Vor nicht allzu langer Zeit ging es Green-IT so, jetzt ist Cloud Computing dran: Weil der Begriff in aller Munde ist, versuchen Marketing-Leute, alle möglichen Leistungen als "Cloud" zu verkaufen, wie die Marktforscher von Ovum beobachten. Das Konzept drohe zum bloßen Schlagwort zu verkommen, hinter dem häufig nicht viel mehr als heiße Luft stecke. Der Rat der Ovum-Analysten an die CIOs lautet: Genau hinschauen und nach Angeboten suchen, die wirklich Vorteile bringen.
Um die zu erkennen, erklären Steve Hodgkinson und Georgina O'Toole von Ovum zunächst noch einmal, was sie unter Cloud Computing verstehen. Kurz gesagt sei Cloud Computing "so viel IT, wie man braucht as a Service". Haupt-Charakteristika sind neben der Bereitstellung standardisierter Produkte deren Nutzung übers Internet und die Unabhängigkeit von den Hardware-Voraussetzungen beim Anwender.
Wegen dieser Eigenschaften sei Cloud Computing für viele neu gegründete, kleine oder mittelständische Firmen reizvoll, die hofften, sich dadurch fast die gesamte IT-Abteilung sparen zu können. Die verfügbaren Angebote ließen bei vielen die Idee einer "IT-Abteilung as a Service" aufkommen. Beispielhaft nennen die Analysten Amazon Web Services, Elastic Compute Cloud und Simple Storage Service, aber auch die SaaS-Angebote von Google oder der Zugang zu Infrastruktur, wie sie von Salesforce vorgehalten werde. Die Ovum-Experten raten allerdings zur Vorsicht bei der Nutzung dieser Cloud-Lösungen.
Vor allem bei unternehmenskritischen Anwendungen sollten Firmen sich nicht allein auf die Leistungen der genannten Anbieter verlassen, die auf Privatnutzer oder bestenfalls kleine und mittelständische Unternehmen zugeschnitten seien. Hodgkinson und O'Toole verweisen auf Ausfälle bei den Diensten von Amazon und Google. Zudem seien dieselben Fragen zu klären, die auch bei Outsourcing-Vorhaben anstehen - etwa, wie man weiterhin Kontrolle über und Vertrauen in IT-Dienste haben könne, die man aus der Hand gegeben habe.
Vor allem die Risiken und Folgen möglicher Ausfälle sollte der CIO immer vor Augen haben. Bei einem gewöhnlichen Outsourcing-Vertrag könne der IT-Chef auf die mit dem Dienstleister ausgehandelten SLAs pochen, wenn die Leistungen nicht zu seiner Zufriedenheit sind. Mit den Cloud-Diensten von Google und Co. verhalte es sich hingegen wie mit dem Stromnetz: Zu Ausfällen könne es hin und wieder kommen, und dann könne der CIO auch nicht auf Vertragsklauseln beharren.
IBM, HP, Intel und Yahoo erarbeiten Cloud-Konzepte
Dieselben Probleme treffen allerdings auch die Anbieter. Sie müssten Konzepte erarbeiten, zum Beispiel wem ein Dienst bei teilweisen Ausfällen weiterhin zur Verfügung steht. Sprich: Sollen alle Kunden der Cloud-Angebote gleich behandelt werden oder nicht? Außerdem müssten sie Modelle erarbeiten, nach welchen Maßstäben die Nutzung ihrer Dienste berechnet wird.
Ovum zufolge arbeiten mehrere große Anbieter daran, Cloud Computing-Konzepte zu entwerfen, die den Belangen von Unternehmen gerecht werden. IBM stecke derzeit viel Geld in die Forschung und Entwicklung von Cloud-Diensten. HP, Intel und Yahoo hätten sich indes zusammengeschlossen, um neue Entwicklungszentren aufzubauen. Oracle und Intel indes entwickelten gemeinsam Infrastruktur für Cloud Computing.
Zunächst im kleinen Rahmen testen
Zum jetzigen Zeitpunkt raten Steve Hodgkinson und Georgina O'Toole CIOs dazu, Cloud Computing-Anwendungen zunächst im kleinen Rahmen zu testen, um Praxiserfahrung zu sammeln. Sowohl Anbieter als auch Anwender müssten sich in ihrem Denken noch auf die neuen Risiken und Chancen von Cloud Computing einstellen. Gelinge das, handle es sich um einen brauchbaren und verlässlichen Ansatz. Nicht zuletzt könne Cloud Computing in Zeiten der Wirtschaftskrise auch eine Antwort des CIOs auf den steigenden Kostendruck sein.