"Wenn Apple ein kleineres iPad-Modell vorstellt, werden die Karten auf dem boomenden Tablet-Markt neu gemischt. Wie stark - das hängt davon ab, wie tief Apple mit dem Preis runtergeht", hieß es in zahlreichen Vorberichten zur Präsentation des iPad Mini. Analyst Ming-Chi Kuo von KGI Securities errechnete in einem vorab veröffentlichten Investorenbericht etwa 195 Dollar Fertigungskosten für das iPad Mini mit 16 GB. Würde das Gerät wie vorab vermutet tatsächlich ab 249 Dollar verkauft, läge die Marge erheblich unter dem, was Apple sonst für seine Produkte einzunehmen gewohnt ist.
Es kam anders. Der Preis für das iPad Mini liegt höher als vorab vermutet - Apple wird das iPad Mini ab 329 Euro verkaufen. Gartner-Analyst Michael Gartenberg sieht es trotzdem als Konkurrent zu vergleichbar großen Tablets anderer Marken: "Apple wird anderen Anbietern kleinerer Tablets Anteile abjagen, aber hier wird es keine Abwärtsspirale beim Preis geben. Wie viele andere Apple-Produkte auch wird das iPad Mini sich für einen hohen Preis an Konsumenten verkaufen, die die Marke Apple mit ihrem Ökosystem rund um Dienstleistungen und Apps schätzen."
Apple habe gezeigt, dass es im Post-PC-Zeitalter keine Einheitsgröße gebe. Das iPad Mini fülle die Lücke zwischen dem iPod Touch und dem iPad, so Michael Gartenberg.
So schätzt es auch Nikolaus Mohr ein, Experte für Telekommunikation und Unterhaltungselektronik bei Accenture: "Der entscheidende Punkt ist: Samsung, Amazon und Google sind schon mit kleineren Geräten erfolgreich in die Lücke zwischen Smartphones und Tablets vorgestoßen. Ein Hersteller wie Apple, der stark vom Verkauf seiner Geräte lebt, kann es sich nicht leisten, ein mögliches neues Marktsegment zu ignorieren. Auch wenn man vorher nur schwer sagen kann, ob und wie die Kunden neue Geräte nutzen: Hersteller, die nur auf Bekanntes setzen, werden mittel- bis langfristig vom Markt überholt, das zeigt die Innovationsforschung."
Bei der Produktvorstellung des neuen iPad Mini betonte Michael Tchao, Vice Presicent iPad Product Marketing bei Apple, dass auch das kleinere iPad mit allen Features der größeren Modelle ausgestattet sei. Die Vorstellung suggerierte, dass es für iPad-Nutzer keinen Unterschied macht, welches der Geräte sie nutzen.
Das bezweifelt Analyst Bruce Guptill vom Beratungsunternehmen Saugatuck Technology. Seinen Blogeintrag zur Vorstellung des iPad Mini betitelt er mit "Es gibt einen Unterschied zwischen sieben und zehn Zoll." Viele Dinge, so Guptill, würden auf unterschiedlich großen Displays gut funktionieren. Doch seiner Meinung nach sollte nicht jedes Gerät als vollwertiger oder kostengünstigerer Ersatz für ein anderes Gerät gesehen werden. "Sieben Zoll werden immer kleiner als zehn Zoll sein. Das ändert die Erfahrung, die Technologien und die Wirkung", schreibt der Analyst.
IDC: Apple integriert Software und Hardware am besten
IDC-Analyst Francisco Jeronimo erwartet, dass das iPad Mini im kommenden Weihnachtsgeschäft stark nachgefragt wird. Auch wenn das iPad Mini teurer sei als Konkurrenten wie Googles Nexus 7 und der Amazon Kindle Fire, überzeugt Apple seiner Meinung nach weiter mit der besten Integration von Software und Hardware. "Als Apple das iPad auf den Markt brachte, wussten Konsumenten nicht was sie damit tun sollten, doch sie liebten es und wollten es haben. Jetzt bringt Apple auch ein Modell für diejenigen auf den Markt, die sich bisher kein iPad leisten konnten", so Jeronimo.
Doch der Preis ist zu hoch angesetzt, finden unsere Kollegen von der PC-Welt. "Apple ist zu gierig: Das rettet Android" betitelt Thomas Rau seinen Kommentar zum Thema. Ein iPad Mini für 250 Dollar - wie es vorab von vielen vermutet wurde - wäre seiner Meinung nach konkurrenzlos gewesen. Es hätte, so Rau, eine völlig neue Käuferschicht an die iOS-Geräte herangeführt und damit dafür gesorgt, dass viele Apps, Songs und Videos im App Store und iTunes gekauft werden. "Diese Profitgier von Apple ist die Chance für Android: Denn würde das iPad Mini tatsächlich nur 250 Euro kosten, hätte es außer für eingefleischte Apple-Hasser keinen Grund gegeben, nicht zuzugreifen", schreibt er weiter. So bleibe der Preisbereich unter 300 Euro fest in der Hand von Android.