Der gute Ruf eines Unternehmens hat weniger mit Glück und schwammigen Image-Werten zu tun als mit Strategie. Das behaupten zumindest die Analysten von Aberdeen. Sie haben mehr als 300 Unternehmen in Sachen Mitarbeiterbindung untersucht und erhebliche Diskrepanzen festgestellt. Die Erfolgs-Faktoren lesen sich fast wie die in der IT: Standardisieren und steuern.
Konkret: Aberdeen teilt die Firmen je nach Performance in die drei Kategorien Best in Class ("BiC"), Mittelfeld ("Average") und Schlusslichter ("Laggards") ein. Die BiCs konnten die Produktivität ihrer Mitarbeiter um 27 Prozent und die Mitarbeiterbindung um 30 Prozent steigern. Das Mittelfeld erreichte dagegen nur ein Plus von sechs Prozent (Produktivität) beziehungsweise acht Prozent (Bindung). Die Schlusslichter mussten sogar Einbußen von 21 Prozent (Produktivität) und 20 Prozent (Bindung) hinnehmen. Die Befragung erfolgte in März und April, zu Krisenzeiten also.
Der wesentliche Unterschied zwischen Musterfirmen und Schlusslichtern liegt in der Aktivität. BiCs gestalten ihre Rolle als Arbeitgeber. Die Laggard-Firmen dagegen scheinen viel einfach geschehen zu lassen.
Dazu ein paar Beispiele: 72 Prozent der Erfolgs-Firmen richten eigene Karriere-Portale ein, aber nur 46 Prozent der Nachzügler. 54 Prozent der BiCs achten bei ihren Stellenanzeigen darauf, dass diese Suchmaschinen-optimiert sind. Unter den Trödel-Firmen sind es nur 46 Prozent.
Außerdem führen BiCs häufiger standardisierte Prozesse rund um ihre Belegschaft ein. 87 Prozent von ihnen legen solche Standards für Gespräche mit Mitarbeitern fest, die gekündigt haben (Laggards: 68 Prozent). 67 Prozent der Musterfirmen entwickeln Abläufe für das Einholen von Feedback nach Bewerbungsgesprächen (Schlusslichter: 31 Prozent). Und während 72 Prozent der Erfolgsfirmen die Mitarbeiterzufriedenheit regelmäßig messen, sind es bei den Laggards nur 53 Prozent.
Mangel an Top-Talenten und geeigneten Bewerbern
Die Analysten haben darüber hinaus erfragt, worin die Unternehmen die wichtigsten Treiber für das Bemühen um einen Ruf als guten Arbeitgeber sehen. Mit 63 Prozent der Nennungen liegt die Notwendigkeit, Top Talente zu bekommen, vorn. 30 Prozent geben auch ihre aktuellen Bindungsraten an und 22 Prozent geben offen zu, keine geeigneten Bewerber zu finden.
Bemühungen dieser Art zielen aber nicht nur konkret darauf ab, gute Leute anzulocken und zu halten. Fast ebenso wichtig ist es den Befragten, bei Mund-zu-Mund-Propaganda gut wegzukommen.
Eine Studienteilnehmerin, die ihr Unternehmen offenbar zu den Best in Class zählen darf, gibt allerdings zu Bedenken: "Der beste Weg, einen Ruf als guter Arbeitgeber zu bekommen, ist der, einer zu sein."
Aberdeen hat für die Studie "Employer Branding" mit Entscheidern aus mehr als 300 Unternehmen gesprochen.