Mittwochabend. Noch 20 Stunden bis zur Gala.
Koffer packen. Smoking passt noch, immerhin. Frage mich erneut, welcher Teufel mich wohl geritten hat, als ich keck eine Gegenwette ans CIO-Magazin sendete. Nun sitze ich da mit einer persönlichen Einladung vom Chefredakteur und male mir aus, wie die ganzen "CIO-Elefanten" mit einer Mischung aus Mitleid und Belustigung die Augen hochziehen werden, wenn ich von unserer 25-Personen-IT berichte. Die haben wahrscheinlich mehr Rechenzentren als wir Programmierer.
Donnerstagabend. Noch 20 Minuten bis zur Gala.
Tisch 36, vorletzte Reihe, wurde mir zugeteilt. Freue mich schon auf geflüsterte Frotzeleien mit meinen Tischnachbarn. Ein Blick auf die Teilnehmerliste zeigt mir, dass die Versicherungsbranche hier adäquat vertreten ist: Munich Re, Allianz, Talanx, Gothaer und die Funk Gruppe. Passt :-)
Donnerstagabend. Noch zwei Minuten bis zur Gala.
Tischkärtlein verschwunden! Was soll das? Die Damen vom Event-Management teilen mir mit, dass ich umsortiert worden sei: Jetzt an Tisch 6. Das ist ja in der zweiten Reihe! Oh je! Liegt das daran, dass ich ’nen Smoking trage? Sitze nun mit echten CIO-Elefanten an einem Tisch, sogar einem späteren CIO der Dekade. Der berichtet erst mal schmunzelnd, dass Stargast Roger Cicero zu Hause bei den Kindern sehr beliebt sei. Vor allem die Textzeile "Sch**ß doch drauf, wir bleiben zu Haus!" Hm. Empfinde plötzlich Anflüge von Sympathie und Dankbarkeit für die heimatliche Beschallung mit harmloseren Texten von Räuber Hotzenplotz und Pippi Langstrumpf.
Donnerstagabend. Gala läuft.
Rainer Janßen von der Munich Re postuliert in seiner Dankesrede mit Blick in die Zukunft, dass die Office-2020-Umstellung genauso viel Arbeit bei genauso wenig Business-Nutzen produzieren wird wie die Office-2010-Migration. Volltreffer. Wenn ich nur daran denke … bin plötzlich ganz froh, dass wir "nur" 800 Anwender haben. Guus Dekkers von EADS berichtet davon, wie schwer es ist, internationale, selbstständige Einheiten zu alignen, ohne durchzuregieren. Auch das kann ich nachvollziehen. Da braucht man keine IT-Einheit, um das Problem zu spüren, da genügt eine Ein-Mann-IT. Komisch, fühle mich plötzlich gar nicht mehr als Maus unter Elefanten! Irgendwie sind wir doch alle graue Tiere mit großen Ohren!
Freitagvormittag. Workshop.
Offenbar sind die anderen CIOs von manchen Hypes genauso überfüttert wie ich. Sehr angenehm, dachte schon, ich sei der Einzige. Dr. Lorenz von der Porsche AG erklärt, dass Cloud Computing ja im Prinzip schon bei der Virtualisierung starte. Prima. Da kann ich ja doch beim nächsten Buzzword Bingo punkten. Auch die anderen Wetten sind interessant und durchdacht. Hier und da vielleicht etwas sehr weit hergeholt (Keine eigenen Server mehr? Come on!), an anderer Stelle doch ganz schön defensiv (Jedweder Print-Content auch online - ist das nicht heute schon so?).
Freitagvormittag. Netzwerkzeit.
Im Smalltalk darf ich dann aufs Neue feststellen, dass die Probleme bei den Großen und Kleinen doch viel ähnlicher sind, als ich dachte. Hier ein kurzer Austausch zum Thema iPads in einer Terminal-Server-Umgebung, dort eine kurzweilige Kriegsgeschichte zum Thema "Social Hacking". Persönlicher Erfahrungsaustausch zu den Schmerzen bei einer Post-Merger-Integration (Ja! Das gibt es auch im Mittelstand) oder den internen Barrieren bei der Frage der Heimarbeitsplätze. Noch ein letztes Kreuz bei einer Wette gemacht, etwas Händeschütteln zum Abschied und dann … bis zum nächsten Mal?
Freitagnachmittag. Gate C20, Boarding in 20 Minuten.
Folgendes ist nach diesen zwei Tagen klar
-
Die Unterschiede zwischen CIO-Elefanten und CIO-Mäusen sind gering! Eher vertikal als horizontal. Wir sind nun einmal grau, nicht wegen des "Low Profiles" (auch wenn das manchmal taktisch hilft), sondern weil ganz einfach Grau herauskommt, wenn mal ein breites Spektrum an Grundfarben zusammenmischt. Und wir haben nun einmal große Ohren, und das ist gut so, denn man braucht als CIO scharfe Sinne und muss hinhören können.
-
Die Damen und Herren vom CIO-Magazin können super Events organisieren!
-
Zeit fürs Wochenende!
Freitagnachmittag. Gate C20, Boarding in zwei Minuten
Anruf auf dem Mobiltelefon. Einer der Inhaber. Will er etwa wissen, wie’s auf der CIO-Veranstaltung war? Nein. Nach einem kurzen Bekenntnis zum IT-Bebauungsplan und zur Projektpriorisierung folgt - mit der Begründung, Legacy Systems würde man ja quasi per Definition nicht ablösen können - die höfliche Bitte, noch einmal über die Ressourcenplanung nachzudenken. Ob wir nicht vielleicht doch und speziell und auch nur ausnahmsweise für den VIP- und Prestigekunden XYZ eine Sonderlösung programmieren könnten. Willkommen zurück im wirklichen Leben :-)
Alle Bilder zur CIO-Gala finden Sie unter cio.de/10jahre |