Die Bundesliga wird in den kommenden Jahren von einer Tochter des Kabelnetzbetreibers Unity Media präsentiert, einem Unternehmen, das zum Zeitpunkt des Rechteerwebs noch nicht einmal eine TV-Lizenz in
Deutschland besaß. Und auch ein anderer Serviceprovider entwickelt sich in atemberaubendem Tempo zur Medienfirma: T-Online hat sich in den vergangenen Jahren durch unzählige Content-Partnerschaften mit Inhalten versorgt. Ende April kündigte der Serviceprovider an, ab diesem Sommer nicht weniger als 100 TV-Kanäle via Internet anzubieten. Keine Branche in Deutschland ist stärker im Umbruch als die der Medien, und keine sieht ihre wirtschaftliche Basis im Zuge der Veränderungen stärker bedroht.
Zwar konnten sich die Verantwortlichen im ersten Quartal über ein Plus bei den Anzeigenerlösen von über sechs Prozent freuen, doch dabei handelt es sich zum größten Teil um eine Sonderkonjunktur durch die Fußball-WM. Zeitungen und TV-Sendern fällt es immer schwerer, aufwändige Inhalte ausschließlich über das Anzeigengeschäft zu finanzieren. Die Reaktion auf diese Entwicklung markiert die beiden wichtigsten Trends in der Branche: Integration und Diversifikation.
Integration bedeutet, Content auf den unterschiedlichsten Plattformen und in möglichst vielen medialen Formen anzubieten. Das Internet wird dabei immer mehr zur zentralen Drehscheibe für Inhalte, entsprechend mehr Aufwand und Manpower fließen in dieses Medium. Niemand in der Branche kann es sich heute noch leisten, Printartikel schlicht eins zu eins ins Netz zu stellen. Stattdessen sorgen Online-Redaktionen für eine Internet-kompatible Aufbereitung. Gleichzeitig bietet die Verbreitung von High-Speed-Zugängen neue Möglichkeiten: Jede Zeitung, die etwas auf sich hält, bietet ihre Artikel mittlerweile auch als Audio-File zum Herunterladen an. TV-Stationen offerieren sogar komplette Folgen einer Vorabendserie als Datei („Warum bis abends warten?“). Zum Kauf, versteht sich: Wertvolle Inhalte nur gegen Geld zugänglich zu machen ist mittlerweile nicht mehr die Ausnahme, sondern Normalität.
Dienstleister ohne Prozessgefühl
Der zweite Trend, die Diversifikation, profitiert davon, dass das Image bei Qualitätszeitungen wie der Süddeutschen besser ist als die Geschäftszahlen.Mit diesem Image im Rücken baute der Verlag die SZ zur Marke aus, unter der man jetzt massenweise Bücher und CDs verkauft. Und es gibt kaum ein bekanntes Printprodukt, das nicht denselben Weg geht. Diese Entwicklungen haben natürlich Folgen für die IT. Große Outsourcing-Deals waren hier in der Vergangenheit sehr selten, es fehlte schlicht an attraktiven Angeboten. Stephan Kaiser, Medienanalyst bei Pierre Audoin Consultants, ist gar der Meinung, die IT-Branche habe die der Medien über Jahre geradezu stiefmütterlich behandelt: „Vielen Dienstleistern fehlte das Gefühl für die Prozesse in der Branche.“
Das schwache Interesse an diesen Kunden hing sicher auch mit deren Größe zusammen. Deutschlands Anzeigenprimus Gruner & Jahr wird in diesem Jahr voraussichtlich weniger als 800 Millionen Euro mit Anzeigen umsetzen, nicht viel im Vergleich mit großen Industrieunternehmen. Entsprechend klein sind die Budgets: Lediglich 2,54 Prozent aller IT-Ausgaben in Deutschland entfielen 2005 auf die Medien. Auch der Standardisierungsgrad ist nicht hoch, weil sich die Prozesse innerhalb der Branche stark voneinander unterscheiden.
Diversifikation in IT abbilden
All das spricht eigentlich gegen Outsourcing, aber der Trend weicht auf. So schloss LH Systems im Herbst einen großen Vertrag mit der Süddeutschen Zeitung. Er beinhaltet das Auslagern des gesamten Rechenzentrums mit den zentralen Anwendungen. „Aber alles, was sich um unsere Applikationen rankt, machen wir nach wie vor selber“, so Harald Arker, CIO des Süddeutschen Verlags. Arker muss sich vor allem um die beschriebene Diversifikation kümmern. „Mit den Büchern und CDs sind wir mittlerweile auch ein Handelshaus geworden“, so der CIO. Kunden sind also nicht nur die Abonnenten, sondern auch die Käufer der diversen SZ-Produkte. All das will CRM-seitig in den kommenden Monaten abgebildet und in die seit knapp zwei Jahren genutzte Branchenlösung SAP for Media integriert sein.
Ebenfalls selbst in der Hand behält die SZ den zweiten geschäftskritischen Bereich, das effiziente, medienneutrale Publizieren und Verbreiten der Inhalte. Zuständig ist hier die Tochtergesellschaft DIZ. Der Dienstleister verbreitet über seine „MedienPort“-Plattform zum Teil auch Inhalte von Wettbewerbern.
Noch konsequenter als die Süddeutsche auf Outsourcing setzt seit dem vergangenen Jahr der Pay-TV-Sender Premiere. Bis auf eine Inhouse-Einheit von 20 Mitarbeitern, die sich um Portfolio-Management, Sicherheit und Strategie kümmert, hat der CIO seine gesamte IT in die Hände von Atos Origin gelegt. „Vieles, was wir tun, ist Standard-IT und keineswegs medienspezifisch“, so Günter Weinrauch. „Spezifisch ist vor allem die Zusammenstellung der Programme und das Kunden-Management.“ Und die Kontrolle über beides würde der Premiere-CIO natürlich niemals anderen überlassen.