Scrum, Kanban und weitere agile Methoden werden unterm Strich positiv bewertet. Doch die Begeisterung der Anfangsjahre legt sich. Zu dieser Einschätzung kommt die Hochschule Koblenz in ihrem "Abschlussbericht Status Quo Agile 2016/2017". Ayelt Komus, Professor für Organisation und Wirtschaftsinformatik an der Hochschule, hat die Studie initiiert, Partner ist die Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement. Es ist bereits die dritte Untersuchung dieser Art. Sie basiert auf Angaben von rund 1.000 Teilnehmern.
Insgesamt 20 Prozent der Befragten geben an, durchgängig nach agilen Methoden zu arbeiten. Das bewertet die Hochschule als wenig. 37 Prozent arbeiten "hybrid", kombinieren also innerhalb desselben Projektes agile mit klassischen Methoden. Weitere 31 Prozent gehen "selektiv" vor, sie arbeiten bestimmte Projekte agil ab, andere klassisch. Zwölf Prozent schließlich erklären, nur klassische Methoden anzuwenden.
Scrum vor Kanban, Lean, DevOps und Design Thinking
Innerhalb der agilen Methoden liegt Scrum vorn. Es folgen Kanban, auch "IT-Kanban" genannt, Lean, DevOps und Design Thinking. Die Forscher führen zusätzlich eine Reihe weiterer Methoden auf, darunter Extreme Programming, Feature Driven Development und Unified Process.
Meist setzen Unternehmen Agile bei der Software-Entwicklung ein (82 Prozent). 40 Prozent nutzen die Methoden auch für "IT-nahe Themen" wie etwa SAP-Projekte und 34 Prozent ebenfalls für Projekte ohne IT-Bezug. Hier zeigt sich eine Entwicklung: In der Befragung aus dem Jahr 2014 hatten erst 21 Prozent Agile auch im SAP-Umfeld eingesetzt und 27 Prozent für Nicht-IT-Themen.
Von agilen Methoden versprechen sich die Unternehmen, Produkte schneller einführen zu können (61 Prozent). 47 Prozent erwarten außerdem Qualitätssteigerungen, 42 Prozent weniger Risiken im Projekt und 40 Prozent eine bessere Moral im Team. Mit 27 Prozent erklärt mehr als jeder Vierte, er habe mit klassischen Methoden keine guten Erfahrungen gemacht.
Gründe gegen den Einsatz agiler Methoden
Auch die zwölf Prozent der Studienteilnehmer, die Agile nicht einsetzen, wurden nach ihren Motiven befragt. Sie kennen die Methoden kaum (26 Prozent) oder haben sich nicht informiert (18 Prozent). Sie fürchten zu hohen Aufwand (17 Prozent) oder zu hohe Kosten für externe Berater (dreizehn Prozent). Jeder Zehnte sagt, er sei von agilen Methoden nicht überzeugt.
Mit Rückblick auf die zwei bereits durchgeführten Studien sagen die Forscher, dass Scrum und Co heute nicht mehr so "enthusiastisch" betrachtet würden wie früher. Nach wie vor aber schätzen die Unternehmen den Nutzen agiler Methoden höher ein als den klassischer Vorgehensweisen. Auch dazu gibt es Zahlen: 67 Prozent der Befragten, dieAgile in irgendeiner Form nutzen, beziffern die Erfolgsquote der so durchgeführten Projekte auf mindestens 70 Prozent. Unter denen, die rein klassisch arbeiten, sprechen "nur" 56 Prozent von so hohen Erfolgsquoten.
Scrum Master und Projektleiter
Allerdings stellt die Hochschule Koblenz fest, dass Theorie und Praxis agiler Methoden auseinander gehen. "Bei 39 Prozent der Befragten wird der Scrum Master durch einen Projektleiter ergänzt oder der Scrum Master agiert sogar eher wie ein Projektleiter", schreiben die Forscher. Agile Teams bestehen üblicherweise aus fünf bis neun Mitarbeitern. Der Scrum-Sprint dauert meist zwei Wochen.
Von der Firmenkultur her beobachten die Forscher einen Unterschied zwischen Befürwortern und Ablehnern agiler Methoden. Mehr als sieben von zehn (72 Prozent) der Anwender erklären, Wandel sei "integraler Bestandteil" ihrer Unternehmenskultur. Unter den "Klassikern" sind es nur 50 Prozent.