters, des Individuums. Nur bei Übernahme von höherer Verantwortung für alle Aspekte des privaten und beruflichen Lebens werden sich solche Konzepte durchsetzen. Wie es geht, machen uns die Digital Natives vor: Freizeit kommt nicht zu kurz, und gleichzeitig ist die Arbeit nicht auf Montag bis Freitag beschränkt. Diese Generation lernt und meistert damit eine richtige Gewichtung der Work-Life-Balance.
Schöne neue Welt? Mitnichten
Schöne neue Welt? Mitnichten. Erinnern Sie sich noch an die Diskussion vor 20 Jahren, ob man E-Mail einführen sollte? Oder an die Diskussion vor zehn Jahren, ob man die "private" Nutzung von Internet im Unternehmen erlauben sollte?
Heute sind E-Mail, Internetnutzung und vor allem soziale Netzwerke fester Bestandteil des Unternehmens- wie auch des privaten Alltags und haben - richtig eingesetzt - zu substantiellen Produktivitätssteigerungen und kürzeren Produkteinführungszeiträumen geführt. Und der Entwicklung dieser Medien - wie übrigens auch des Handys - ist gemein, dass sie heute ganz natürlich "privat" und "beruflich" genutzt werden. Und zwar so, dass beim verantwortungsvollen Umgang durch das Individuum am Ende die privaten und beruflichen Aspekte besser unter einen Hut gebracht worden sind - nämlich durch höhere Flexibilität und höhere Eigenverantwortung der Mitarbeiter.
Und so ist meine Wette eigentlich eine sichere: Ich beobachte lediglich das Verhalten der jungen Generation heute - und antizipiere, dass sie dieses Verhalten in zehn Jahren in den Lebens- und Unternehmensalltag eingebracht haben werden.
Ich freue mich auf Ihre Gegenwette!
Weitere Wetten finden Sie auf unserer Seite Wetten auf die nächste Dekade.