Intel beherrscht seit Jahren den Markt für Prozessoren bei x86-Servern, PCs und Notebooks. Für eine begrenzte Zeit hatte AMD in der Vergangenheit von sich reden gemacht, wenn man bei dem Wettlauf um immer schnellere Rechenleistungen und um exklusive Verträge mit den Computer-Herstellern auch mal vorne lag. Zumindest bis zur nächsten Runde im permanenten Benchmarking. Aber geholfen hat alles nicht so richtig, und der Abstand zu Intel wurde immer größer.
Verschiedene Sprecher von AMD haben in den letzten Monaten darauf hingewiesen, dass man jetzt auf eine Art ganzheitliche Strategie setzt. Diese baut neben den klassischen Prozessorvarianten vor allem auf die Orientierung an Virtualisierungstechnologie, Services und Cloud Computing. Besonders beim Thema Cloud sieht AMD gute Positionierungschancen. Chief Sales Officer Emilio Ghilardi verweist auf Umfragen, nach denen über 40 Prozent der Unternehmen überhaupt keine Cloud-Erfahrungen hätten. Zusammen mit Partnern will man in diese Lücke stoßen und für neue Lösungen und Dienstleistungen sorgen.
Wie Margaret Lewis, bei AMD zuständig für Software-Management und Cloud-Marketing, im Gespräch mit CIO.de Drilldown Virtualisierung hervorhebt, habe man schon vor einiger Zeit erkannt, dass man sich von der zu engen Perspektive auf Betriebssysteme und Hardware-naher Software lösen müsse. Nur so sei es möglich, auch bei CPU-Entwicklungen mitzumischen, die die Lauffähigkeit von Middleware und „höher“ gelagerten Programmschichten unterstützen.
Virtualisierungs- und Cloud-Infrastrukturen verlangen laut Lewis nach optimierter Hardware, die diesen Ansprüchen gerecht werden kann. Gerade Server-Aufbau und ihre CPU-Leistungen seien unerlässlich für Cloud-Modelle. Lewis unterscheidet drei Cloud-Modelle, die jeweils spezifische CPU-Anforderungen stellen:
AMD unterscheidet 3 Cloud-Modelle
-
Application Clouds: zum Beispiel Office 365, Google Apps, Salesforce.com;
-
Platform Clouds: zum Beispiel Windows Azure, Google App Engine;
-
Infrastructure Clouds: zum Beispiel Amazon Web Services, 1+1 Dynamic Cloud Server, Strato MultiServer.
Für Unternehmen, die interne Service-Modelle à la Private Cloud aufbauen wollen, arbeitet AMD mit Server-Herstellern zusammen, um gemeinsam Baureihen wie Rackmount Server (IBM), Dense Server (HP) oder Blade Server (HP) zu entwickeln. Für Hersteller und für Kunden sieht sich AMD in der Rolle des "Trusted Advisor“. Mit Optimierung der Chip-Voraussetzungen für Virtualisierung und Cloud will man beide Gruppen zufrieden stellen.
Der neue AMD-CEO Rory Read (ein früherer Chief Operation Officer/COO bei IBM) will nun dieses Know-how kapitalisieren, nachdem der Hersteller in den letzten Jahren einige Führungsturbulenzen und Börsenkatastrophen durchlaufen hat.
Ob die Strategie in Sachen Virtualisierung und Cloud mehr als nur ein neues Label an der alten Produktpalette sein wird, muss der Anbieter jetzt unter Beweis stellen. Read hat auf jeden Fall schon mal weitere neue Führungskräfte eingekauft, darunter den neuen Chief Strategy Officer Rajan Naik, der vorher bei Intel und McKinsey gearbeitet hatte, und Lisa Su, eine CPU-Spezialistin mit IBM-Vergangenheit.
Neu: auf Hardware-Ebene
Man muss in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass die Virtualisierung von Servern und anderen Gerätschaften des Rechenzentrums darauf basiert, dass auf der Ebene von Software entweder bestehende Beschränkungen aufgehoben werden. Dazu werden ganz neue Funktionalitäten "per Software“, auf einem neuen Programmierlevel, erzeugt. Per se, auf der Hardware-Ebene, waren und sind diese neuen Leistungen eigentlich gar nicht existent.
Aber ein Hardware-Hersteller und -Entwickler, wie eben auch AMD, kann hier selbst aktiv werden. Vorläufer der Server-Virtualisierung, wie sie heute bei x86-Rechnern so große Wellen schlägt, haben in früheren Zeiten beide Ebenen selbst entwickelt und zur Produktreife gebracht. Damit haben sie bewiesen, dass Virtualisierung in sehr enger Verflechtung zwischen Hardware und darauf angepasster System-Software entwickelt werden kann. Das zeigen die Beispiele von IBM bei der Virtualisierung der Mainframes und von Hewlett-Packard bei der so genannten Partitionierung von Unix-Rechnern. Auf beiden Rechner-Architekturen war es schon vor VMware möglich, auf einem Server mehrere virtuelle Maschinen einzurichten, und das bei sehr hoher Performance.
AMD gegen den Rest der Welt
Für AMD kommt es jetzt darauf an, nicht nur Lippenbekenntnisse zu Lösungen im Umfeld von Server-Virtualisierung und Cloud abzulegen, sondern die neuen Technologien auch einen Schritt voranzubringen. Zusammen mit seinen Partnern könnte sich AMD aber auch mehr auf den Status des bisher nur theoretisch angepeilten "Trusted Advisor“ spezialisieren. Gerade hier besteht Handlungsbedarf, weil viele, wenn nicht die meisten Anwender sich bisher vor allem gegenüber Cloud Computing in seinen verschiedenen Varianten sehr zurückhaltend zeigen.
Mut machen könnte AMD, dass frühere Nischenanbieter wie Nvidia und ARM in der letzten Zeit Intel Marktanteile abnehmen konnten, weil sie sich besser auf Performance & Features für das mobile Computing verstehen. Intel ist durchaus nicht unangreifbar. Das belegt schon allein die Tatsache, dass sich der Marktführer bei einigen Partnerschaften mit Server-Hersteller immer wieder am Rande der Legalität bewegte. In der Branche kursieren Gerüchte, dass man einigen Partnern sogar finanziell entgegen gekommen war, nur um sie vom Einsatz von AMD-Prozessoren abzuhalten.
AMD steht unter Druck
AMD arbeitet an CPUs, die gleich 16 Cores auf sich vereinigen. Damit ließen sich, so der Hersteller, neue Höchstleistungen bei Performance und Skalierbarkeit von Servern erreichen. Dies wiederum begünstige Rechenprozesse für Virtualisierung und Cloud.
Der Hersteller steht auf jeden Fall unter Druck. Laut IDC hat man bei Prozessoren für x86-Server nur noch einen Marktanteil von 5,5 Prozent. Strategische Entscheidungen, sich mehr mit Tablet- und Smartphone-Prozessoren zu beschäftigen und so in neue Wachstumsmärkte vorzustoßen, sind bisher nicht getroffen worden.