Wegen seiner aggressiven Methoden im Preiskampf mit Medienunternehmen gerät der weltgrößte Online-Händler Amazon immer heftiger in die Kritik. Der Dachverband der deutschen Buchbranche hat die Geschäftspolitik von Amazon zur Durchsetzung seiner Interessen auf dem E-Book-Markt erneut scharf verurteilt. "Ein Unternehmen wie Amazon darf keine Regeln diktieren, die wertschaffende Strukturen auf dem Buch- und Literaturmarkt zerstören", erklärte der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Alexander Skipis, am Montag in Frankfurt.
Amazons umstrittene Preispolitik zieht immer weitere Kreise. Neuerdings setzt das Unternehmen auch den Unterhaltungsriesen Disney unter Druck. Am Wochenende waren Video-Neuerscheinungen wie der zweite "Captain America"-Film, "Maleficient" und der jüngste "Muppets"-Streifen in den USA nicht auf DVD oder Blu-ray vorbestellbar. Derzeit können die Disney-Filme nur für den Amazon-Streamingdienst Instant Prime Video vorbestellt werden. Eine Reaktion von Disney lag zunächst nicht vor. Diese Methode hatte Amazon bereits bei Videofilmen von Time Warner und Büchern des Verlags Hachette eingesetzt. Amazon will so Druck in Verhandlungen über neue Vertriebsdeals aufbauen.
Während die Gespräche mit Time Warner binnen weniger Wochen abgeschlossen wurden, spitzt sich der schon seit Monaten schwelende Streit mit dem US-Verlag Hachette immer weiter zu. Am Montag meldete sich CEO Michael Pietsch in einem von verschiedenen US-Medien veröffentlichten Brief an die Leser zu Wort: "Wir rufen Amazon auf, die Sanktionen gegen unsere Autoren zu beenden." Mehr als 900 Schriftsteller hatten zuvor mit einem offenen Brief gegen die Druck-Methoden des Versandhändlers protestiert. Berühmte Autoren wie Stephen King oder John Grisham verurteilten das Vorgehen von Amazon im Streit um E-Book-Preise scharf. "Weder Leser noch Autoren profitieren davon, dass Bücher als Geiseln genommen werden", schrieben sie. Zugleich betonten die Autoren, dass sie in dem eigentlichen Streit zwischen Amazon und Hachette keine Partei ergreifen wollten. Die 909 Unterzeichner des von Bestseller-Autor Douglas Preston verfassten Protestbriefs veröffentlichten ihr Statement am Sonntag als ganzseitige Anzeige in der "New York Times" und riefen die Leser auf, Amazon-Chef Jeff Bezos per E-Mail die Meinung zu sagen.
Amazon bekräftigte als Reaktion die Forderung nach niedrigeren E-Book-Preisen und verteidigte zugleich seine Verhandlungsmethoden. Das Unternehmen verwies erneut auf frühere Berechnungen, wonach mit niedrigeren E-Book-Preisen wie 9,99 Dollar viel mehr Bücher verkauft würden als etwa bei 14,99 Dollar, so dass Schriftsteller und Verlage am Ende sogar mehr verdienen würden. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels beschwerte sich beim Bundeskartellamt über den Online-Händler. Amazon wies den Vorwurf zurück, im Zuge von Verhandlungen die Auslieferung gedruckter Bücher aus der Verlagsgruppe Bonnier (Ullstein, Piper, Carlsen) zu verzögern. (dpa/ph)