Selten fällt das Votum einer CIO-Umfrage so eindeutig aus wie in diesem August. Wir hatten gefragt, ob die Anwender schon Big Data-Analysen nutzen. Mehr als 200 User antworteten darauf. Aber nur 14,5 Prozent gaben an, bereits Echtzeit-Analysen großer Datenmengen durchzuführen.
Weltweit wird seit Monaten von Anbietern und Analysten in klassischer Hype-Manier ausgerufen, dass Big Data das nächste große IT-Ding sei. In den hiesigen Unternehmen ist davon bislang offenkundig wenig angekommen. 55,6 Prozent der Befragten gaben prägnant an, bisher auf Big Data rundweg zu verzichten. 13,5 Prozent bekundeten, sie seien in dieser Frage noch unentschieden.
Fast 70 Prozent erteilen Big Data also für den Moment eine Absage. Zu den genannten Anwendern kommen noch 6,8 Prozent hinzu, die das Instrument teilweise anwenden – zum Beispiel beim Auswerten von Social Media-Daten. 9,7 Prozent sagten zudem, sie planten innerhalb des kommenden Jahres einen Einstieg in Big Data.
Noch nicht beerdigen
In aller Klarheit zeigt sich somit, dass Big Data hierzulande bei weitem kein aktueller Hype ist, der die IT-Entscheider besonders umtreibt. Diese Zurückhaltung dürfte indes kein Grund dafür sein, dass Thema verfrüht zu beerdigen. Lohnender scheint es da schon, über die Chancen und Grenzen von Big Data nachzudenken. Die enormen Möglichkeiten der Analyse riesiger Fluten auch an unstrukturierten Daten sind letztlich kaum zu bestreiten. Demgegenüber ist auch allzu offensichtlich, dass die Notwendigkeit dazu in vielen Unternehmen schlicht nicht gegeben ist. Big Data dürfte aktuell kaum viele Mittelständler wirklich betreffen und ist zudem ein in hohem Maße branchenabhängiges Thema.
Einige aufschlussreiche Erklärungsansätze hierzu liefert eine aktuelle Studie der TNS Infratest GmbH in Zusammenarbeit mit der InfraLive GmbH und im Auftrag von T-Systems. Befragt wurden mehr als 1000 Entscheider aus der DACH-Region, Frankreich, Spanien, Russland, Südafrika, Brasilien und den USA. Ein Fünftel der befragten Unternehmen sind in Deutschland ansässig.
Relevanz von Big Data steigt
Die Marktforscher verorten Big Data im Mittelfeld der Zukunftsthemen. Gefragt wurde nach der Relevanz und der Investitionsbereitschaft für verschiedene IT-Themen. Mit weitem Abstand vorne ist hier IT Security & Governance. Dahinter liegen annähernd gleichauf mobile Technologien, Cloud Computing und Virtualisierung, mit etwas Abstand folgt dann die Verbesserung der Service-Qualität. Hinter diesen Top Five folgen auf fast identischem Niveau Big Data, Green IT und Enterprise Resource Planning (ERP).
Innerhalb kurzer Zeit habe Big Data Themen wie Outsourcing und Collaboration den Rang abgelaufen, stellt TNS Infratest fest. „Obwohl das Thema auf der Agenda der Unternehmen stark nach oben drängt, bleibt aber festzuhalten, dass die Herausforderung ‚Big Data‘ bei den Unternehmen noch nicht jene Bedeutung gefunden hat, wie es die Diskussion der letzten Monate vermuten lässt“, urteilen die Marktforscher weiter.
Getrieben durch nachgelagerte Prozesse
Eine Ursache dafür sei vermutlich darin zu finden, dass das Thema durch nachgelagerte Prozesse getrieben sei. Heißt zum Beispiel: Der noch im vollem Gange befindliche Einzug von Smartphones und Tablets in die Unternehmen muss erst einmal zur Vervielfältigung von Datentypen und Datenquellen beitragen, die dann einen Einsatz von Big Data notwendig macht.
Im Ländervergleich nehmen laut TNS Infratest abermals die USA ihre Vorreiterrolle bei innovativen Themen wahr, auch in Russland und Spanien stehe Big Data weit oben auf der Agenda. „Eine abgeschwächte Einstufung im Vergleich zum Durchschnitt der befragten Unternehmen erhält Big Data in der DACH-Region sowie in Frankreich“, heißt es weiter in der Studie. „Dies war zu erwarten, da die DACH-Region generell zurückhaltender ist bei neuen Themen.“
Im Branchenvergleich genießt das Thema laut Studie besondere Aufmerksamkeit bei unternehmensbezogenen Dienstleistern, im öffentlichen Sektor und bei Energie- und Wasserversorgern. Auffallend reserviert agierten hingegen bislang Handel sowie Banken- und Versicherungen. Nach Einschätzung der Autoren mag das auch daran liegen, dass zum Beispiel Banken bereits leistungsfähige Datenmanagement-Systeme zur Verarbeitung strukturierter Daten einsetzen.
Die 5 Kernprobleme für Big Data
Die deutsche Big Data-Skepsis relativiert sich laut Studie ein wenig, wenn man Handlungsbedarf und zukünftiger Bedeutung des Themas fragt. Auf einer Skala von 1 bis 5 gewichten deutsche Firmen den Handlungsbedarf mit 3,7 Punkten, was dem internationalen Durchschnitt entspricht – den wiederum Österreich und die Schweiz deutlich nach unten drücken.
So reserviert deutsche Firmen aktuell auch agieren: Mehr als die Hälfte geht davon aus, dass der Handlungsbedarf künftig stark oder gar sehr stark ansteigen wird. Ebenfalls die Hälfte gibt an, dass die eigene Datenmanagement-Strategie entwickelt oder sehr entwickelt sei. Dieser Wert ist im Vergleich zu 72 Prozent in den USA oder 31 Prozent in der Schweiz mittelprächtig, aber keineswegs übertrieben zurückhaltend.
Im Kern fünf Probleme und Herausforderungen behindern laut TNS Infratest die Big Data-Initiativen der Anwender weltweit:
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Erstens die Komplexität und Anzahl von Schnittstellen
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Zweitens die erwartete Explosion der Gesamtbetriebskosten
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Drittens der weitere Anstieg der Datenmengen in den Systemen – allesamt prozessuale Probleme so weit.
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Hinzu kommen strukturelle Sollbruchstellen: Viertens die Schwierigkeit, die vielfältige und wachsende Datenmenge gewinnbringend für eine Verbesserung und Erneuerung von Geschäftsprozessen zu nutzen
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Fünftens das Erreichen eines optimierten Produkt- und Service-Portfolios.
Die Studie „Quo vadis Big Data“ ist bei TNS Infratest und Sponsor T-Systems erhältlich. In unserer neuen CIO.de-Umfrage möchten wir von Ihnen wissen, ob BYOD demnächst einen Absturz erlebt.